Erreichte, wir sagen ndas Altvaterischek, hinauszukommen. Erst die zweite Gene-
ration erlebt dann wieder die Ehrenrettung der fentschwundenen Zeit. So stehen wir
heute mitten in der Bewegung, welche dem Rococo allenthalben zu seinem Rechte
verhilft, bei Liebhabern wie bei Gelehrten.
Zu den bezeichnendsten und liebenswürdigsten Werken des vorigen Jahrhunderts
gehören unstreitig die französischen Buntdrucke. Meister, wie Descourtis, Debucourt u. A.,
haben die Erfindung Le Blon's, Gemälde mit ihren Farben im Kupferstiche mittelst ver-
schiedener Farbenplatten wiederzugeben, dahin fortgebildet, dass sie auf ahnliche Weise
gleichsam aquarellirte Zeichnungen mit allen ihren feinsten und zartesten Uebergängen
nachzuahmen suchten. Fast bei jedem dieser Künstler ist die Plattenbehandlung eine
andere, je nachdem Schabeisen, Rolleisen, Stachelradchen und Aetzwasser mehr oder
weniger in den Figuren oder dem Grunde hervortreten. Eine schwarze Kupferplatte
gibt die Umrisse und Formen, eine blaue, gelbe und rothe, in der genannten Reihenfolge
übereinander auf dasselbe Blatt gedruckt, fügen die Farben hinzu. Gewiss ist, dass der
Künstler auf den Kupferplatten selbst in den meisten Fallen mit dem Pinsel nachgeholfen
hat. Dennoch muss die Technik die größte Bewunderung erregen, wenn man die Eigen-
thümlichkeit des Papiers berücksichtigt, sich unter der Presse oft in ganz unglaublicher
Weise zu strecken. Man muß wohl annehmen, dass das Papier vor der Verwendung
einer Reihe von Proceduren unterworfen wurde, so dass es nicht erst während des
Druckens von Platte zu Platte seine Form veränderte.
Diese Blätter, welche in ihren frühen Zuständen heute mitunter höchst bedeutende
Preise erzielen, durch Vervielfältigung einem weiteren Kreise zugänglich zu machen, ist
ein ebenso dankbares als andererseits außerordentlich schwieriges Unternehmen. Handelt
es sich hier doch nicht nur um die mechanische Wiedergabe einer complicirten Technik,
sondern auch um eine künstlerische Nachahmung der köstlichen und zarten Färbung, in
welcher der Reiz der französischen Buntdrucke besteht. Die Nachbildung zerfallt daher
in einen rein mechanischen Theil' - durch die Duiardin'schen Heliogravuren vertreten -
über die dann als zweites Moment die Farbendrucke zu stehen kommen, welche Auge
und glückliche Hand, also künstlerische Befähigung voraussetzen. Für diesen Theil wurde
die chromolithographische Anstalt von Eudcs 6: Couty herangezogen. Die isochromatische
Heliogravure liegt heute noch sehr im Keime, auch für das vorliegende Werk ist sie
nicht zur Anwendung gekommen. Dadurch ist die nValeur- der Farben von Vorneherein
verändert worden. So ist in dem i-Menuet de la Marieeß der blaue Himmel heller
gekommen und die gelblichen Wolken sind in ihm spurlos verschwunden; die land-
schaftlichen Gründe, Blume mit ihren gelblichen Tonen sind dunkel geworden, haben
die Vertiefung in der Luftperspective verloren -- bei den reizenden Guinguettescenen
doppelt bedauerlich. In dem Stiche rLe Complimentu ist wieder der Inhalt des offenen
Schrankes links so dunkel ausgefallen, dass er auf der Glasplatte zugedeckt werden
musste u. s. w. Die beigegebenen Abdrücke blos in Sepia, von den zu Grunde liegenden
Heliogravuren genommen, lassen darüber keinen Zweifel aufkommen. Auch für die
farbige Ausführung bleibt so Manches zu wünschen übrig; sie ist sorglos, trilft selten
den richtigen Farbenton, sie ist auch karg, so dass gewöhnlich drei bis vier Platten zu
wenig genommen wurden, wodurch das Aussehen der Blätter ein recht ärmliches, von
den Originalen durchgehende verschiedenes geworden ist. Dazu kommt, dass die helio-
graphischen Platten in den Figuren grob übergangen, die fertigen Blätter stellenweise
mit dem Pinsel nachgemalt sind, die meisten grünen Tone, das lebhafte Blau und Roth
der Figuren im Vordergrunde lassen sich ohne Mühe mit Wasser entfernen. Als die
bestgelungenen Nachbildungen konnen in den vorliegenden neun Lieferungen die von
L. Ph. Debucourfs rCOmpliment-l, obwohl hier die gelbe uud rothe Farbenplatte ganz
ausgefallen sind, ferner vLe Bainl von N. F. Regnault und -La Rixe- von Descourtis
bezeichnet werden.
Berlin. P,
i!
Der Metallschmuck in der Mustersamrnlung des Bayrischen Gewerbe-
museums zu Nürnberg. Mit Einleitung und Erklärung der Abbildungen
von Dr. J. Stockbauer. Herausgegeben vom Bayrischen Gewerbe-
museum. Nürnberg, 1887. LCL-So. 38 S. u. XVI Tafeln.
Diese Schrift ist ebenso auf Goldschmiede und Juweliere wie auf das kaufende
Publicum berechnet und sehr geeignet, beiden Kreisen gute Dienste zu leisten. Sie zeigt
in großen Zügen die Entwickelung des Schmucltes bei den verschiedenen Völkern und
die aus der Technik und aus der Bestimmung sich ergebenden ästhetischen Bedingungen,
und knüpft daran eine Erläuterung der zahlreichen (mehr als hundert) Abbildungen.
Diese letzteren bilden naturgemäß den Schwerpunkt der Publication. Sie sind sehr sorg-
faltig ausgeführt, je nach der Art der Gegenstände in den verschiedenen Manieren des