Roland L. Schachel
Wie ein gläsernes Meer,
mit Feuer gemengt.
Zu den Glaskunstwerken
von Lydia Roppol?
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Unter den großen Visionen unseres Jahrhunderts sind
die von ehrlurchtigern Staunen uber die Schönheit der
Schöpfung getragenen Entwurfe lLir die Schmückung
unseres Planeten mit nie dagewesenen lichterfullten.
tarbstrahlenden, glasernan Architekturen die poesie-
vollsten
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Zu ienerZeit, alsAbt Sugervon Saint Denisdiegotische
KathedralealsirdischevorwegnahmeallerHerrlichkei-
ten des ReichesGottes konzipierte und damit ieneWun-
der an farbigem, mystischen Licht schuf, die alles über-
trafen, was Byzanz und Ravenna bis dahin an schim-
mernden Mosaiken geschaffen hatten, war das Glas
kostbarer als heute und das Wagnis ungeheuer Aber
der Glaube unseres Jahrhunderts war zu schwach, um
tatsächlich die hervorragendsten Punkte der Erde mit
brillanten Kristallen zu schmucken, die das Sonnenlicht
tunkelnd widerstrahlen, den nachtlichen Gestirnen
aber sich wie magische Ampeln zugesellen. Das
wenige, was auf dem Wege dahin tatsächlich geschaf-
fen werden konnte, sank im Krieg in Schutt und Scher-
ben
Um 1950 lebte die ldee zuerst in Frankreich wieder auf
In Österreich war es Lydia Fioppolt, die, auf der rast-
losen Suche nach der vollkommenen malerischen Ver-
wirklichung des Lichtes, das Gestalten mit durchleuch-
tetem farbigen Glas als eine ihrem künstlerischen
Streben gemaße Moglichkeit entdeckte. Nach einge-
hendem Studium des Lichtwunders von Chartreswagte
sieden ersten Versuch. der ihr sofort einen ehrenvollen
Auftrag nach Kanada und die Einladung zum Wettbe-
werb für die Glasfenster der sogenannten VÖEST-
Kirche in Linz-Bindermichl einbrachte. iiDa schwor ich,
dermodernen Kunstauchjene Mystikzugeben, ausder
die alten Kathedralen noch heute lebenir, erinnert sich
Lydia Roppolt.
Als der jüngsten Teilnehmerin wurde ihr mit Stim-
meneinhelligkeit der erste Preis zuerkannt und der Auf-
trag erteilt, dieses beispiellose Werk t956 e 1958 aus-
zuführen
In Linz-Bindermichl schuf Lydia Fioppolt das erste und
bedeutendste Werk sakraler Glaskunsl in Österreich
und einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung eines
Jahrhunderttraumes. Sie errang damit großte interna-
tionale Anerkennung und die Fiihrung in der Glasmale-
rei Österreichs, in der sie in ieder Hinsicht bahnbre-
chende Wirkung entlaltete.
Lydia Roppolt ist die erste. die dieses in Österreich bis
dahin nur gewerblich oder kunstgewerblich betriebene
Metier künstlerisch zahmte und den Ausdruck dessel-
ben sowie seine Attraktivität so bedeutend steigerte.
daß es mit der Zeit auch andere Kunstler zu interessie-
ren begann.Sieermöglichtedamiteinementwicklungs-
fahigen Zweig der österreichischen Wirtschaft einen
bedeutenden Aufschwung, und es waren ihre person-
lichen künstlerischen Erfolge, durch die sie ihm euro-
päische und uberseeische Wirkungsbereiche eröff-
nete.
Aber Lydia Roppolt ist heute die einzige Künstlerin
geblieben, die nicht einfach ihre erfolgreichen rn
schen Praktiken auf einen glasernen Bildträger l
nimmt. sondern das Glas selbst 7 als Materialisie
von Farbe und Licht 7 gerriaß seiner Eigengeset;
keit kunstlerisch aussclidplt. Von Anfang an verwa
daher alle auf dem Prinzip des Auftragens oder A
gens von Farbe beruhenden Praktiken, die dort ai
chend wirkungsvoll sind, wo nur reflektierendes
vorhanden ist, die aberdie Transparenzdes Glase
ben und daher dieser besonderen Materialeigens
nicht gerecht werden Die Malerei mit Schmelzla
oder mit Schwarzlot, besonders die vom Holzsc
oder vom Sgraffito übernommene Methode, dii
sarnte Glaslläche zunächst mit Schwarzlot zu ve
kein und sodann aus dieser Schicht Lichter herai
kratzen, sind dem Wesen des Glases voilig fremd
gilt auch für das Atzen, bei dem die Oberflachedes
ses autgerauht und seine Brillanz zerstort wird
Lydia Roboolt strebt bei ihren Glaskunstwerken
kommene Durchschienenheitir und brillante Gla
heit an. Das Glas rnuß funkeln, blitzen, feuerspri
die Farbe iiAusdruck einer strahlenden. überaus p
tigen Explosionii sein. Daher konzentriert sict
Künstlerin auf die Weiterentwicklung der alten rni
schen Technik, bei der die eigentlich graphische f
tion, Konturen und Binnenzeichnung zu bilden
Fugengestaltung zukommt.
Folgerichtig griff sie neben der traditionellen Echte
Verglasung mit verbleiten Fugen die in Frankreict
entwickelte Technik der rnit Beton vergessenen l
glasfenster, als ihrem künstlerischen Wollen ent
chend, auf und wendete sie schon 1957 in Linz-Bit
michlerstrnalsinÖsterreich an. DieseTechnikver
vom Künstler, der seine Vorstellung genau verwirl
sehen will. eine starkere Prasenz am Werktiscr
sichtlich der Fugengestaltung und eine große ges
rische Sicherheit hinsichtlich der Farben, weil eir
hergestellte Scheibe erst nach dem Abbinden
Fugenbetons in der Durchsicht betrachtet we
kann. zu einem Zeitpunkt also, da Korrekturen
mehr möglich sind.
Ein absolutes Farbengedachtnis gehort zu den br
deren Begabungen von Lydia Fiopoolt Es ist dernz
luten Gehör vergleichbar und unter Malern ebensi
ten wie jenes unter Musikern In Verbindung mit e
guten Zahlengedächtnisvermag Lydia Roppolt ied
liebige Farbe mit der zugehörigen Zahl des Glas
ments zu benennen. Infolgedessen kann sie auf la
Kartone verzichten, und ist sie nicht auf die individ
Farbinterpretaiion durch den ausfuhrenden Me
angewiesen.
Dies gestattet Lydia Fioppolt, direkt mit dem lart