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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 8 und 9)

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aufnehmen und fortsetzen. 
Nur die mittlere Partie der 
Casula bricht sich in 
eckigen Linien, und in ver- 
wandter Weise stößt auch 
der Saum der Albe am 
Boden auf. Die Falten 
sind reicher, häufiger, aber 
auch schematischer, leerer. 
Wie unwahr sie aber auch 
wirken mögen, so bilden 
sie nichtsdestoweniger ei- 
nen wichtigen Stimmungs- 
faktor. Sie verleihen der 
persönlichen Erscheinung 
etwas Gewichtiges, Patheti- 
sches, wie es der Repräsen- 
tanz eines Kirchenfürsten 
entspricht. 
Die für die erste Hälfte 
des XV. Jahrhunderts be- 
sonders charakteristische 
Häufung von Parallelfalten 
hat vielleicht ihren Grund 
in dem Streben, die Weich- 
heit des Stoffes naturwahr 
zu bilden; in Wirklichkeit 
aber entfernte sich der 
Künstler mehr von der Natur 
als am Ende des XIV. Jahr- 
hunderts. Gerade bei der 
Abb. 23. Deckplatte der Tumba des Propstes Petrus Pienzenauer in Grabplastik der ersten Hält; 
der Stiftskirche zu Berchtesgaden 
te des XV. Jahrhunderts 
macht man häufig die Wahrnehmung, daß das zunehmende Naturstudium, das 
Vertiefen in alle Einzelheiten recht eigentlich nur für das Porträt Geltung 
hat. Hier bleibt der Bildhauer seinem Streben getreu bis zu einer ernsten, 
fleißigen, alle Details berücksichtigenden Lösung, während er in den größeren 
Gewandpartien mehr aus sich heraus als wirklich nach dem Modell arbeitet; 
höchstens, daß er einzelne der Natur entlehnte Motive seinen Falten- 
kompositionen einfügt. Diesen eigenartigen Widerspruch finden wir auch 
beim Bildnis Zipflers. Der schematischen Durchbildung der Falten steht die 
sorgfältige Behandlung des Gesichtes gegenüber. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß uns hier ein lebenswahres Porträt anblickt; wir haben das 
wahr und sicher erfaßte Bild einer Persönlichkeit vor uns. Ein vollwangiges
	        
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