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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 106)

cienbildes nach dem approbierten Holz- 
modell „vollständig künstlerisch und gleich- 
sehend" in Silber für einen Arbeitslohn 
von 2250fl herzustellenW. Der kostbare 
Rahmen war zur Übertragung des Gnaden- 
bildes auf den neugeweihten Hochaltar 
(1757) vollendet; das verarbeitete Silber 
wog über 246 Mark und hatte einen Wert 
von fast 5600 H13. Noch während der 
Arbeit am Gnadenbildrahmen verfertigte 
Riedl für den Seitenstettner Abt einen 
silbernen Hirtenstab (Pastorale). Für Mate- 
rial, Vergolclung und Arbeitslohn, für das 
Stechen zweier Wappen und für die Edel- 
steine und deren Fassung erhielt der Gold- 
schmied 430 H 19. Der Abtstab, dessen Schaft 
(1,6m lang) in drei Teile gegliedert ist, 
trägt am oberen Schaftende das Wiener 
Beschauzcichen (1754) und die Meister- 
marke IWR, die auch an der Unterseite des 
Nodus nochmals zu sehen ist. Die ver- 
goldete Krümme (42 cm hoch) erwächst 
aus einem zierlichen Blätterkelch größerer 
silberner und kleinerer vergoldeter Blätt- 
chen. Sie mündet, außen und innen von 
einem silbernen Rankenwerk und einem 
Kranz von Brillanten umgeben, in einen 
großen Blätterkelch, der einen wasserhellen 
Stein auf Metallgrund birgt. Auf beiden 
Seiten ist die Krümme mit je neun kleineren 
Blumenkelchen (mit Glassteinen) besetzt. 
Am Ansatz der Krümme sind deutlich zwei 
Wappen eingraviert, auf der einen Seite 
das Wappen des Stiftes (mit Schild und 
Helm, zwischen BüEelhÖrnern das Stifts- 
kreuz) mit den Buchstaben M. (Monaste- 
rium) S. (Seitenstettense), auf der anderen 
Seite eine der vielen Wappenvariationen 
des Abtes Dominik Gußmann: Stiftskreuz 
(Glaube), Anker mit Doppelkreuz (Hol-f- 
nung) und Pelikan (Liebe), als Bekrönung 
Büffelhörner mit Kreuz, Helm und Helm- 
busch mit Kreuz, in der Mitte Putte mit 
Mitra und Abtstab; dazu die Buchstaben 
D (Dominicus) A (Abbas) S (Seitenstetten- 
sis) Z0. 
Noch im Herbst des Jahres 1754 legt Riedl 
Belege über die Arbeit an verschiedenen 
kleineren Gegenständen (Bestecke, Wap- 
penstechen) vor und verrechnet auch „ver- 
blibenes Silber von der ersten Arbeit"1l. 
Wie aus den Vermögensverhältnissen Riedls 
ersichtlich ist, hatte et nach der schwierigen 
und wenig einträglichen Arbeit am Silber- 
rahmen neue Aufträge bitter notwendig. 
Schon im Mai 1759 stellt Riedl eine Quit- 
tung über den Empfang von 50 H für die 
Vergoldung eines Kapitelkreuzes aus 12. 
Auf weitere Arbeiten läßt eine Notiz des 
künstlerisch begabten Ordensmannes jo- 
seph Schaukegl schließen: „Hoc anno ist 
das neue Pastoral mit den rothen Cristall- 
stein, die 2 Capitl Kreuz von Wilhelm Riedl 
verfertiget n'orden"Z3. Auch im Rechen- 
buch des Stiftes sind zum Dezember 1759 
einige Ausgaben für Riedl „wegen gemach- 
ter Arbeit" und ein „Reißgeld" einge- 
tragen 14. 
In dieser Zeit ist auch erstmals die Rede 
von einem „von Holtz und Wax vorge- 
stöldten Monstrantzen Model" 25. Der Ver- 
trag über die Ausführung einer Monstranz 
18 
für die Sonntagberger Kirche wurde zwi- 
schen Abt Dominik, dem Patron der Wall- 
fahrtskirche, und dem „Edlen und Kunst- 
reichen Herrn Joseph Wilhelm Riedl, 
bürgerl. Silberarbeiter in Wien", am 3. De- 
zember 1759 in Seitenstetten abgeschlos- 
sen Z0. Im Kontrakt verpflichtet sich Ricdl, 
die Monstranz „nach dem vorgczeigten 
Riß und Modell von 15 Marck Prob Silber" 
zu verfertigen, sie „vor und rückwärts, 
auch am bodn allenthalben gut in feyr" zu 
vergolden und die „lunulam von 2 Loth 
vierthalb gulden Gold zu stand" zu brin- 
gen. Der Abt verspricht Riedl, „jede Marck 
samt Arbeit und Vergoldung mit 50 fl und 
die lunulam ebenfalls für Gold und Arbeits- 
lohn mit 45 H", weiters „Riß, modell und 
die dabey aufgewandte mühe und Zeit mit 
100 H, folglich Summa Summarum für Sil- 
ber, Gold, Vergoldtung und Arbeitlohn 
895 fl" zu bezahlen. Anschließend sind noch 
Zahlungstermine und Teilzahlungen ver- 
einbart. Mehrere Empfangsbestätigungen 
auf dem Vertrag und eine lose Quittung 
(mit Siegel) zeigen, daß Riedl an der Mon- 
stranz laufend gearbeitet hat und dafür be- 
zahlt wurde. 
In diesem Kontrakt steht kein Wort von 
Edelsteinen, mit denen die Monstranz 
aber reichlich besetzt ist. Ebenso auf- 
fällig ist, daß Abt Dominik etwa zwei 
Monate nach der Unterzeichnung des Ver- 
trages mit Riedl einen Kontrakt mit dem 
Wiener Goldschmied Franz Kick „wegen 
Verfertigung einer Monstranzen für den 
Gnadenorth Sonntagberg" abgeschlossen 
hatZ7. Innerhalb von zwei Monaten zwei 
Verträge über zwei Monstranzen vom sel- 
ben Auftraggeber _ das ist undenkbar! Im 
Vertrag mit Kick ist nur von Edelsteinen 
die Rede. Der „Wohledle und kunstreiche 
bürgerl. Goldarbeiter in Wien" verpflichtet 
sich, „scheinl und lunulam der Monstran- 
zen, dan deß Gott Vatters und Heil. Geists 
scheinl wie auch den Caracter um die Welt- 
kugel ganz von weissem guth zu carmoi- 
sieren, das obere Creuzl aber von rubinen, 
und den Fuß mit Smaragden, rubinen, gra- 
naten und Crysoliten zu garniren, so gut 
alß es die Kunst zu lasset und daß modell 
außweiset". Der Abt übergab Kick eine 
große Zahl von Brillanten („von mitterer 
qualität"), geschnittenen und ungeschnitte- 
nen Rubinen, „Dicksteinl und Dinnsteinl", 
Rauten, Smaragde und zwei große Granat- 
schalen. Weil aber die übergebenen Steine 
nicht ausreichten, übernahm der Abt auch 
die Kosten für „noch beyläufig 30 Karat 
Carmoisinguth und 200 fl auf gefärbte 
stein" und 6 fl „zur Erkauffung einer 
blauen Composition zur Weltkugel". Kick 
bestätigt nach der Vollendung der Mon- 
stranz in einer Zusatzbemerkung auf dem 
Originalvertrag, daß ihm dieser „Cnntract 
nebst den noch übrigen darzu gekauften 
steinern richtig und barr" bezahlt wurde 23. 
Der Preis für die Herstellung der Mon- 
stranz durrl} Kirk wird mit 16958 ange- 
geben 19. Nach Kicks Spezifikation soll die 
Monstranz insgesamt 1505 Edelsteine tra- 
gen. Auf der Monstranz (mit Ausnahme 
der Lunula) sind folgende Edelsteine in 
ANMERKUNGEN 17-29 
'7 F. Windisch-Grnulz. a. .1. O. 3011". 
W SIAS. 46 B, Gcwichlsbcslärigilug des Wiener Haupt- 
mülzzanzlcs vom 15. 4. 1757. Wegen des hohen Wencs 
komm: die Ablivfcrung des Rahmens 1810 nur mit Mühe 
durch den Scircnsrcnncr Abt verhindert werden. Vgl. 
F. Ubcrlackcr. a. a, 0,. S. 49. 
13 SIAS, 33 D, Fzsz, (ioldsthmircdrationcs. Rechnung vom 
17. a. 1754 (mit Siegelabdruck). _ 
w Alfred (Irrnser. um Wappcn der Am von Seilcnslctlcn 
in NÖ., Wien 1877. 
1'  33 I). Fasz. Goldschmicdntioncs, Beleg vom 15. 11. 
a . 
11 SzAS. 331), Fasz. Gnldschmicclmlioncs. Quinuug vom 
Z0. 5. 1759. 
13 SKAS. Kanon 2 (Ü. F353. 31917. Noluu privati. S. 17 zum 
11m 17m. 
1' StAS (Inlnxncrcy-läapulmre d: Anno 1757. S. 60. 
15 SIAS. 46 ß. Quittung vom 4. 10. 1759 über dßn Empfang 
von 10 Dukaten für den Bildhauer. 
zu sms. 461a, Originalknntrzkt mit Unterschrift und Siegel- 
zbdruck um" Vcrlrngppnmner. 
1' SrAS, 46h. Originnlkonlrnkl vom 7. Fcbcx 1760. Vgl. 
auch .Sclmlkcgl. Nouu privalz. 5.17: "Den 25. jener 
bin lCl1 nach Wim mit Geldern und hab den Conrncl 
zur Sonnlagbcr r Mcnxlranzcn gcmacht." 
II Letzte Zahlung: Kätigung vom 10. s. 1762. 
1' F. Überlackcr. a. a. 0.. S. 134.
	        
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