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Traumwelt - viele von ihnen lächeln nun schon seit
einem halben Jahrhundert e- und erfolgreich - uns an.
Bei ihrer Betrachtung heute ist es, als ob sich ein Tor zu
jenerZeitöffnet. Man sieht Equipagen an Zauberschlös-
sern vorbeisausen, man sieht marschierendes Militär.
auch präsentierende Wachposten und lustwandelnde
Liebespärchen. Gelegentlich hat man zu den mit Papier
in Mehrfarbendruck kaschierten Liliputschatullen,
Kommödchen. altmodischen Reisekoffern, Hutschach-
teln und Bonbonnieren auch die linearen Varianten des-
selben Dekors in Einfarbendruck verfertigt. die man
dann als einfaches Einwickel- bzw. Packpapier verwen-
den konnte. Zu diesen jederzeit brauchbaren und
gebräuchlichen Verpackungssortimenten entwarf Katö
Kaesz-Lukats zusätzlich auch festliche Extrapapiere zu
Feiertagen, Etwa für den Gebrauch in derWeihnachts-
zeit, für die Ostertage oder den hl. Nikolo. Hiebei paßte
sie sich selbstredend in bezug auf Farben dem jeweili-
gen Charakter des festlichen Anlasses symbolisierend
an. So schienen ihrz. B. fürdieWeihnachtszeitGrün mit
Silber kombiniert oder Gold treffend zu sein. Am Nikolo-
tag sollte Kardinalrot oder im Lenz mochten Pastellfar-
ben wie Hellrosa, Pastellblau oder -grüh passend sein.
Mit einem heutigen Terminus wäre die Künstlerin. ein-
fühlsam und praxisbezogen, sinngerecht als eine Mei-
sterin des Packaging-Design zu bezeichnen.
Wie sehr der Firmeninhaber die Arbeit der Künstlerin
schätzte. geht daraus hervor, daß er - als er nach dem
Anschluß Österreichs an Deutschland, 1938, aus Wien
fliehenrnußte-aus New Ycrkschrieb: u. ..verlcralles.
mein alleiniges Kapital, das ich mitnehmen konnte, bil-
den Ihre Packpapiere und Bonbonschachtelnti -womit
er persönlich den Wert unterstreicht und ausdrückt wie
diesewinzigemdemScrieine nach nutzlosen Utensilien
dem Geschenk Anmut verleihen. Sie ziehen an durch
4 Confiserie Altrnann 8. Kühne. Wien, Graben, Kato Kaesz-
Lukatsexquisite Konfektschatullenmitderntypischenfigura-
len Streudekor
5 Confiserie Altrnann 81 Kühne. Wien. Graben, Katö Kaesz-
Luka'tsAuswahldesvariantenreichenSortimentsan Konfekt-
schatullen in den traditionellen Ausformungen und dem typi-
schen Streudekor
S Confiserie Altrnann S. Kühne. Wien. Graben, lnnenraumge-
staltungvonGyuta Kaesz-halbkreisfürmigsrVerkaufstisch
mitVitrinenetnbau und Wandvitrirre sowie Blick aufdie übrige
Innenausstattung mit Wandsofa und Tischen sowie Markise
mit Landschaften und Eisenstühlen
7 OonfiserieAltmann8tKühne,Wien.GraDemeinpaarderKon-
ditoretstuhle aus Eisen und Blech von Gyula Kaesz
Anmerkungen 5 - 6
l Unteranderarr 1936 und 193a lr1 der Gebrauclvsgraphlk, 193a inArIand
Indusfry, In den Jahrgängen 1932. 1934, 1935. 193a und 1939 der Zeit-
schritt Modern Puüilrlly, des weiteren in den Jahrgängen 1932, 193a,
1934, 1935 vom CdmmerciaiArI and lnduslry.
- Ausstellung der Werke der Frau Katü Kaesz-Lukats im Museum für
Kunstgewerbe, Budapest 1979 Geleitwort das Katalogs aus der Feder
von Ferenc smart und Eva Banszky.
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ihre fröhlich-bunte Frische und Sonnigkeit, die den
grauen Alltag durchbricht und - man darf es getrost
behaupten-verbreiten künstlerischeWerte. diejeder-
mann leicht erreichen können. Daß aber eine solche
Bonbonniere viele Jahrzehnte lang, genau ein halbes
Jahrhundert, beliebt und kaufanreizend bleiben konnte,
verbürgt auch die Güte der enthaltenen Ware, was
deren Umlauf und Gängigkeit, wie ihre Wertschätzung.
auch im internationalen Bereich. zu steigern vermag.
Nach dem 2. Weltkrieg hörte Frau Katö Kaesz-Lukats
auf, grafischeArbeiten fürden Handel anzufertigen. Sie
wollte und mußte ihre schöpferische Tätigkeit neu
akzentuieren, in allem neu von vorne anfangen. Sie ver-
legte sich ab da vorwiegend auf die Illustration von Mär-
chenbüchern,von Lehrbüchern undauf Entwürfe für Di-
plome, Auszeichnungen etc. Sie vermochte auch in die-
sen Bereichen Leistungen von hohem Niveau zu brin-
gen. den wertvollsten Teil ihres Lebenswerkes bilden
dennoch die angewandten grafischen Arbeiten aus den
dreißigerJahren. darunterdieSignlfikantenfürAltmann
St Kühne.
Heute sind diese in den zwanziger und dreißiger Jahren
entstandenen Arbeiten und Entwürfe von Frau Kaesz-
Luka'ts in Ungarn nicht mehr im Blickfeld, um nicht zu
sagen. fast vergessen. Sie gehören vor allem für Gene-
rationsgleiche und Kenner nunmehr zu jenen Leistun-
gen, welche man aufs neue zu entdecken hätte. Aus die-
semGrundeschauenwirmitbesondererGenugtuung in
die Auslagen der Confiserie Altrnann ä Kühne, deren
Rechtsnachfolger nach wie vor den Stil mit den Schöp-
fungen der Künstlerin hochgehalten hat. Damit hat sich
in Wien ein aus der Blütezeitder ungarischen Merkantil-
grafik stammender Kunstwert am Leben gehalten und
damit deren Ruf und Glanz bis zur Gegenwartverbreitet
und wachgehalten.
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