6 Seidenlampas lanciert. Italien, 14.Jh.
7 Brokalell lanciert. Ph. Haas 8. Söhne. Wien, um 1873
undsöhneschon1810gegründet.wareinerderrenom-
miertesten Textilbetriebe der Monarchie und hatte sich
aufdie Herstellung von Bodenteppichen und Dekorstof-
fen spezialisiert. Mit Teppichen beteiligte sie sich schon
1851 an der ersten Weltausstellung." Aufsehen und
auch internationales Interesse erregte das Unterneh-
men abererst aufder Pariser Weltausstellung von 1867
mit dem lnterieur des Hollogensalons der Wiener Oper,
in dem orientalische Teppiche aus habsburgischem Be-
sitz als Vorbilder für den Bodenbelag und für die Portie-
ren dientenf" Die enge Verbindung der Firma Haas zum
Museum wird z. B. 1871. bei der Ausstellung zur Eröff-
nung des neuen Gebäudes am Stubenring. deutlich:
Drei Räume wurden mit Textilien Haas'scher Produk-
tion ausgestattet? 1 B81 enthüllte man im Museum eine
Büste Eduard Ritter von Haas' und publizierte dazu eine
programmatische "Festschriita?"
Fischbach beschreibt die bei Haas hergestellten Ko-
pien einmal als Borte (Abb. 13) und das andere Gewebe
als Möbel-und Vorhangstofl (Abb. 1 . 3). Die Verwendung
dieser Muster für Dekorationsstoffe zeigt. daß sie aus
einerzweiten Phase der Reform stammen. in der Para-
menle nicht mehr allein im Vordergrund standen." Ei-
nen Hbhepunkterreichtediese Entwicklung bei derWie-
ner Weltausstellung 1873, zu der wahrscheinlich auch
die hier vorzustellenden Stoffe gewebt wurdennFisch-
bach berichtet: "1873 überraschten auf der Wiener
Weltausstellung Ph. Haas und Söhne in Wien und Ballin
Freres in Paris durch zahlreiche Imitationen solcher
Stoffmuster, erstere in Möbelstoflen, letztere in Tape-
tenß" Lessing beschreibt den Erfolg der Wiener Firma
noch anschaulicher: wHaas hat bereits die Dekoration
eines ganzen Zimmers, Wände und Möbel, in einem
Stoffe ausgestellt, dessen Benutzung für weltliche
Zwecke noch vor wenigen Jahren als eine Profanation
kirchlichen Eigentums angesehen worden wären Er
meint außerdem: wDie Ausstellung von Philipp Haas ist
mildas Glanzendstewas. ganz abgesehen von dem be-
stimmten Zweige, jemals auf einer Ausstellung als Lei-
stung eines Privatmannes vorgekommen sein mag...
Die besten Musterdes Mittelalters und derRenaissance
sind mit vollendeter Treue nicht nur in der Zeichnung,
sondern. was noch schwieriger ist, in der Färbung.
nachgewirkt worden. Mit Ireudigem Staunen sieht man.
wie aus einem verschossenen und zerrissenen Fetzen.
dersichirgendwoinderSakristei einerKirche vorgefun-
den, in strahlender Pracht ein neues glänzendes Werk
hervorgeht. erst hier sieht man, wie reich und köstlich
die Wirkung jener Stoffe gewesen sein muß, die wirjetzt
nur in verblichenen Farben vor uns habemr" Mitgro-
Bem Enthusiasmus und in der festen Überzeugung sei-
nerZeit fürdie Richtigkeit korrigierend kopistischer Ent-
werfertätigkeit formuliert der Kunsthistoriker Lessing in
diesen Sätzen - ganz auf Sempers Linie - ein Phäno-
men. das positiv und ästhetisch belriedigend zu bewer-
ten auch heute immer noch schwer fällt.
Von den vierzehn 1876 inventarisierten Stoffabschnit-
ten gehen sechs auf italienische Seiden des 14. und
15. Jahrhunderts zurück und diese sollen hier vorge-
stellt werden." Der früheste Originalstoff der kleinen
Gruppe ist ein kleingemusterter lancierter Seidenlam-
pas. der um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Italien ent-
stand (Abb. 4)? Material, Bindung und Rapportgroße
der Kopie (Abb. 5) entsprechen dem Vorbild, die Farb-
stellung variiert." Die gegenüber dem Original sehr
exakte Musterzeichnung und die farbliche Brillanz -
Charakteristika. die auch für die anderen Gewebe hier
zutreffen - sind typische und w wie Lessing schreibt
- intendierte Merkmale der irimitationenu."
Die fünl weiteren Stolfabschnitte des 19. Jahrhunderts
unterscheiden sich webtechnisch und im Material von
ihren mittelalterlichen Modellen. Während die frühen
Gewebe seidene und manchmal mit Gold- oder Silberfa-
den lancierte bzw. broschierte Lampasse sind, handelt
es sich bei den historistischen Stollen um Brokatell.
eine lampasartige Bindungsform, die schon rein web-
technisch. aber vor allem vom Material her eine mehr
auf äußeren Effekt bedachte Wirkung zeigt. Der relief-
hafte Eindruck der Musterpartien entsteht durch Ver-
wendung eines Grundschusses aus stärkeren Fäden
minderen Materials - hier Baumwolle - die an der
Oberfläche unsichtbar bleiben. Beim Lampas bestehen
auch die Grundschüsse aus Seide. Kostbare Silber-
oderGoldfaden werden in den Kopien gar nicht verwen-
det.
Das von Fischbach als iiMöbel- und Vorhangstolfrr ange-
sprochene Gewebe (Abb. 1, Sfi kopiert einen Stoff aus
Anmerkungen 17 - 40
11
1.
u
zu
21
vgl. D. Heinz: Ovlenlallsmus und a
In: Festschrift mr P. w. Malsm. H:
Vgl. o. Hglnz. a. a. 0.. s. 220 Abb
Das m. Oslevrelchlsche Museum
SChYI" bei Gelegenhell w Welten
Eduard Ritter von Hans. Festschril
hüllung seiner Büste imkJLÖSleHl
duslrie. Wien 188i.
Fischbach gehl in einer seiner sp:
österreichische Teppichlndustrte.
tburg m75, 5.220,5. 224 Anm. u.
r; S. 224 Anm. I3.
Hd dta Kunstgewarbeschule. Fest-
Stellung in Wien, Mai 1873. S. 82.
tet Gelegenheit der feierlichen Ent-
mischen Museum für Kunst undln-
an Publikationen aut seine Rolle in
a:
diesem Zusammenhang eirr Die wichtigsten Webeornamente bis zum
19.Jahrhundert,Wiesbedert 1901 : nWas Bocknur türkirchltcheGewän-
der angestrebt. dehnte Ich alsOrrtamentls! au! die gesamte Textilkunst
und aut den Tapetendruek BUSJ (Vorwort)
trr einer Gedenkschrltt zum turrrundzwartziglährtgen Bestehen des Mu-
seums Das m. Österreichische Museum rur Kunst und Industrie. Elrl
RltckbltckautsetneGeschtchtmwlan19595.HJtelßlesdazunGleIch
rtSCh Erttttrtung des Museums wurde eine von Dr. Bock In Aachen ange-
legte Collaction älterer Gewebe und Stickereien . . . angekautt. Sie er-
wies sich alsbald sehrnutzlich. da es getangdie mittelalterlichen Flach-
muster m Modezu bringen Schon ttir die Pariser Ausstellung von 1867
waren verschiedene Muster dieser Collectron nachgeahmt (S0 von
Giani) und lür die Wiener Ausstellung von 1873 war dies von Philipp
u
an
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n
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Hass G Söhne in sehv erlolgrelcher Weise geschehen I-
F. Flschbach, a. a. 0., 1e74, Vorwort.
J.Less1nq,a,a,0,.S.15Bl
Zu den Nallanlschen Seiden vglr a. Klasse: Seidansloile m am Italieni-
schon Malers! des 14 Jahrhunderts. Bern 1967; A. Wavdwell: Tna Styrb
slm DevelopmenlolMlhand1äthCenluryltsllsnSilk Design. lntAacheß
nar Kunsthlätter, so 47, 1976 7 77, S. 1771i.
Inv. Nl. T 835. Höhe M, Breite 12 cm: gelbes Muster auf bräunlich-
VIOIGHBM Gvund. B K48SS9, i. a. O., Abb. H6.
Inv. N1. T2609; H I5. B1. 33 cm; hellgelbes Muslev auldunkeloltwarbe-
nemGrund. B. Mundl, a. a 0.,19Bl,Ahb.135.lm Museum gibt esemen
Zweiten Stoff mndemglelchen Muster - Inv. Nr.T2610 i der drei gab
nng verschiedene Farbslellungen zeigt und wohl ein Musterslück ist.