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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 172 und 173)

"bezeichnete und segnete sier. in den Bildern des 
Malers der Fiorentiner Schule Gentile da Fabriano 
und jenes der Sieneser Giovanni di Paolo (Abb. 7 
und 11) ist der Einfiuß franziskanischer Frömmig- 
keit ebenso spürbar wie die Auseinandersetzung 
mit dem antiken Zeremoniell. Das monarchische 
Zeremoniell des römischen Kaiserhofes kannte 
mehrere Stufen der Proskynese, die von der auf- 
rechten Haltung des den Kaisergott Anbetenden 
über die einfach kniende bis zu dem Niederwerfen 
des ganzen Körpers auf den Boden reichen! 
Dazu kamen verschiedene Gesten und hiermit ver- 
bunden die Zeremonie des Küssens des Gewan- 
des, des Knies, der Brust, der Hand und des Fu- 
Bes. 
Erhalten hat sich das römische Zeremoniell, das 
ursprünglich östlicher Herkunft war, im papstii- 
chen Hofzeremonieli, das auch den Fußkuß kann- 
te, der wahrend des Mittelalters von Kaisern und 
Fürsten dem Papst gegeben wurde. 
Gentile da Fabriano griff in seinem 1423 datierten 
Dreikönlgsbiid die drei Stufen der Proskynese mit- 
samt dem Fußkuß auf und verband römisch-kai- 
serzeitliches Hofzeremoniell mit franziskanischer 
Giaubigkeit. Letzterer entspricht auch die Natür- 
iichkeit des Kindes, das ganz Menschenkind ist, 
sowie das Nebeneinander von dem Haus, in das 
Josef mit seiner Familie gezogen war, und der 
Grotte der Geburt, in der die Krippe steht, bewacht 
von Ochs und Esel - verweisend auf den Tod des 
Erlösers und seinen Abstieg in die Vorhölle. Aus 
apokryphen Texten sind die hinter Maria stehen- 
den Hebammen übernommen." 
Die Darstellung der Drei Könige als Vertreter der 
drei Lebensalter, nämlich Melchior als den 60]ah- 
rigen, Balthasar als 40lahrigen und Kaspar als 
20jahrigen, geht auf Pseudo-Beda (13. Jahrhun- 
dert) und Petrus de Natalibus (gest. 1400) zurück. 
Giovanni di Paolo folgt in seinem Bild voll und 
ganz der Komposition und lkonographie Gentiles, 
den er sehr verehrte und gelegentlich eines Auf- 
enthaltes Gentiies in Siena In den Jahren 1425 bis 
26 kennengelernt hatte. Giovanni fügt der KOlTlpO- 
sltion lediglich die weiße Flosen tragenden 
Hecken ohne Dornen - eine Anspielung auf Rein- 
heit und Jungfräulichkeit Marias - hinzu. 
Dem vornehmen großen Gefolge der Könige, von 
8 
gab den Anlaß für ein drei Wände der Hauskapelle 
des Medici-Palastes umfassendes Gemälde des 
Benozzo Gozzoii (Abb. 8). Viele bekannte Persön- 
lichkeiten sind dargestellt, darunter der byzantini- 
sche Kaiser, Mitglieder der Familie Medici, wie 
auch der Künstler selbst. Der repräsentative Zug 
aber drängt die Hauptszene, die Huldigung, bei- 
seite. 
Ab dem 15. Jahrhundert setzt sich mehr und mehr 
die Tradition durch, einen der drei Könige als Moh- 
renkönig darzustellen. in dem Bilde des Lazzaro 
Bastiani (Abb. 10) hocken Josef und Maria in fran- 
ziskanischer Demutshaltung in einem Durchgang 
vor dem Haus, scharf beobachtet von Salome, der 
Hebamme. Vor ihnen huldigen die Könige, Mel- 
chior, der Greis, in Proskynese mit vorgeneigtem 
Oberkörper zum Fußkuß ansetzend, Balthasar da- 
neben als kniender Mohrenkönig - ein überaus 
seltener Typus - und Kaspar in aufrechter Hal- 
tung. Durch das Einführen des Mohrenkönigs wird 
die Bedeutung der Dreiheit der Könige erweitert. 
13 Giorgione, nAnbetung der Königen, um 1504. National 
Galiery, London 
14 Flogier van der Weyden, rAnbetung der KÖfllQSor, Co- 
lumba-Altar, vor 1455.AIte Pinakothek, München 
Anmerkungen 9 - 12 
' Allüldi, Andreas, Die Ausgestaltung des monarchlschen Zere- 
monlelis am römischen Kaisemol, Mitteilungen des dem. arch. 
Institutes, röm. Abb, au. 49, s. 1 - 11a, 1934, sowie: Bockelberg, 
Otto Heinrich, Das Morgenllndlsche In der Anbetung der Köni- 
ge. Ein Beitrag zu ihrer lkonographie, in: Festschrift w. Waet- 
10Id,Ee1lln 1941, s. ee- 131 
i" Eggel, Hanne, Weihnachtsblider, s. 42 ff. 
" Nllgon, Ursula, The Eplpnany und the Eucharist, in: Ths Art eui- 
letln, Vol. 49, 1967, S. 315 
" R. D. K. IV. Sp. 494 
erhobener Rechter auf den Stern weist. Die Tradi- 
tion des Malbuches vom Berg Athos wird bis in 
das 16. Jahrhundert und darüber hinaus verfolgt 
(Abb. 9). 
Die Form der Proskynese als Huldigung kennt der 
Osten nicht. im Westen aber zeigt die wohl 
eindrucksvollste Proskynese Leonardo da Vinci 
(Abb. 12) in seinem unvollendeten Gemälde der 
Anbetung der Könige in Florenz von 1481 (Abb. 12). 
Der König zur Linken Marias ist mit Kopf und 
Oberkörper tief zu Boden geneigt, den er küßt. Er 
führt die letzte und höchste Stufe der Proskynese 
durch. Der König rechts vorne kniet mit vorge- 
beugtem Oberkörper und aufgestützter Linker, 
seine Gabe dem Kind darbringend. Beide Könige 
wie auch der vorne links aufrecht kniende dritte 
befinden sich in einem gewissen Abstand von Ma- 
ria, so daß man an die bei dem syrisch-griechi- 
schen Sophisten des 2. nachchristlichen Jahrhun- 
derts Lukian angeführte Notwendigkeit des Ab- 
standnehmens bei der persischen Proskynese 
 
denken kann (Nigrinus Kap. 21). Leonardo bindet 
in die Universalität des Flenaissancebildes das an- 
tike Zeremoniell voll ein. 
Beherrscht dramatische Spannung das bezie- 
hungsreiche Bild Leonardos, so ist Giorgiones An- 
betung (Abb. 13) von ausgewogener Stille. Ge- 
trennt stehen die Gruppen der Heiligen Familie 
und der anbetenden Könige einander gegenüber. 
Der älteste König tragt semitische Züge. Er und 
der Jüngste König knien aufrecht in verehrender 
Haltung, wahrenddem der als Orientale darge- 
stellte dritte König aufrecht steht. Sie huldigen - 
aber nicht in der Tradition antiken Hofzeremo- 
nieils, sondern als die Vertreter der Weit. Diese 
Form stiller Anbetung, in sich gekehrter Ruhe und 
Sammlung vor dem Allerheiligsten charakterisiert 
auch das Bild des Hugo von der Gces (Abb. 1). Ei- 
ne Verbindung des in sich gekehrten Anbetungs- 
typus mit den auf die Antike zurtickführenden Dar- 
stellungen der italienischen Renaissance schafft 
Rogier van der Weydens Columba-Altar (Abb. 14). 
An italienische Vorbilder anknüpfend, wird der Be- 
such der Könige und ein Teil ihres Gefolges darge- 
stellt. Der erste König küßt kniend, weit sich nach 
vorne neigend, die Hand des Kindes. Der zweite 
König sinkt zum Kniefall nieder. Das Bild erfahrt
	        
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