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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVIII (1983 / Heft 189)

mes entsprechen. Der Hoirneisterei, das heißt der Ver- 
waltung der Stiftsherrschaft war auch die Rechtsspre- 
chungeingegliedert.Selbstdie Blutgerichtsbarkeitwur- 
de durch mehrere Jahrhunderte in Altenburg ausgeübt 
und ging erst nach einem verlorenen Prozeß endgültig 
aui das Landgericht Horn über," Demgemäß sind 
Fresken und Emblemata auf den Repräsentationsraum 
der alten stittlichen Herrschaftsverwaltung abge- 
stimmt. 
lmTonnengewölbe selbst sind zwei Fresken in reichem 
Stuck-Rollwerkrahmen angebracht. 
im Sturmllug reitet Jupiter auf seinem Adler, das Blitze- 
bündel schwingend, Kronos hinter sich lassend, Den 
Neid mit dem Schlangenhaarß und die Hoffahrt stürzt 
erindieTiefe. DemsiegreichenJupiterhuldigtMars,ge- 
stützt auf den Gorgonenschild (Abb. 8). 
im zweiten Deckeniresko wird der Triumph der Justitia 
dargestellt. Auf Wolken thront die Gerechtigkeit mit 
Schwert und Waage, unter ihr ergießen Abundantiam, 
der Überfluß, und Luxuria, der Reichtum, ihre Schätze 
auf die Erde" (Abb. 7). 
Nachdem Jupiter, Neid und Hofiahrt, den Ursprung al- 
ler Laster und Vergehen gestürzt. triumphiert die Ge- 
rechtigkeit.NurwoGerechtigkeitherrschtgibtdieErde 
ihre Frucht, gedeihen Handel und Gewerbe. 
In den Fresken an den Gewölbeleldern sind zunächst 
unterdern rächenden undsiegreichenJupiterdas göttli- 
che Geschwisterpaar Apollo und Diana dargestellt 
(Abb.2).ApoIIQderGottderSQnne,derGarantdersittli- 
chen Ordnung und des edlen Maßes. Diana, die Mond- 
göttin. Schutzherrin der Jugend und Jungfräulichkeit. 
Ihnen gegenüber, unter dem Triumph der Gerechtig- 
keit, tritt Juno, Hüterin der Ehe mit ihrem Attribut, dem 
Pfau, aus dem Walde. Neben ihr Merkur, der Gott des 
Handels und Gewerbes, der Flügelsandalen, Stab und 
Reisehutträgt (Abb. 5). So wird vom lnventor gleichsam 
ein Bogen gespannt von der Versinnbildlichung dersitt- 
lichenOrdnung(Abb. 2), die herrschen kann,wenn Neid 
oder Zwietracht und Hoffahrt gestürzt sind (Abb. 8), die 
Gerechtigkeit regiert, Wohlstand und Reichtum erblü- 
hen (Abb. 7), das heilige Recht der Ehe gewahrt bleibt 
und der Handel floriert (Abb. 5). 
In den Bogenfeldern zu selten vonJuno und Merkursind 
Cephalus und Procris (Abb. 4) sowie Apoll und Daphne 
(Abb. 6) dargestellt. Die Szenen entsprechen der litera- 
rischen Grundlage in Ovids Metamorphosen Vll. 
835-860. sowie l, 490- 555. Wenngleich die Erzäh- 
lungvonCephalusundProcrisnichtin Picinellis Mundus 
symbolicusw aufgenommen ist, dürfte sie jedoch hier 
 
gleichnishaft dafür stehen, daß unbegründete Eifer- 
sucht in der Ehe zu Tod und Leid iührt, 
Gegenüber dem über seine tote Procris trauernden Ce- 
phalus verfolgt Apoll die keusche Daphne. Die Keusch- 
heit wird durch die Flucht gerettet oder iiin fuga victo- 
riamii gibt Picinelli als Lemma an's 
Eifersucht in der Ehe und Begierde vor der Ehe führen 
zur Verderbnis; die Flucht vor dem sündhaften Verge- 
hen erklärt der Augustiner-Chorherr Picinelli als Sieg, 
Daß der Maler aber nicht nur nach Angaben des Inven- 
tors und derjenem bekannten literarischen Vorlage ge- 
arbeitet hat, sondern sich darüber hinaus auch an Kup- 
ferstlchvoriagewerken orientierte, kann gerade an die- 
sem Fresko nachgewiesen werden. Der aus Straßburg 
gebürtigeRadiererJohannWilhelrn Baurfolgtenachei- 
nerlangenZeiLdie-erin ltalienverbrachthatte, imJahre 
1637 dem Rufe Kaiser Ferdinands lll. nach Wien, wo er 
Hofmalerwurde und zwischen 1639 und 1640 sein um- 
langreiches Werk, die 151 bizarren und theatrali 
Radierungen zu den Metamorphosen des Ovid 
Das Werk erschien 1641. erfreute sich großer B 
heit und wurde mehrfach kopiertfw Wenngleir 
Szene derVerfolgung Daphnes durchApoll bei Ba 
etwas derb volkstümlichen Art der Mitte des 17 
hunderts entspricht, diente sie doch deutlich als 
gefürdie Umsetzung in ein demStreben nach höli 
Eleganz des späten 17. Jahrhunderts nachkomm 
Fresko des Stiftes Altenburg. 
AuchbeidemderDaphneszenefolgenden Bildde 
gers Orpheus(Abb. 1), dargestellt nach Ovid, Met 
phosen X. 145, kann eine kompositionelle Abhang 
von Baurs Radierung festgestellt werden, wenn 
hierdiederEntstehungszeitentsprechende stilis 
Umsetzung in den Rahmen höfischer Eleganz 
deutlicher ist als bei der Daphneszene. 
Picinelli gibt im iiMundus symbolicusii der Szer 
 
9 Ansicht des Stiftes Altenburg iiab Occidenteir au 
Altenburger Hulelbuch von 1651 
10 Alexander (Konstantin) der Große überreicht einer 
herrn (Ludwig von BadeneBaden) den Marscht 
Deckeniresko in der Galerie des Stiftes Altenburg 
11 Merkur überbringt Jupiter undJunn die Botschait vo 
der kaiserlichen Truppen, zu Nissa 16891 Deckenlri 
der Galerie des Stiftes Altenburg 
12 Jupiter emptangt den Sieger derschlacht von Nissa 
graf Ludwig von Baden. Deckentresko in der Galei 
Stiftes Altenburg 
13 Mars läßt sich von Vulkan seine Walten schrr 
Deckenfresko in gernalier Ornamentkartusche in de 
rie des Stilles Altenburg 
14 PaxweistMlnerva auldentnurnpnierenden Ludwigx 
den. Deckenlresko in gernaller Ornamentkartuschs 
Galerie des Stilles Altenburg 
Anmerkungen 14 - l9(Anm 20 - 25 s. S. 6) 
u Miiieiiung von Pater eregci scriweigncier 
" Vgl. dazu: Caesare Rlpa, Iconoiogta, Padue 151 I. lnvidta, S. 2 
Supefbla, s am, österreicriiscnes Museum rur angewandte 
Bibliothek und Kunslblattersarnmlung, lnvxNr. B l B43 (D I 1 
Darstellung irn Alterituurger Freskoweicnt etwas von der angcg 
BeSCllrelburlg ab. Dennoch halle ICh diese Deutung tur angeme 
als die Meinung, es handle sich um den Sturz der Giganten V 
OKT V, S. 308. 
" Abundantla, Ripa, 1611,a a 0 , S 1 
u Die Luxuria weicnt von dem bDl Riga angegebenen Fgrrnenki 
und nimmt ener lüge der Fortune und der Providentta dlvlfläi 
Caesaris Hipae. des heruhrrilen italienischen Hitlers sinnbii 
Gedaricken. welchen ledesmahlen eine nierzii taugiicne HlSlO 
Glelchrilsbeygelügelder damaligrzAulorurid VerlegerJon Get 
tel, in Augsburg (o. J l. Peis 2. Tal 132 152 und Tal 162 
1' Fiiippc Picineiii. Muridus symtmltcus in emblematum universiia 
1729 tiiaiieriische Erstausgabe Mailand 1653), ÖStEllElChiSCl 
Seum für angewandte Kunst. Blblicltrek und Kunstbiattersan 
lnv Nr s. l.2561D(DlllB) 
1- Picirieiii, Sie oben pag. 154
	        
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