Immer mehr Publikationen beinhalten Berichte
über Robert und Sonia Dalaunay. Unter dem Ti-
tel „Vom Kubismus zur Abstrakten Kunst" er-
scheinen die Cahiers lnedits von Pierre Francastel,
1957. Das Städtische Kunsthaus Bielefeld ver-
anstaltet 1958 eine große S-D-Ausstellung. Sie
erhält den Orden „Chevalier des Arts et des
Lettres" und veröffentlicht in einer Spezialnum-
mer von Polieri: Die tanzende Farbe - fünfzig
Jahre Forschung. 1959 organisiert das Museum
von Lyon eine große Ausstellung von R. und
S. Delaunay.
1964 schenkt Sonia dem französischen Staat (dem
Musee National d'Art Moderne) von ihrem Mann
uncl sich 117 Werke. lhr erstes Buch mit elf Pa-
chairs aus den Serien Rythmes-Couleurs erscheint
1965 mit Gedichten von Damase. Ihre Stoffe
feiern ihr Comeback in der großen Retrospektive
„Les Annees 25" im Musee des Arts Decoratifs.
Im darouffolgenden Jahr kreiert sie wieder ein
Mosaik, diesmal für das Freiluttmuseum Pagani
bei Mailand, Die Manufaclure des Gobelins
webt zwei große Teppiche von S, D. Einer davon,
2,80 mal 4,10 Meter in grauen und schwarzen
Rautenmustern in reiner Wolle, ist für das Mobi-
lier National bestimmt. Nach dreißigiöhriger
Ruhepause gestaltet sie wieder handgemachte
Teppiche in der Alpuiarra-Technik. Im gleichen
Jahr 1967 organisiert das Musee National d'Art
Moderne eine große Retrospektive der Werke
Sonia Delounays mit 200 Exemplaren. Dasselbe
Museum veranstaltet von der Stadt Paris aus
1972 eine Retrospektive ihrer Teppiche. lm Jahre
1967 nimmt sie noch mit Agam, Arman, Cruz-
Diez, Vasarely an einer Kampagne zugunsten
der französischen Medizinforschung aktiv teil.
1968 wirft sie sich noch einmal auf die Graphik
und veröffentlicht auf der Baukunst in Köln Litho-
graphien. Vierzig Jahre nach ihren letzten Bal-
lett-Proiekten gestaltet sie für das Theater
Amiens die Kostüme für Les Danses Concer-
tantes. 1969 wird sie mit dem großen Preis De
l'Art Feminin geehrt. 1971 organisiert das Stoff-
museum van Mulhouse unter Leitung von M.
Tuchscherer mit 70 Delaunay-Stoffen und 100
ihrer Projekte die Ausstellung „Etotfes imprimees
des annees tolles".
lm Jönner 1976, als ich Sonia Delaunay in ihrem
Atelier besuchte, empfing sie mich mit der Würde
und Grandezza einer großen Konzernchefin. Das
Telefon läutete alle zehn bis zwanzig Minuten.
Vor mir verließ ein Besuch das Atelier, und bevor
ich es nach dreißig Minuten Audienz verließ,
wartete bereits der nächste Besucher, und nach
14 Sonia Delaunay, „Prismes electriques", 1914.
KleisteriLeinwand, 250x250 cm. Sign. und dat.
unten links. Musee d'Art Moderne, Paris
15 Kostüme von Sonia Delaunay für „La Mode
qui vient". „Spectacle de Joseph Delteil"
16 Sonia Delaunay, „Etude de lumiere", 1912113
(Bal St. Michel). FarbstiftlPapier, 165x203 cm
ihm waren noch drei angemeldet. Ich hatte bei
Gott nicht den Eindruck, bei einer Neunzigiöh-
rigen gewesen zu sein, und es hat fast den An-
schein, als würde Paris in zehn Jahren mindestens
ein halbes Jahr den Centenaire der bemerkens-
werten Managerin in Sachen Delaunay zu feiern
wissen.
Unser Autor:
Mechtild Wierer
8 München 40, Schleißheimer Straße 152a