Künstlerprofile Hildegard JQQS
Hildegard Joos. geboren am 7. Mai 1909, zählt zu den
tatkräftigsten und unermüdlichsten Vertreterinnen der
konstruktiven Kunst in Osterreich. In ihren Arbeiten bil-
den selbst auferlegte Ordnung und Strenge eine glückli-
che Synthese mit dem freien Formwillen einer uner-
schöpflichen Phantasie. Nach expressiven figurativen
Anfangen und einer formellen Phase in den fünfziger
Jahren gelangt sie gegen 1960 zu monochromen, maleri-
schen Obertiächen, aus deren unbestimmt räumlicher
Tiefe in der Folge zarte geometrische Figurationen auf-
tauchen (Abb. 1). lhre Große steht zumeist in einem pro-
portionalen Verhältnis von 1:2:3, eine Formprogression,
die viele Jahre später in einem neuen, rein konstrukti-
ven Formzusammenhang wieder autgenommen wird.
Diese Bilder sind bereits dem von Max Bill sehr weit ge-
faßten Rahmen der "Konkreten Kunstii zuzurechnen; im
Werk der Hildegard Joos stellen sie die entscheidende
Ubergangsphase zur strengen geometrisch-konstruk-
tiven Gestaltungsweise dar. Diese "Formwerdungi- aus
dem "informell" der fünfziger Jahre zu den klaren.
durchschaubaren Ordnungen der sechziger und siebzi-
ger Jahre ist ein eindrucksvoller Klärungsprozeß: er ge-
währt Einblick in verschiedene Stadien der Formsuche
und Formlindung im Lauf eines kunstlerischen Entwick-
lungsvorganges, Hildegard Joos begründet diesen
Schritt mit dem Wunsch, die unkontrollierte Handschrift
durch die Auseinandersetzung mit geometrischen For-
men und Strukturen zu "zähmen" und durch das Werk
auf das Problem von Freiheit im Gesetz zu reflektieren.
Schon in der Zeit der ersten "konkreten-i Arbeiten ent-
steht von jedem als tragfähig erachteten Bildgedanken
jeweils eine Serie, in der die vielfältigen Möglichkeiten
einer Formidee durchgespielt werden, Solche Serien
gliedern das konstruktive Werk der Malerin in klare Ab
schnitte.
Ein Grundthema laßt sich aus diesen Arbeiten herausle-
sen: es ist die Symmetrie, die als Formproblem erkannt,
in vielfaltiger Weise behandelt wird; eine Symmetrie
"besonderer Art", wie sie Harald Schenker charakteri-
siert (Abb. 2) verschiedenartige große geometrische
Formen sind in spiegelbildlicher Entsprechung in zwei
Bildhalften angeordnet, wobei diese durch eine mehr-
fach gebrochene Symmetrieachse ineinander eng ver-
zahnt sind, Die "Großiormeni- weisen eine aus schma-
len perspektivisch zusammenlaufenden schwarzen und
weißen Streifen bestehende Gliederung auf. Form und
Füllung stehen in keinem direkten funktionalen Zusam-
menhang.
Dieses dualistische Verhältnis der beiden wichtigen
kompositionellen Faktoren ist ein wesentliches Merk-
mal der kunstlerischen Aussage von Hildegard Jods.
Das Grundgerust ist statisch, die eingesetzte, iedoch
dominierende Struktur dagegen dynamisch. indem sie
optische Flaum- und Bewegungsellekte auslost. Dieses
Spannungsverhältnis zwischen Fluhe und Bewegung ist
charakteristisch fur die Personlichkeit der Malerin, in
der Meditation und unruhiges Temperament zusammen-
finden, Gibt das symmetrische Grundkonzept der "Un-
ordnung-i der expressiven Formelemente Halt, so vermit-
teln diese wiederum ein großes Maß an Information, so-
wohl durch die Ausdruckshaftigkeit der schmalen "Keil-
formeni- als auch die optische Irritation, ausgelöst
durch den absoluten Kontrast von Schwarz und Weiß,
Der fur diese Bilder gewahlte Titel "Balance" gibt einen
Hinweis auf den die Kompositionen bestimmenden
Grundgedanken.
Das Wiederaufgreifen der Formprogressionen der fru-
hen sechziger Jahre kennzeichnet um 1975 den Uber-
gang zu Werkreihen, in deren Titel der Begriff "Evolu-
tioni- auf ein neues Element in den konstruktiven Arbei-
ten hinweist (Abb. 3). Die Elinnenzeichnung der geome-
trischen Formen besteht nun aus einer zarten, zellenar-
- _ tigen Gliederung, die weiterhin keinen funktionellen Zu-
sammenhang mit ihrer Fiahmung aufweist. Die zeilenar-
m M] m] tig angeordneten Zellen verändern kontinuierlich ihre
Form innerhalb der unerschopfliohen Spannweite zwi-
schen Quadrat und Kreis (Abb, 4). Der spannungsreiche
Dualismus zwischen einfacher Begrenzung und dyna-
Ü misch evolutionärer Fullung kommt in diesen Komposi-
tionen zum harmonischen Ausgleich. Ausgehend von
diesem Ansatz sind neue Serien im Entstehen, die das
gestellte Problem in seiner Vielfältigkeit ausloten und
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-Ohne Titel-r, 1978
Hildegard Joos
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