nisch aufgebauten Körper her entwickelte Wiedergabe
der menschlichen Gestalt, sind - was bis in diejüngste
Zeit hinein übersehen worden ist und worauf mit Recht
Manfred Wundram aufmerksam gemacht hat - ebe-
reits im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts auf breiter
Grundlage vorbereitet wordentt." Und in bezug auf
einen anderen Kristallisationspunkt fürdie Entwicklung
derSkulpturhatWundramfestgestellt,daßdasAusgrei-
fen dreidimensional modellierten Volumens in den
Raum nbei gleichzeitiger Öffnung eben dieses Volu-
mens für den Raum ein konstitutives Phänomen aller in
den siebziger Jahren des 14. Jahrhunderts entstande-
nen Skulpturen der Prager Parlerhütte istti?"
Viele Erforscher der wSchönen Madonnentt haben der
Verwendung einzelner Kompositionselemente allzu
große Wichtigkeit beigemessen (die absurdeste aller
der daraus entstandenen Ideen Ist die des itSchnellzug-
meistersrt von Karl Heinz Clasenx). Dagegen haben sie
der Frage nach der originalen Aufstellung dieser Skulp-
turen merkwürdig wenig lnteresse entgegengebracht,
was sich zum Beispiel in der Unsicherheit spiegelt, mit
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der man Nachrichten über Aufstellungen der Alten-
markter Madonna interpretiert?"
Denn die vcllrunde Bearbeitung der r-Schönen Madon-
nentt und die oben angeführten Hinweise auf ihre auffäl-
lig isolierte Aufstellung" bedingen zum zweiten die
einstweilen noch nichtweiterzu behandelnde Frage, ob
alle diese Statuen überhaupt ursprünglich für einen
Altanlerband bestimmt waren? Zum dritten schließlich
implizieren sie die Möglichkeit der Umschreitbarkeit
dieser Skulpturen, gewiB nicht zu dem primären Zweck
eines ästhetischen Genusses, vielleicht jedoch aus
liturgischen Gründen. Naturgemäß sind solche Begrün-
dungen nicht in den twstatischemr Bereichen der Liturgie
der katholischen Kirche zu suchen wie vielmehr in ihren
vdynamischena, das heißt in Prozessionen etwa, im
vUmgängenr-t, nicht zuletzt in jenen Tendenzen, die für
die Entstehung des europäischen Theaters von so ent-
scheidender Bedeutung gewesen sind.
Schon bei einerersten Beschäftigung mit den reichlich
vorhandenen Quellen für das Gebiet des Erzbistums
Salzburg - deren eingehende liturgiewissenschattli-
26- 29 Salzburg, Franziskanerklrche. itSchüne Madonnaw,
um 1410. Steinguß, mit Resten alter Fassung, Höhe 109 cm
Anmerkungen 27 - 37 (Anm. 38 - 48 s. S 23)
1' MarifredWundrarn, Die Bedeutung iur Korper und Raum tiirdie Parier-
Skulpturin Prag undGrnund, in: FerdiriandSeibt undwinlried Eberhard
ed, Europa 1400, Die Krisedesspatrriittelalters, Stuttgart 19645295
bis 302, hier S. 300.
1' Wundram wie Anm. 27. nier S 296
1' Karl Heinz Clasen, Der Meister der Schonen Madorinen. Berlin 1974.
I" Dazu meine in Anm 72 genannte Arbeit
1' Müllerwie Anm. 25.
ß Die Lit. zurGescriicnre des Frorlleichnamsfestes bei Otld Nußbaum.
Die Aufbewahrung der Eucharlstie r: Theopharteta, Beiträge zur
Religlcrls- und Kirchengeschichte Band 29), Bonh 1979, hier S, 149
bis 174
1' Peler Browe, Die Verehrung der Eucrlarlstie im Mittelalter ('Muricheri
i933),'Romt967,hierS,141-154.
M Mon. Ger. Script. tx, s. B38,
1' ZurAIten-Burger-Bruderschaft vgl. einstweilen Salzburger Urkunden-
bUCh l. Nr, 404. bzw, Nachtrag in lv. Nr, 404
1- DleStadtptarra Sslzburgwar im Spälmlttelaiteldem Dcmkapltel inkor-
pariert; der jeweilige Domherr, der die Pfründe der Stadlptzrre verlie-
rian erhietl, bestellte zur Ausübung der Funktionen daiur einen wNach-
prarrer. (iwlßepläbiftusl) Vgl Christian GrelnZ. DIE f. e. Kurie und das
Stadtdekarlat Salzburg. Salzburg 1929, s. 173 e 174
" Damit sind die beiden gleichnamigen Filialkircneri im stadlleil jenseits
der Salzach gemeint.