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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 178 und 179)

9 Hans Canon, "Türkischer Basara, 1870. OlILeinwand, 
144 x 104 cm. Unbekannter Besitz 
Johann und Rainer tätig war, begleitete den Gra- 
fen Joseph Breuner von Oktober 1855 bis Mai 1856 
nach Ägypten. Ein Album mit 60 Farblithogra- 
phien, i-Reisebilder aus dem Orientrr, war das Er- 
gebnis, das durch ein lobendes Schreiben Alexan- 
der von Humboldts an den Künstler (1858) eine er- 
wähnenswerte Anerkennung fandßi. 
Die 1834 in Wien geborene, seit 1854 in Graz und 
seit 1883 in Abazzia ansässige Anna Lyriker (gest. 
nach 1908) stellte bei der will. allgemeinen deut- 
schen Kunst-Ausstellungu in Wien 1868 zwei Ölbil- 
der, "Motiv aus Kairo-r und "Tempel von Kurna 
(Theben)u, aus und im Österreichischen Kunstver- 
ein 1865 6 Kohlezeichnungen mit Motiven aus 
Konstantinopel. Sie begleitete den Grazer Diplo- 
maten und Orientalisten Graf Anton Prokesch- 
Osten und dessen Familie und später seinen Sohn 
mehrmals auf Reisen in den Orient". Im Wiener 
Künstlerhaus waren 1881 Aquarelle der Malerin 
mit orientalischen Ansichten (z.B_ "Steinbruch in 
Smyrnau, "Arabisches Dorf bei LUXON, iiConstan- 
tinopel von den Hohen von Scutari gesehenu), 
aber auch mit solchen von der Riviera ausgestellt. 
Die Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum 
in Graz besitzt eine Reihe von Aquarellen aus Tirol 
etc. und aus dem Orient ("Basar in Beirut", An- 
sicht von Smyrna), die zwischen 1896 und 1908 
entstanden sind. 
Carl Peter Goebel (1824 - 1899) war zwischen 1850 
und 1860 neben Kriehuber einer der gesuchtesten 
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(607. Kunstauktion Dorotheum Wien, 11. - 14. März 
1975, Kai. Nr. 25) 
Wiener Porträtisten. "Als Genremaler und Land- 
schafter war Goebel gleichfalls bedeutend. Durch 
mannigfache Reisen in österreichischen Ländern, 
dann in Italien, Spanien und Frankreich, ja selbst 
in Afrika - welche Reise er als Begleiter eines be- 
kannten adeligen Kunstmäcens unternahm - 
lernte Goebel Land und Menschen kennenmn. 
August Schäffer" bemerkt, Goebel habe zeitwei- 
se in England einen größeren Markt gefunden als 
in Österreich - eine Bemerkung, dieja für nahezu 
alle Wiener Maler gilt, die sich mit dem Orient be- 
schäftigt haben. Wurzbach erwähnt eine Lithogra- 
phie "Rückkehr der Pilger von Mekka-r und Boetti- 
cher ein Aquarell vTürkischer Barbierr-"i. 
Die, wenn man das so formulieren darf, publi- 
kumswirksamste Wiener Orientreise war jene des 
Kronprinzen Rudolf im Jahr 1881. Der Kronprinz 
nahm einen der damals beliebtesten Tier- und 
Jagdmaler, Franz von Pausinger (1839-1915), in 
seine Begleitung auf. Dieser hatte im Lauf der Rei- 
se, die von Alexandria ins Heilige Land führte, 
nicht nur die Fauna des Landes im Bild festzuhal- 
ten, sondern auch das Land selbst und seine Men- 
schen. Eine ihm ungewohnte Aufgabe, der er sich 
jedoch mll Anstand entledigte. 1885 erschien nEi- 
ne Orientreise vom Jahr 1881 beschrieben vom 
Kronprinzen Rudolf von Oesterreichu mit den Illu- 
strationen von Pausinger, ein Buch, das sehr gro- 
ße Verbreitung fand". 
Zu den fleißigsten reisenden Malern gehörten Lud- 
wig Hans Fischer (1848-1915) und Josef Hoff- 
mann (1831 - 1904). Beide sind Landschaftsmaler, 
die neben vielen anderen Ländern auch den 
Orient, also die Länder am südlichen und östli- 
chen Mittelmeer, besuchten. Viele ihrer Bilder 
sind eher als Illustrationen für ein Geographie- 
buch geeignet oder einen Reisebericht denn als 
Kunstwerke, die dem Beschauer etwas von der 
Stimmung und der Atmosphäre im Land vermit- 
teln könnten. Fischer und Hoffmann haben je 
zehn der großen Landschaftsbilder in den Sälen 
des Naturhistorischen Museums in Wien geschal- 
fen und damit auch ihre Neigung zum Lehrhaften 
bezeugt. Seit etwa 1877 gab Fischer Jahr für Jahr 
im Künstlerhaus Rechenschaft über seine Reisen 
- zumeist in Gestalt ganzer Aquarellserien -, 
und 1881 erschien im Verlag des Kunsthandlers 
Miethke eine Mappe mit 20 Radierungen "Aus 
dem Süden" mit Ansichten aus Ägypten, Tunis, 
Griechenland etc. 1899 waren in Wien einige gro- 
Be Ölbilder und viele Aquarelle von seiner Hand zu 
sehen, die Zeugnis von der geographischen Viel- 
seitigkeit des Malers ablegen". Womöglich noch 
weiter gereist war Josef Hoffmann, der schon 
1850 Persien besuchte und der nach vielen ande- 
ren Reisen 1892194 eine Weltreise unternahm. Bei- 
de Maler haben die künstlerische Frische und Le- 
bendigkeit jener Aquarelle und Skizzen, die Josef 
Selleny während der Weltumseglung der nNovarar- 
schuf, bei weitem nicht erreicht. 
Ich habe mich nun von den Orientmalern recht 
weit entfernt. Der Vollständigkeit halber und weil 
sie für dieses Genre ganz allgemein eine gewisse 
Bedeutung erlangt haben, müssen zwei in Wien 
geborene Maler erwähnt werden, die in Paris Kar- 
riere machten und die Hauptrepräsentanlen der 
letzten und beim Publikum besonders erfolgrei- 
chen Nachblüte der Orientmalerei wurden. Sie ha- 
ben beide mit der Wiener Malerei kaum etwas zu 
tun, obwohl sie ihre ersten Studien an der Wiener 
Akademie absolvierten". Rudolph (Rodolphe) 
Ernst (1854-1920) lebte seit 1876 in Paris und 
stellte seitdem regelmäßig in den Salons aus. 
Noch bei der Weltausstellung von 1878 war er in- 
nerhalb der österreichischen Abteilung vertreten. 
Seit 1886 malte er ausschließlich Motive aus dem 
Orient, wobei er sich unzählige Male wiederholte. 
Mit geringen Abwandlungen stellte er reichge- 
schmückte Innenräume, Fassaden und Tore dar, 
die als fotografisch treue und dominierende Sze- 
nerie für den Auftritt einzelner oder nur weniger Fi- 
guren dienen. Ähnlich und auch mit ähnlichen 
Nuanceunterschieden malte Ludwig Deutsch 
(1855- 1930), ebenfalls in Wien geboren und natu- 
ralisierter Franzose. Er stellte seit 1879 in den Sa- 
lons Orientbilder aus. Nach 1900 verlegte er sich 
auf großformatige phantasievolle Darstellungen 
mit theaterhaft bunten Beleuchtungseffekten 
(Abb. 12), die den Charakter geheimnisvoll-eindeu- 
tiger lllustrationen zu 1001 Nacht haben. 
Mit dem Franzosen Georges Antoine Rochegros- 
se gehören Ernst und Deutsch der letzten Genera- 
tion von Salon-Orientalisten an. 
Dieser Überblick, als kleine Materialsammlung ge- 
dacht, zeigt, daß Wien nur einen einzigen Orient- 
maler großen Formats hervorgebracht hat, näm- 
lich Leopold Carl Müller. Erwar der einzige, der für 
seine Malerei aus dem Orienterlebnis den Nutzen 
gezogen hat, der ihn der Erfüllung seiner künstleri- 
schen Wünsche nahegebracht hat. Die anderen 
sind an der Buntheit und dem Exotischen der Er- 
scheinung von Landschaft, Städten und Men- 
schen hängengeblieben. Sie fanden damit - und 
auch ihr Publikum - das Auslangen. Bewußt ha- 
be ich den Vergleich zu den Orientmalern Eng- 
lands und Frankreichs nicht gezogen, denn die 
Wertigkeit des Phänomens ist in diesen Ländern 
und in Österreich eine vollkommen verschiedene.
	        
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