London: Von lngres bis Picasso und
Cezanne: Französische Gemälde und
Handzeichnungen des 19. und 20. Jahr-
hunderts. Herbstausstellung bei The
Lefevre Gallery, London W. I., 14. No-
vember bis 19. Dezember 1963, Die
Ausstellung umfaßte 40 Exponate. die
die Strömungen der französischen Kunst
des zur Diskussion stehenden Zeitab-
schnittes verdeutlichten, Porträts -
vornehmlich Bleistiftzeichnungen - von
Chasseriau und lngres. Illustrationen
von Constantin Guys waren gewisser-
maßen ein Präludium zu großartigen
Landschaftsgemälden von Carot, Jong-
kind. Pissarro, Renoir, Monet und Sisley.
Sladlansichten von Utrillo. eine An-
sicht von Klippen und Felsen von Redon
sowie Landschaften von Vuillard und
eine für den letztgenannten Künstler
besonders charakteristische Portrötstu-
die einer Frau ergänzten das Bild. Von
Picasso gab es die Bleistiftzeichnung
eines bärtigen Mannes von 1903.
Als Vertreter der französischen Ro-
mantik wurden Zeichnungen von Geri-
cault und Delacraix gezeigt; besonderes
Interesse erweckten drei Zeichnungen
von van Gogh (eine davon nach Millet.
die andere nach Holbein !), Das Aquarell
von Cezanne. ..Apotheose de Dela-
croix". war u. a. auch bei der großen
Wiener Cezanne-Ausstellung zu sehen
gewesen. Ebenso gehörte Pierre Bon-
nards ..Place PigaIle" zu den promi-
nentesten der gezeigten Werke.
London: lm Vicloria Ei Albert Museum
war im Oktober und November eine
Ausstellung ..Opus Anglicanum" zu
sehen. Es handelte sich um die erste
internationale Schau englischer mittel-
alterlicher Slickereikunst. Etwa 17OStük-
ke aus 11 Ländern wurden gezeigt.
Englische Stickereiarbeiten waren var-
nehmlich im 13. und 14. Jahrhundert
ein äußerst beliebter Exportartikel in
ganz Westeuropa. Das Vatikan-Inventar
von 1295 zählt weit mehr Stickereien -
.,opus angticanum" - aufals Exemplare
anderer kunstgewerblicher Produkte.
Die Hauptmasse der Produktion stammt
aus Londoner Manufakturen, das ein-
zige signierte Stück der Kollektion
wurde allerdings von einer Nonne an-
gefertigt, Die Stickfäden waren zu-
meist aus Seide, zum Teil auch mit
Silber- und Galdfoliierung. Perlen und
Edelsteine wurden eingearbeitet. Die
Einbeziehung kostbarer Materialien
Iößt darauf schließen, daß solche Ar-
beiten vielfach als Kapitalsanlage dien-
ten. In ihrer Mehrzahl waren die Stik-
kereien allerdings dazu bestimmt. Pa-
ramente zu schmücken. woraus sich
vielfach ihr bildhafter Charakter (Hei-
lige. Legenden) erklären lüßt.
Die wichtigsten Leihgaben kamen aus
dem Vatikan, Pienza. Bologna. Vich,
Wien und New York. die Leihgeber-
5')
AUSSTELLUNGEN
länder sind: Österreich. Belgien. Frank-
reich. Deutschland. Island, Italien. Spa-
nien, Schweden und die Vereinigten
Staaten. Selbstverständlich stammt We-
sentliches auch aus englischen Kirchen-
schützen und Museen.
London: Die Royal Academy zeigte im
Oktober im Burlington House ihr ge-
hörige Kunstwerke aus der Zeit vor
1850.
London: Im Commonwealth Institute
fand vom 19. September bis 13. Oktober
die erste Commonwealth-Biennale für
abstrakte Kunst statt, 16 Künstler aus
Mitgliederstaaten des Commonwealth
und 11 englische Künstler nahmen an
der Veranstaltung teil. Unser Photo
zeigt eine Ausstellungskoje mit Gemal-
den des neuseeländischen Malers James
Boswell. (Abb. 5)
5
Zürich: In der ersten Septemberhölfte
wurden im Rahmen der British lndustrial
Fair auch eine Kollektion moderner
Silberschmiedearbeiten und Juwelen
gezeigt. (Abb. 6)_
Berlin-Charlottenburg: Mitte Oktober
wurde eine Ausstellung im Schloß er-
öffnet, die des zweihundertjährigen Be-
standes der Berliner Porzellanmanu-
faktur als eines staatlichen Institutes
gedachte. Nach seiner Heimkehr vom
Siebenjährigen Krieg. am 19. Septem-
ber 1763. hatte Friedrich II. dem Ber-
liner Kaufmann Friedrich Ernst Gotz-
kowsky dessen .,aechte PorceIaine-
Manufacture" nebst einer Belegschaft
von 146 Arbeitern. 10000 weißen und
4866 bemalten Porzellanobjekten ab-
gekauft.
Die Porzellanherstellung als solche war
in Berlin schon 17. Jahre vor diesem
Zeitpunkt durch Wegely aufgenommen
worden. Die Ausstellung im Charlotten-
IN ALLER WELT
burger Schloß gab Aufschluß über die
Stilgeschichte des Berliner Porzellans;
von den ersten. noch an Meißen sich
anlehnenden Figuren Wegelys über die
seltenen Stücke aus der kurzen Zeit
Gotzkowskys. von den kostbaren Tafel-
servicen der friderizianischen Zeit (das
herrliche ,.Bleu Mourant"l) über die
klaren Formen des Klassizismus. von
den Berliner und Potsdamer Prospekten
auf Tassen und Vasen des Bieder-
meiers bis hin zu den Versuchen der
zwanziger Jahre, eine neue Sachlich-
keit auch im Porzellan zu gewinnen.
Heute umfaßt die Produktion von KPM
sowohl die Nachbildung historischer
Service und Figuren als auch industrielle
Porzellane.
Berlin. Schloß Charlottenburg: Anlüß-
Iich der Berliner Festwochen fand im
Oktober eine Ausstellung ..Die Ile de
France und ihre Maler" statt, die von
der angesehenen Wochenschrift ..Die
Zeit" als ..eine der schönsten Aus-
stellungen, die es seit Jahren gegeben
hat" gekennzeichnet wurde. Man sah
über 60 Meisterwerke der Malerei des
19. und frühen 20. Jahrhunderts, der
Bogen reichte zeitlich von Corot und
die Angehörigen der Schule von
Barbizon über die lmpressionisten hin-
weg bis zu Cezcinne. van Gogh.Gauguin
und Vlaminck. Die Idee. eine Land-
schaft zum Thema einer Ausstellung
zu machen und damit das Topographi-
sche zu betonen. stammte von Professor
Reidemeister. dem Generaldirektor der
Berliner Museen.
Hamburg: Die erste deutsche Aus-
stellung futuristischer Malerei erregte
die Gemüter. Es ist das Verdienst des
Kunstvereins. "Futurismus und pittura
metafisica - Italien 1905-1925" nach
Hamburg gebracht zu haben. Der
Katalog weist auf die erstaunliche Tat-
sache hin. daß bis zum heutigen Tag
keine deutschsprachige Publikation zu
dem Thema vorliegt. Carra, de Chirico.
Balla, Boccioni. Rosai. Severini, Rus-
solo - sie alle konnten in Hciuptwerken
versammelt werden: Hamburg hat sich
seine .,Beunruhigenden Musen" (de
Chirico) redlich und hart verdient.
Hannover: Am 17. November wurde
im Kunstverein eine Ausstellung des
Gesamtschaffens von Karl Schmidt-
Rottluff eröffnet. Der Künstler. einer
der Mitbegründer der Gruppe ..Die
Brücke", in deren Mitte der Expressio-
nismus geboren wurde, vollendet 1964
sein 80. Lebensjahr. lm Anschluß an
Hannover wandert die Ausstellung ans
Falkwang-Museum in Essen. zum Frank-
furter Kunstverein und schließlich in
die Akademie der bildenden Künste in
Berlin.
Karlsruhe: Bis 17. November war eine
hochbedeutsame Ausstellung von Beck-
mann-Portrüts geöffnet. Sie umfaßte.
von Dr. Klaus Gallwitz sorgfältig ge-
plant, 72 Gemälde van 41 Leihgebern
und über vierzig zu den einzelnen
Bildern gehörenden Vorstudien. meist
Zeichnungen. aber auch bildmößig aus-
geführte Aquarelle. Gouachen und
Pastelle. Sie stammen zu einem großen
Teil aus amerikanischen Museen. Pri-
votsammlungen (zwölf) und dem Nach-
laß im Besitz von Frau Mathilde Qu.
Beckmann in New York, der zweiten
Frau des Malers.
Die Frühzeit ist in der Hauptsache
durch Bildnisse aus dem Besitz von Frau
Minna Beckmann-Tube-Gauling. der
ersten Frau des Malers, und dem Sohn
Dr. Peter Beckmann, die beide von
München zur Eröffnung gekommen
waren, vertreten. Das riesige. Fragment
gebliebene Auferstehungsbild aus den
Jahren 1917118 wurde zum erstenmal
in der Öffentlichkeit gezeigt.
Köln: Am 14. Oktober 1963 wurde im
Gürzenich die Ausstellung .,Monumenta
ludaica - 2000 Jahre Geschichte und
Kultur der Juden am Rhein" eröffnet.
Gezeigt wurden ausschließlich histo-
rische Denkmäler, darunter auch Zeug-
nisse des Antisemitismus und des jüdi-
schen Alltagslebens. Im Mittelpunkt
standen die Themen: Jüdische Geistes-
geschichte, jüdische Künstler, Wissen-
schcifter und Schriftsteller. Geographisch
umfaßte die Ausstellung den Lauf des
Rheins von Basel bis Emmerich. doch
die Exponate wurden zum Teil von
fernen Ländern. u. a. auch aus New
York. San Francisco. Jerusalem und
Moskau herbeigeholt. Ein besonders
reizvolles Stück jüdischer Volkskunsl
befindet sich in der Abteilung "Das
jüdische Jahr". eine Laubhülte. Sie ist
um 1825 von einem bäuerlichen Dorf-
schreiner im augsburgischen Schwaber
errichtet worden. Die Familie des
Eigentümers hat sie viele Jahrzehnte
benutzt, bis sie wegen Baufülligkeit au
den Heuboden kam. In einer Nach
des Jahres 1938 wurde sie in Teilt
zerlegt, ist illegal nach Jerusalem ge
langt und befindet sich heute im Na
tianalmuseum Bezalel. Idyllische deut
sche Landschaftsszenen des heimischer
Lebens sind in den Malereien diesei
Hütte mit den Bildern des jüdischer
Ritus vereinigt.
München: Mitte Oktober wurde in
"Haus der Kunst" die große Georges
Braque-Ausstellung mit etwa 300 Ge
mälden. Graphiken, Plastiken unrl
Illustrationen eröffnet. Die Ausstellunü
wurde unfreiwilligerweise zu einer
posthumen Ehrung des Künstlers. der
neben Picasso einer der Väter dCS
Kubismus war. Die Varbereitungsor-
beiten reichten noch tief in die Lebens-
zeit des Künstlers zurück und wurden
etwa zwei Jahre vor seinem Tod i"
Angriff genommen. Köllßl