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kunstfördernden Bestrebungen der Reichen im Lande selbst ein tüchtiger Handwerkerstand
zur Seite war; wer dann noch weiter geht und besonders die alten Handelsstraßen, die
über die Gebirge führenden Saumwege verfolgt und die aus dem XVI. und XVII. Jahr
hundert noch erhaltenen Bürger- und Bauernhäuser des sowohl durch die Türkenkriege
als auch durch den dreißigjährigen Krieg weniger behelligten Oberlandes besucht: dem
wird es zur völligen Gewißheit werden, daß die veredelnde künstlerische Verklärung sich
auf alle gewerblichen Erzeugnisse erstreckte.
War es vorerst die Kirche, die auch dem Gewerbe hinter den schützenden Mauern
der Klöster eifrige Pflege angedeihen ließ, so erblühte in dem XVI. und XVII. Jahr
hundert, begünstigt durch die fürstliche Hofhaltung in der Landeshauptstadt und die
Kunstliebe des Adels, eine Industrie des Luxus und wurde zum Gemeingut des
ganzen Volkes.
Wie die ersten culturbringenden Ansiedler, welche nach der Völkerwanderung und
nach der Herrschaft der Avaren die Werke des Friedens wieder zur Geltung brachten,
Baiern und Franken waren, so zeigt sich auch in dieser glücklichen Epoche im Gegensatz
zur großen Kunst, die zumeist unter italienischer Führung stand, auf unserem Gebiete
unverkennbar der mächtige Einstuß, welchen die Nürnberger und Augsburger Meister auf
das künstlerische Schaffen in den Ländern deutscher Zunge ausübten. Haben nun auch
einzelne Gebiete die Höhe nicht erklommen, auf welcher die Werke der stets vorbildlich
gebliebenen Stammesgenossen standen, so kann der Steiermärker dennoch mit Stolz auf
einige Industriezweige verweisen, die den Höhepunkt damaligen Schaffens vollkommen
erreicht haben.
So die Arbeiten aus Holz, die Thonöfen, die Bronzearbeiten und ganz besonders
die Erzeugnisse des Schmiedehandwerkes. Diese in allen Techniken durch reichliche Übung
erworbene Geschicklichkeit zeigen auch noch die Arbeiten des folgenden XVIII. Jahrhunderts.
So entfaltete auch die Periode des Rococo trotz des abnehmenden Wohlstandes eine
bedeutende Blüte. Wie ein herrliches, zur Bewunderung hinreißendes Abendroth leuchtet
noch das Schmiedehandwerk empor, als es schon allenthalben in Dingen des Geschmackes
zu dunkeln begann. Wohl ein günstiges Omen für den kommenden Morgen? Doch sehen
wir vorerst, was noch an tüchtiger alter heimischer Arbeit im Lande vorhanden ist.
Schon die älteste uns erhaltene Seidenstickerei, der berühmte Ornat der ehemaligen
Nonnenabteikirche zu Göß, ist eine heimische Arbeit; er wurde in der zweiten Hälfte des
XIII. Jahrhunderts von der Äbtissin dieses Klosters, Kunigunde, angefertigt. Das
schöne Beispiel fand glückliche Nachahmung. So wurde in dieser friedlichen Stätte, wie
in den übrigen Klöstern des Landes, die schöne Technik durch Jahrhunderte fleißig
gepflegt, und die noch erhaltenen zahlreichen Meßgewänder, Paramentstücke rc. unserer