Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
Wien
Graphische Sammlung Aibertina - Anton Koiig -
Zeichnungen
Über 250 Handzeichnungen - Bleistift und Kohle - aus den
Jahren 1904 bis 1 949waren in dieser einmaligen, umfassenden
Schau von dem wohl bekanntesten Maler der Ndtscher Schule
hier zu sehen. Als Rarität ist die erste Aktdarstellung nach dem
Modell aus dem Jahr 1904 anzusehen. Man schätzt heute, daß
Kolig zwischen 2500 und 3000 Zeichnungen schuf, Viele davon
wurden durch die Kriegsereignisse leider vernichtet. Die hier
gezeigten Blätter wurden von den verschiedensten Leihgebern
zur Verfügung gestellt; besonders viele sind Privatbesitz. Die
Auswahl zeigte fast ausschließlich freie, d. h. nicht als Studien
für ein Gemälde angefertigte Zeichnungen, Diejungen Männer
haben eine gelöste. natürliche Haltung Mit ganz wenigen Aus-
nahmen sind es nämlich nur männliche Korper die hier in den
verschiedensten Haltungen. aus den verschiedensten Per-
spektiven wiedergegeben werden. Bei den Biättern um 1919
können wir eine gewisse Ähnlichkeit mit den Arbeiten des
gleichaltrigen Oskar Kokoschka feststellen. Das geht bis zum
Einsatz eines energischen, kurzen Striches und der expressi-
ven Haltung. Spater wird die Körperlichkeit als solche mit
unglaublicher Sicherheit erfaßt und in einer klassischen Ein-
fachheitwiedergegeben. Es isterstaunlich,mitwiewenig Nuan-
cen in der Festigkeit des Striches hierTiefe und Raum. Piastizi-
tat geschaffen werden. Von einem sicheren Gerüst ausgehend
wird Leibiichkeit gegenwärtig. Wir finden diese Beherrschung
der Verbindung von Grundkonzeption zur natürlichen Kreation
in einigen Schülern Boeckis wieder, so bei Joannis Avramidis,
Alfred Kargerund FlobertSchmitt. Ein Katalogbuch, erschienen
bei Ritter in Klagenfurt, das alle ausgestellten Zeichnungen in
einer hervorragenden Wiedergabe bringt, mit Fotos vom Künst-
ler aus verschiedenen Lebensstufen und einer Einleitung von
Peter Weiermair. der auch für die Zusammenstellung verant-
wortlich zeichnet, kann als dauernde Dokumentation betrach-
tet werden. (13. 9.- 14 10. 1984)
Georg Pevetz (1839- 1971)
im Säulensaal wurden B4 Zeichnungen, Aquarelle und Druck-
graphiken aus den verschiedensten Schaffensperioden des
1893 in Pettau (damals Südsteiermark) geborenen Künstlers
gezeigt. Die Aktzeichnungen. Pinsel- und Tuschearbeiten, in
den frühen 20er Jahren entstanden. gehören wohl zu den
besten Arbeiten dieses Malers. Auch einige Federzeichnungen
aus den 40er Jahren zeigen Pevetz' großes Einfühlungsvermö-
gen und seine Umsetzungskraft. Weit weniger überzeugend
wirken aberalle Aquarelle. Es handeltsich dabei meist um Land-
schaften, die stumpf, ja unlebendig wiedergegeben sind. Die
Farben machen einen verwaschenen, wenig eigenständigen
Eindruck. Anders die kraftvollen Holzschnitte. Hier wird gute
expressionistische Tradition weitergegeben. (23. 10. - 18. 11.
1984) - (1, Bretonischer Fischer in Le Croisic, Holzschnitt)
Museum des 20. Jahrhunderts - Sandro Chia
Es wurden an die 60 meistgroßformatige Bilder gezeigt. die der
1946 in Florenz geborene Maler alle in den letzten Jahren
gemalt hat. Schon aus dieser Fülle ist ersichtlich, daß wir es hier
mit einem von seiner Aufgabe Besessenen zu lun haben. Sicher
kann man Chias kunstierisches Herkommen auch an seinen
Werken deutlich ablesen. Sehr stark. besonders in den knitfri-
gen Formen der Gewänder, aber auch der Umwelt seiner Figu-
ren werden wir an Boccioni erinnert. Das Raumempfinden Cha-
gaiis spielt eine große Rolle. und bei manchen Hintergründen.
großen Flächen. finden wir die Gerinne- und Tropfenfolgen der
Tachisten. Dasalles ist aber mit der größten Selbstverständlich-
keit einem aus der Renaissance übernommenen literarischen
Bildinhalteinverleibt.mitzeitbezüglichen Objekten gekreuzt,so
daß es ein geschlossenes Ganzes ergibt. Der Mensch stehtwie-
der im Mittelpunkt des Geschehens, Dabei wird uns immer wie-
der bewußt, daB der Maler auch Humor hat: etwas, das heute
schon selten ist. DaB es sich um ein Geschehen, also um einen
Ablauf bei diesen Bildern handelt, wird uns auch aus den futuri-
stischen Formeneiementen sehr deutlich. Ein Bild wie wVier
FIQUTETW, 1983, das starke Beziehungen zu Cezanne hat, fällt da
ganz aus Chias ubrigem Qauvre. Ein sehr schöner Katalog mit
vielen farbigen Abbildungen informiert den Besucher über die
Entwicklung des Künstlers und belegt eine Publikationsfolge.
wie sie nur wenige in diesem Alter aufweisen können. (24. 11.
1984 -6. 1. 1985) - (2, iiSandro Chia, Pittore, Scuitoreii, Öif
Leinwand)
Wiener Künstlerhaus - Werner Berg
Eine sehr verdienstvolle Ausstellung! Sie zeigte in einmaliger
Dichte das umfangreiche Werk des 1904 in Elberfeld (Wupper-
tal) geborenen und während seiner fruchtbarsten Jahre in Süd
kärnten lebenden Malers. Besonders das malerische Werk ist
ja von diesem Künstler, der hauptsächlich mit seinen Holz-
achnitten bekannt wurde. viel zu wenig beachtet. Einige noch
dem Jugendstil verhaftete Bilder wiesen auf Bergs Herkom-
men. Seine Begegnung mit Noide wird bald darauf ersichtlich.
Doch schon früh fand der Maler zu einem eigenen sehr fiachi-
gen expressionistischen Stil. Die Motive sind ebenso einfach
wie seine Malweise. Berg malt die Menschen und Dinge seiner
nächsten Umgebung. Ausschnitthaft werden Szenen im Gast-
60
haus festgehalten. Die harten. von schwerer Arbeit geformten
Gesichter der Nachbarn seines von ihm bewirtschafteten Bau-
ernhofes, meist slowenische Kärntner, stehen groß vor uns. Die
zu Grundformen reduzierten Gestalten drücken ein in Kargheit
und Not verwurzeites Leben aus, Auch die Erfassung der Land-
schaft, meist handelt es sich um ddrfiiche Ansichten, ist aus-
schnitthaft. Motive wie nGespaltener Eberschädel-r. irSchiach-
tenii u. ä, erinnern an die expressionistische Dichtung Georg
Trakls. Es ist eine Geisteshaltung, ein Lebensgefühl, das - weil
verwandt - wohl zu den besten Porträts der Kärntner Lyrikerin
Christine Lavant führte. Natürlich durften bei dieser Dokumen-
tation auch die klaren Holzschnitte nicht fehlen. Holzschnitte,
die von vielen anderen Graphikern nachempfunden, aber doch
nie inihrerschiichtenAussage in dieserDichte erreichtwurden.
Bereits die Skizzenbiätter. Bfeistiftzeichnungen, in denen Berg
eine Situation für eine spätere Ausarbeitung festhält. beweisen
die Ausdruckskraft und den Blick für das Wesentliche, Ein 280
Seiten umfassender Katalog mit vielen farbigen und schwarz-
weißen Abbildungen. mit Fotos vom Maler und seiner Familie
sowie der Landschaft, in der er lebte. mit einem Text. der auch
Briefstelien an undvon Berg bringt. läßt uns nicht nur den Künst-
ler. sondern auch den Menschen Berg ein wenig näher kennen-
lernen. (21. 9. A 21. 10. 1984) - (3. Winternachl, 1934, Holz-
schnüü
Ernst Barlach (1870-1938)
Infolge des Kulturabkommens mit der Deutschen Demokrati-
schen Republik konnte unser Bundesministerium für Wissen-
schaft und Forschung diese umfangreiche Übersicht von Wer-
ken Ernst Barlaohs, die sonst nur in der DDR zu sehen ist,
erstmals im Westen präsentieren. Alles in allem waren es über
260 Exponate. Natürlich bildeten die Holzskulpturen und die
Bronzen einen Mittelpunkt. Es waren sowohl die geschlosse-
nen. sehr statischen. alsauch diesehrbewegten Figuren vertre-
ten. Allen ist eine außerordentlich starke Ausdruckskraft eigen.
Danstiilemgequalten Menschenwirdhierein Denkmalgesetzt.
Ein DenkmaLdas in einerZeit, in der nurdas Heroische. nurdas
HeIdisch-Schone Trumpf war, natürlich nicht nur nicht verstan-
den. sondern auch verurteilt wurde. Sehrzahireich waren auch
die Graphiken; z.T. wurden sie auch in dem Aussteilungsraum
der BAWAG gezeigt. Hier konnte man ganz frühe. noch deutlich
dem Jugendstil verbundene Zeichnungen finden, Wie über-
hauptan Hand derGraphiken die Entwicklung des Meisters sehr
deutlich abzulesen war. Von der Doppeibegabung Barlachs
zeugten Erstdrucke seiner Theaterstücke. Programmzettei,
Szenenfotos und zeitgenössische Zeitungsausschnitte von
Berichten über die Aufführungen. Auch die Verfolgung und
Behinderung durch die Nationalsozialisten wird durchgehend
dokumentiert. Sehr gute große Fotos zeigen den Künstler in sei-
nem Lebensraum in den verschiedensten Abschnitten seines
sehr schweren Lebens. Ein großformatiger Katalog, 135 Seiten.
informiert und gleicht einem Kunstbuch. das auch unabhängig
von der Ausstellung seine Berechtigung hat. Besonders schon
sind darin die Tagebuchstelien des Künstlers. (12. 10. 1984 bis
s, 1. was)
Ulrike Zehetbauer
im Belgischen Saal waren sehr verschiedene Arbeiten der
Schmuckkünstlerin zu sehen. in den Vitrinen die kostbaren
Objekte, an den Wänden hingen Aquarelle und Emailbilder. Der
schöne Katalog bringt, sehr zu recht, hauptsächlich Wiederga-
ben des Schmucks. Dieser ist freilich nicht frei von Jugendstil-
eiementen, sowohl floraier, als auch geometrischer Art. doch
hier gelingt es der Künstlerin, in etlichen Stücken schlichte und
dadurch besonders überzeugende Arbeiten zu erzielen. Die
meisten der gezeigten Anhänger. Ringe und Broschen. sind
überladen. in den Formen unmotiviert, aufdringlich. irKonse-
quenterweise hat Ulrike Zehetbauer inzwischen den Schritt
zum souveränen Emaitbild vollzogenm So schreibt Frau
Dr. Stöver (Bundesrepublik Deutschland) irn Vorwort des Kata-
iogs. Ach. hätte sie diese Konsequenz doch nicht! Weder ihre
Emailbilder noch ihre Aquarelle gereichen ihr. noch weniger
dem Künstlerhaus. zur Ehre, Da gibt es nichts als geschmackig
sein wollende Zufälligkeiten. Laut Katalog sind von diesen letz-
teren Arbeiten fast noch alle im Besitz der Frau Zehetbauer.
Erstaunlich! (16. 10.-11. 11. 1984)
Wiener Secession - nungeduidiges papierii
Es war die zweite Vorstellung der Grazer Künstiergruppe 77.
Diese Künstlerwaren unterder Führung ihres Seniors Gottfried
Fabian und der erfahrenen Vevea Ovlette 1977 aus der Grazer
Sezession ausgetreten und hatten sich zu einer neuen Gruppe
vereinigt. insgesamt sind es 25 Mitglieder; in Wien stellten
davon diesesmal 17 unter dem obigen Titel aus. Von dem leider
schon verstorbenen Fabian wurden Blätter. die seine charakte-
ristische Handschrift bezeugten. aus dem Nachlaß gezeigt. die
bis jetzt noch nie veröffentlicht wurden. Die Ovlette hatte sehr
lockere. treffende Pinseizelchnungen, die noch deutlich figü-
rale Bezüge haben. Ahniiches. wann auch weniger erkennbar.
kann von Fruhmanns Blättern gesagt werden. LoJen setzt
Akkorde, Hirschbäcks Farbaktionen sind in den Linien und in
den Tönungen geradezu poetisch. Er ist einer der besten seiner
Generation. Nager hat kleine. zugezeichnete Biatter, Giegerls
Gegenständlichkeit ist fragmentarisch, wie Erinnerungsfetzen.
Den Arbeiten von Maitz haftet eine gewisse Schwere an, zum
Unterschied von jenen Blättern, die Edith Temmel zeig
in ihrer Farbauswahl und-behandiung hat sie Leichtesi
hes. Rahs und Baur arrangieren hauptsächlich und ve
den Betrachter zu aktivieren. Lackner bietet, laut Wern
der das Vorwort des guten Kataloges geschrieben hz
iranti-design-ansatzu. Am intensivsten geht Doris Jauk-l
Klaus RelsingeraufdenTitelein.DieFrauarbeitetmitm
Papieriagen übereinander und macht dem Betrachter c
Eigenständigkeit des jeweils anders bearbeiteten lv
bewußt. Reisinger belebtdieses hingegen, indem er ihr
zungen, Verknitterungen zuiügt. Ungeduldig oder g
ist letztlich eine Bezeichnung, die vom Blickwinkel 2
(16.10.-11.11.1984)-(4,R Hirschbäck, Figuratior
Papier)
Neue Galerie Wien 4 Fritz Riedi
Es waren große und kleinere Biidteppiche, die Riedi in
von 1954 - 1984 gewoben hatte. zu sehen Die Farber
Vergleichzu seinen Frühwerken satter, abgeklarter. Ffic
tet bekannterweise wie ein Maler mit der Farbe direk
Wolle. Als Vorlage benützt er nur eine kleine Skizze. Wa
an Nuancenreichtum erzielt. ist bewundernswert. O
große Konzept jedes einzelnen Gobeiins nur einen Aui
zu vernachlässigen. werden auf kleinen Flächen eine
von verschiedenfarbigen Fäden mitgewoben. die da
ungemein beleben. Erst das gemeinsame Bild. der Zus
klang aller Farben und ihrer Abstufungen ergeben die
nie. Riedi,dermitdieserArtderTeppichwebereinach dt
Österreich wieder einen anerkannten Platz in der inter
len Gobelinmanufaktur eroberte. legte hier Zeugnis vo
Meisterschaft ab. (30. 10. - 26. 1 1. 19B4)- (5, Kleine K
tion lll. 1984. Bildteppich. 110x110 cm)
Galerie auf der Stubenbastei - Erhard Stoebe
Es waren hauptsächlich große Leinwände oder Moii
Keilrahmen. ohne nähere Begrenzung, die ungrundieri
Acrylfarbe bemalt an den Wänden hingen. Das The
diese Schau beherrschte,war der Wettstreit Marsyas rr
und seine Folgen, und die lose hängende Stoffbahn so
jeweilsdie abgezogene Haut des geschundenen Marsy
ziieren. Schließlich wird der Mensch zum Kopffüßier,
Berufskünstier aufspielt. Die verlorene Einheit, die Wi
barkeit. die Beziehungsiosigkeit bis zur Losgetrennthe
ner Körperteile, auf all das wird hier angespielt. Die Far
unterkühlt, auch sie sprechen von Fremdheit. Stöbe ha
ser Präsentation Stellung bezogen. (4. - 27. 10. 1
(6, Marsayas)
Galerie Yppen - Robert Weber
NeueArbeiten in Mischtechnik und Acryl. recht sauberi
tet, wurden zu sehr niederen Preisen angeboten, Wie r
überhaupt. so man rechtzeitig kommt und gut aussuc
stige Stücke enrverben kann. Diesmal waren es 22 E)
davon 9Acrylbiider auf Leinwand. Alles sehr dynamisc
ren auf strukturreichen Hintergründen, die, etwa bei de
dezeichnungen, in einer Kratztechnik durchgeführt ist
zur Lebendigkeit beiträgt. (9. 10. - 3. 11. 1984)
Galerie Ariadne - Gunter Damisch
Derjunge. in den letzten Jahren zu Recht sehr bekann
dene Oberdsterreicher, bot 40 neue Arbeiten. davoi
erstmals drei auch in seinen kraftvollen Farben bemalt
ken aus Holz ausgestellt. Damischs figurenreiche V
einerexpiosiven VielfaltanErscheinungsformen,sprici
sofort an. will aber doch in immer neuer Betrachtung
einem fremden Kontinent erschlossen werden. Der sr
Entdeckungsreisende wird dabei oft hinter Lianengesti
im Urwatddunkei immer neuen geheimnisvollen Dinger
nen. (16. 10.-10. 11. 1984) - (7, Verträumt - Sze
Augfeid)
Galerie am Graben - Die Schule um Schmeis
Von Werner Schmeiser (1940), der in Graz Leiter für gi
des Metallhandwerk ist. und seinen Schülern wurd
exquisite Schmuckstücke gezeigt. Dabei haben die
jeweilseinObjektnacheinemEntwurfdesLehrersgem.
ausgestellt und daneben Arbeiten nach eigenen Ideen
Oft sind die Schüierarbeiten weil eher tragbar als j
Schmeiser. die sehr häufig reine Schauobjekte mit sta
rarischer Aussage sind. Wenn ich das Motto irSchmucl
Sprachen erst verbaiisieren muB. scheint die Sprar
gestalteten Materials nichtausreichend akzentuiert zu
ist auch fraglich. ob auf dem Gebiet des Schmucks Ki
tungen wie Pop-Art und Konzept-Art überhaupt ihre E
gung haben. interessant, daB die jüngeren Künstler w
einer ästhetischeren Komponente des Schmucks - u
gig vorn Material 7 zurückfinden. (1.-27. 10. 1984)
Alc
Salzburg
SalzburglKunsthof Weihergut - Lena Bosch
Die 1945 geborene Künstlerin tritt hier erstmals in Ö:
mit einer Einzeiaussleilung an die Öffentlichkeit. Seit 15
sie sich. angeregt vor allem durch W. L Brendei in Sai.
zunehmendem Maße mit Weisen abstrakter Gestattung