Floridus Röhrig
Darstellungen des hl. Leopold
in der österreichischen
Buchmalerei
Markgraf Leopold IIl. wurde am 6. Januar 1485
heiliggesprochen. Dieses Ereignis jährte sich
heuerzum 500. Mai, und aus diesemAnlaß veran-
staltete das Land Niederösterreich im Stift Klo-
srerneuburg die Landesaussrellung vDer heilige
Leopold - Landesfürst und Slaaisymbolir. Darin
nimm! die Darstellung des Landespatrons in der
Kunst breiten Raum ein. Hier soll nur auf ein Teil-
gebiet dieses Bereiches eingegangen werden,
auf die mittelalterliche Buchmalerei.
1 Miniatur aus einem Missale, um 1 450. HI. Leopold und Agnes
mit dem Stifter Propst Simon vom Thurm. Stiftsbibliothek Klo-
sterneuburg, CCI 609
2 Miniatur als Stifterbild, um 1460. Unter Maria mit dem Kinde
Leopold und Agnes mit dem Modell der Stiftskirche. Stiftsbi-
bliothek Klosterneuburg, CCI 53
Als Leopold lll. 1485 heiliggesprochen wurde, löstedie-
ses Ereignis eine wahre Flut künstlerischer Produktion
aus. Auf vielen spätgotischen Flügelaltären finden wir
den neuen Heiligen als Schreinfigur oder auf Altarflü-
geln. Er wird auf Wände gemalt und begegnet auch als
einzeln stehende Skulptur. Als Thema der Buchmalerei
tritt er jedoch bei weitem nicht so häufig auf. Das ist
leicht zu erklären. Die große Zeit der Buchmalerei war
vorbei. es wurden nicht mehr viele Handschriften
geschrieben. Zur Zeit der Heiligsprechung blühte
bereits der Buchdruck. Man hat wohl auch lnkunabeln
illuminiert, doch galten solche Miniaturen als besonde-
rer Luxus. Den üblichen Buchschmuck bildeten zujener
Zeit schon Holzschnitte. Obwohldie Buchmalerei nicht
mehr viel Gelegenheit hatte, sich der Darstellung des
hl. Leopold zu widmen, hat sie doch sehrwesentlich zur
Ausbildung seiner lkonographie beigetragen.
Darstellungen Markgraf Leopolds lll. gibt es im allge-
meinen erst seit seiner Heiligsprechung. Nur an zwei
Orten findet man schon früher Bilderdes Markgrafen: in
den von ihm gegründeten Klöstern Klosterneuburg und
Heiligenkreuz. Hier haben sie die Funktion von Stifter-
bildern. Dabei ist zu bemerken. daü der Markgraf in Klo-
sterneuburg fast immer gemeinsam mit seiner Gattin
Agnes auftritt. denn sie hat an der Stiftung dieses Klo-
sters mitgewirkt. ln Heiligenkreuz erscheint Leopold in
der Regel allein. Seit der Heiligsprechung wird Agnes
merklich zurückgedrängt. selbst in Klosterneuburg,
denn sie wurde ja nicht offiziell zur Heiligen erklärt.
Die frühesten Darstellungen St. Leopolds in Büchern
kann man noch nicht als Buchmalerei bezeichnen, Sie
sind schlichte Federzeichnungen ohne künstlerische
Ambitionen. Das erste Bild dieserArtfindet sich in einer
sehr schlichten nStammbaum-r-Zeichnung des späten
13. Jh. im Codex des Albert von Waldkirchen in der
Österr. Nationalbibliothek.' In zwei Ftundmedaillons
sind hier Leopold und Agnes abgebildet, als bloße
Typen, ohne irgendwelche charakteristische Züge oder
Attribute. Ebenso schematisch ist ein Brustbild des
hl. Leopold inmitten einer schlichten Fleuronnee-lni-
tiale aus dem Jahre 1371 in Klosterneuburg? Bildmäßi-
ger sieht eine andere Zeichnung vom Ende des 14. Jh.s
aus. Mit schwarzer und roter Tinte sind Leopold und
Agnes primitiv gezeichnet, wie sie gemeinsam die sehr
schematisch dargestellte Stiftskirche halten. Interes-
santerweise tragen beide einen Heiligenschein} Das
ist schon einrichtigesStifterbild,aberman kannes noch
kaum zur Buchmalerei rechnen.
Gegen die Mitte des 1 5. Jahrhunderts setzt eine richtig-
gehende Welle der Leopoldsverehrung ein. Im Zusam-
menhang damit wird der Markgraf in vielen Kunst-
werken dargestellt: als Silberrelief am großen
Kreuzreliquiar, als lebensgroße Stifterfigur am Kirch-
turm, und nun auch als Miniatur in kostbaren Büchern.
Die älteste dieser Darstellungen findet sich in einem
Missale' aus der Zeit um 1450 (Abb. 1). Die Miniatur ist
ohne Zweifel in Klosterneuburg entstanden. Der Stifter.
Propst Simon vorn Thurm (1442-1451), kniet neben sei-
nem Wappen andächtig vordem Klosterstitter und rezi-
tiert Verse aus dem Bußpsalm 51. Ihm zugewandt ste-
hen Leopold und Agnes, der erstere hält Christus ein
Modell der Stiftskirche entgegen. Hinter dem Propst
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