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Internationale Sammler-Zeitung. 
Ilummer 4 
männer, die in seinem Aufträge den ganzen markt der Auto 
gramme im Auge behielten, im Haufe non Jahrzehnten erworben. 
Alle diese Schätje sind uns erhalten und werden noch lange 
in unsre öeistesgeschichte hinüberruirken; aber in dem Geiste 
ihres Sammlers und Verwalters lag etwas Unersetjliches, ein 
lebendiges (Abteil grofjer Tage und Traditionen, das jeder, der 
diesem Erben Hessings nähertreten durfte, heute oon Herzen be 
trauert. Cs war eine freude, Robert Hessing in seinem Heim, mit 
dem er innerlich oerroachsen mar, zu begrüben, ihn im Verkehre 
mit Reliquien und €rinnerungen, die in seinem Geiste lebendig 
waren, zu beobachten. Schon wenn man das Haus mit dem Zeichen 
der drei Ringe, das schlichte, in den formen edle Palais in der 
Dorotheenstrafje, das, mehr Stein als Glas und uornehm abge 
schlossen, sich so charakteristisch oon den unruhigen Geschäfts 
häusern und den Hofelkasten in der Umgebung abhebt, betrat, 
hatte man das Gefühl, als uersänke hinter einem das hastende 
Heben der Weltstadt und als erschlösse sich ein Heiligtum der 
Hochstimmung und der .stillen Sammlung. Das ganze zweistöckige 
Haus mit dem wohlgepflegten Garten eine Wohnung, die ganze 
Wohnung ein llluseum, dessen Schäfje aber so intim und ge- 
schmackooll uerteilt sind, dafj man nirgends das Gefühl einer Aus 
stellung, sondern überall die Empfindung eines intimen Zuhause 
hat. Schon im Treppenhause grüfjen ITachbildungen antiker Kunst 
werke; an allen Wänden, in allen Gehen der Säle und Kabinette 
begegnen dem schweifenden Blick die künstlerischen Zeugnisse 
einer großen Zeit, Bildnisse und Büsten Gotfhold Ephraim Hessings, 
darunter das Originalporträt Grafts, das uns die geistoollen Züge 
mit einem Anflug kecken, burschikosen Humors oermitfelt, ITteister- 
werke Karl Hessings, wie die Einzeldarstellung oon Johann Hui], 
die den berühmten Historien zugrunde liegt, Originale oon der 
Hebrun und der Angelika Kaufmann, die prächtigsten Radierungen 
[ der berühmtesten Werke der Renaissancezeit, historische Kostbar 
keiten des Kunstgewerbes und Reliquien oon geheimnisoollem Reiz 
Wenn der bewegliche alte Herr, der noch als Achtziger täglich aufs 
Pferd stieg, um seinen Spazierritt durch den Tiergarten zu machen, 
der feine Graukapf, in dessen Zügen sich der Ausdruck der richter 
lichen Ehrenfestigkeit und Energie so eigentümlich mit der durch 
geistigten Heiterkeit des Humors oermischte, seine alten und 
jüngeren freunde in diesen kunstgeweihfen Räumen empfing, 
wurden alle Erinnerungen lebendig, schienen die Gestalten aus den 
Rahmen und oon den Piedestalen herabzukommen, fühlte man 
sich oon dem Hauch der klassischen Zeit oerwandfschaftlich berührt. 
Robert Hessing, der keine aktuelle frage des Tages aus dem 
Auge oerlar, hatte gleichsam eine zweite Gegenwart in der fülle 
seiner Erinnerungen, die durch die Kräfte seines erstaunlichen Ge 
dächtnisses und seiner innersten lTeigung ihm plastisch und farbig 
oar die Augen gerückt waren Wie intim, wie lebendig erzählte 
er, durch die frage nach dieser oder jener Kostbarkeit angeregt, 
oom „Dichter“ (Gotthaid Ephraim), oom „Kanzler“ (seinem Vater), 
oom „Bruder“ (dem ITTnler), oon „Ottilie und Alma“ oon Goethe, 
mit denen seine oor Jahren oerstorbene, oielbeklagte Gattin als 
lAädchen in Weimar zusammen gelebt hatte, oon all den Grofjen, 
mit denen ih.i das Heben zusammengeführt hatte. Das ooar ihm 
keine erstorbene Welt, sondern ein Kreis oon freunden, dem er 
innerlich noch immer angehörte. Wenn er oollends, durch eine 
literargeschichtliche Wendung des Gespräches angeregt, an seine 
imposante Bücherei herantrat und ein ITtanuskript oder eine Erst 
ausgabe herausgriff, wie belebte sich da das alte Heft unter 
seinen Händen, wie interessant berichtete es da seine Geschichte 
und die seines Autors durch den lllund eines Eigentümers, dem 
es innerlich zu eigen geworden war 1 
Die (TUinz-fluktion 5troehlin. 
Von TU. H. Ruegg (Basel). 
Hm 22. februar kommt der dritte Teil der berühmten ITtünzen- 
und lAedaillensammlung des um die schweizerische Flumismatik 
so oerdienten ehemaligen Präsidenten der Schweizerischen numis 
matischen Gesellschaft bei ITturiset-Gicot in Genf unter den Hammer, 
womit wiederum eine der bedeutendsten Prioatsammlungen der 
Gegenwart ihrer endgiitigen Auflösung entgegengeht. Dicht nur 
im Hinblick auf den ausdauerndsten Sammelfleifj fast eines ganzen 
ITlenschenlebens, dessen es zur Anlegung dieser Kollektion bedurfte, 
ist es angebracht, auf die beoorstehende dritte Versteigerung 
Stroehlin näher einzufrefen, sondern auch mit Rücksicht auf deren 
besondere Bedeutung für die Schweiz, da ihr Wert nicht nur in 
der Stückanzahl — aufjer einem kleinen, unbedeutenden lTachtrag 
ausländischer Stücke zählt der Katalog mit den oielen Doubletten 
mehr denn 55,000 Objekte — sondern auch in ihrem hohen quali- 
tatioen Wert liegt und somit das Interesse weiterer Sammlerkreise 
als nur das reiner fachgeiehrten- und JJTuseumsbeamten beansprucht. 
Schon in seiner Sifjung oom 27. llooember 1908 bewilligte 
der Genfer Stadtrat zur Komplettierung des städtischen tDünz- 
kabinetts 50,000 fr. zwecks Ankauf oon 3500 der schönsten und 
seltensten Stücke aus der Sammlung Stroehlin, worunter neben 
!llünzen des Bistums Genf und historisch bedeutsamen Genfer 
niedaillen oor allem komplette Serien schöner Porträt-lTtedaillen 
der Genfer Stempelschneider des 17. bis 19. Jahrhunderts, der 
Royaume, Dossier, Booy usw. uertreten waren. 
1909 und 1910 gelangten sodann die zwei ersten Abteilungen 
der Sammlung Stroehlin zur Auktion, oon denen die erste allein 
140,000 fr. einbrachte. IJun liegt auch der schön ausgestattete 
und trefflich oon H. forrer oom Hause Spink und Sohn, Hondon, 
redigierte 3. Katalog oor, dem 54 Tafeln mit den heroorragendsfen 
Stücken beigegeben sind Von den größten Seltenheiten seien nur 
die folgenden erwähnt: Der oon 1559 datierte Zürcher Taler oon 
Jakob Stampfer (nr. 26) bekannt durch die nachgeahmten Boedecker- 
Stempel; der Brupbachersche Schii^entaler oon 1827 in Gold mit 
dem schönen Zuger Stadtbild (lTr. 2088), welches Stück indes nicht, 
wie die Anmerkung besagt, blai) in drei Exemplaren existiert, da 
erst kürzlich dem Verfasser ein gleiches durch die Hände ging; 
die drei Zugcrtaler oon 1565 (Ur. 1966 68), oon denen beim letj- 
teren die Stempel auch oan Stampfer geschnitten sind; der oon 
den drei Ständen Uri, Schwyz und Unterwalden für Bellinzona 
gemeinsam geprägte undatierte Taler (IJr. 1474); der Genfertaler 
oon 1658 (nr. 4772 mit der Prooenienzangabe Zcisberg und Wunderly, 
der schon an der 1. Aktion ausgeboten, aber wieder zurückgezogen 
wurde); die zwei Genfer Halbfaler oon 1597 (lTr. 4775/74), die 
silberne llledaille auf das Bündnis zwischen Genf, Zürich und 
Bern oon 1692 (llr. 4782), oan welch interessantem Stück im Alünz- 
kabinett des Basler Historischen Uluseums eines in Gold sich 
oarfindet; ferner noch drei Exemplare der bekannten grofjen 
Stampferschen Schaumünze (5589 91), welche 1548 die eidge 
nössischen Stände mit den zugewandfen Orten der französischen 
Prinzessin Claudia, Tochter Heinrichs II., als Patengeschenk stifteten 
— übrigens ein Stück, das in letzter Zeit wiederholt zur Auktion 
kam und in bester Haltung doppelt im hiesigen lllünzkabinett 
oorhanden ist. Ein ähnliches llleisterstück heraldischer Schönheit 
wurde 1655 dem Basler Bürgermeister Wettstein zur Anerkennung 
seinerim Westfälischen frieden geleisteten wichtigen Dienste geschenkt. 
Von den bekanntem Ulitfelalter-funden finden sich ebenfalls 
einige oor, so jene mit den Brakteaten oom Rosenberg, St. Gallen, 
und oon Sfeckborn; dann derjenige mit den für die Abtei 
St. IDaurice geschlagenen DenareriNson Hudwig dem frommen, in 
ferreyres gehoben (4162). Inedita weist Graubünden oiele auf 
3256, 96; 5328; 5514, 17, 21, 29). 
Unter den Unica steht der mit Recht in der Anmerkung als 
i „le jovan de la colleotion“ oerzeichnete Solofhurner ßerfataler im 
| Doppeltalergewicht als das wertoollste Stück an erster Stelle (2175).
	        
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