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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVII (1982 / Heft 184 und 185)

}{ Für den Kunstsammler 
Johannes Wieninger 
Beispiel einer ikonographischen 
vWanderungrr. 
Zu einem Majolikateller im 
Osterreichischen Museum 
für angewandte Kunst 
In der reichen Majolikasammlung des Österreichischen 
Museums für angewandte Kunst befindet sich auch ein 
Teller, Urbino um 1550 zu datieren, mit der Darstellung 
des Jakobssegens (Abb. 1.2), in dessen Bemalung man 
einen Zweig einer langen Ikonographiegeschichte er- 
kennen kann, die zu verfolgen von Interesse ist. 
Auf diesem breitrandigen Teller (lnv. Nr. KHM 70)' wird 
Isaak auf seinem baldachingekrönten Totenlager lie- 
gend und sich seinem vor ihm knienden Sohn Jakob zu- 
wendend dargestellt; etwas abseits hinter Jakob steht 
dessen Mutter und betrachtet die von ihr mit viel 
Schlaue eingeladelte Szene. Im Vordergrund rechts 
steht noch ein Tisch mit Speisen und Getränk. 
Von dieser Szene getrennt - Patastmauer, Boden und 
Tischkante grenzen dieses Feld schart ab - erkennt 
man Esau, den betrogenen Bruder, bei derJagd. Es wer- 
den also zwei zu gleicher Zelt ablaufende Szenen ne- 
beneinander dargestellt. 
AutderRückseitediesesTellers(Abb.2)tindetsich noch 
folgende Inschrift: wlL CIECHO ISAAC AD ESAI U CO- 
MANDA CACCIAR CHE I PRENDER VOL FIEFETIONE l 
TRAUSTIRO IACOB INGENIOICHINIPORGIENDO AL 
PADRE l DA LUl RICEVA LA BEINEDICIONEJI 
Erstmals begegnet uns diese lkonographie in einer hol- 
Iändlschen Handschrilt aus der Zeit um 1460 (Berlin, 
Staatsbibliothek cod. germ. 2'516, tol 12') (Abb. 3),die 
sehr wahrscheinlich dem Kölner Drucker Quentell für 
seinen niederdeutschen Bibeldruck 1 479180 als Illustra- 
tionsvorlage gedient hat (Abb. 4)2. 
In der Druckkunst war Venedig Italiens vorrangiges Tor 
zum Norden, weshalb es nicht verwundert, daß ein 
Großteil der einzig italienischsprachigen und äußerst 
reich illustrierten Malermi-Bibeln, 1490 erstmals von 
Lucantonio Giunta verlegta, eben jene Holzschnittillu- 
strationen der Quentellbibel paraphrasiert (Abb. 5). Ab- 
gesehen davon, daß die Malermi-Bibel noch zahlreiche 
Neuauflagen sogar bis ins 16. Jahrhundert hinein erleb- 
te. wurde sieauch solorl kopiert; 1493 erstmals in Vene- 
dig selbst und die Holzschnitte stammen von keinem ge- 
ringeren als Benedetto Bordone(Abb. 6). Diese umfang- 
reichen Bilderserien landen auch außerhalb Italiens 
sehr rasche Verbreitung und wurden als Vorlagebücher 
 
1. 2 Malolikateller, Urbino, um 1550. Darstellung des vJakobs- 
segensir (Vorderseite); erklärende Inschrift (Rückseite) 
Wien, Österreichisches Museum für angewandte Kunst, lnv. 
Nr. KHM 70 
3 Historienbrbel, Holland. um 1460 
Berlin, Staatsbibliothek cedgerrn. 2"516fol.12l 
 
' ewmm-l-m. ,  
Anmerkungen 1 -4 
' Wie der Großteil der Italienischen Malollken wurde auch dieser Teller 
aus den Beständen des Kunslhlslorlschen MusaumslSchallkammer 
ÜDQIROYTNVIBH. 
1 lmGesamikalalog uerwlegenaruckei : sw). 2.Aullage. Stuttgart-New 
York lese n. hat nie Quanten-Bibel die Nummern 430mm. 
Zu Handschrih und Elbaldiuck siehe: H. Keinzssn. Dla l-lelzserinlcle der 
Kölner Bibel von 1419. Straßburg. lass. 
I ew 4:417. Zur MaIarmi-Bibel siehe: Johannes Wierllnger, Die Illustratio- 
nen der MaIermisBibsln von 1490 und 1492. Ein eeiireg zur veneziani- 
sehen Inkurlebelilluellallon. Pnil. Dies. Wlen 198D (unvaröft). Dsls.: Die 
Malerml-Blbeln von 1490 bis 1492. Ferschurlgsbeilchl In: as Münster, 
1962.Hef(1lpag. 
1 Johannes wieningei. pnll. Diss. wie Anm. s, pag. 29511.: Die Illustratio- 
nen dev Malerml-Blbel als Vorlagen. 
48 
 

	        
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