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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 83)

lruno Thomas 
)ie Wiener Tapisserien mit den Taten 
les Dom joao de Castro in Indien 
und weitere Portugalensia in Wien 
is gibt Hauptwerke der Kunst, deren Ent- 
tehung und deren Geschichte in allen Einzel- 
eiten wohl dokumentiert vor unseren Augen 
tehen. Und es gibt Meisterwerke, die trotz 
ller Anstrengungen der Forschung von un- 
lurchdringlichen Geheimnissen umgeben sind 
.nd bleiben, die uns Rätsel aufgeben, die wir 
nicht zu enthüllen vermögen. 
Zin solches ratselhaftes Werk ist eine der 
Costbarkeiten des Kunsthistorischen Museums 
n Wien: die Folge von zehn monumentalen 
Üapisserien, darstellend den Triumph des Dom 
oao de Castro (Lissabon 27. II. 1500-6. VI. 
548 Goa), seit 1545 der vierte Vizekönig von 
ndien unter König Johann III. von Portugal 
geboren 1502, König 1521, gestorben 1557). 
iie werden im Inventar der Wiener Gobelin- 
iammlung geführt, die ein Teil der Sammlung 
ür Plastik und Kunstgewerbe ist. Ausgestellt 
ind sie in ihrer ganzen Gesamtlänge von 
-3 Metern in der Neuen Burg. 
Sie entfalten eine strahlende Schönheit in 
Formen und Farben. Der Reichtum ihrer 
Darstellungen ist überwältigend. Jede Einzel- 
heit der Landschaft und der Personen, ins- 
besondere ihrer Kostüme und ihrer Bewaffnung 
ist mit bewundernswerter Genauigkeit wieder- 
gegeben. Ein faszinierendes Panorama rollt 
vor den Augen des Betrachters ab. Es enthält 
dramatische Ereignisse von höchstem ge- 
schichtlichem Rang, kriegerische Szenen von 
heldischem Glanz und von bitterem Elend, 
theatralische Vorführungen und idyllische 
Szenerien. 
Die Darstellung ist von so lebendiger Wirkung, 
als hätte sich alles erst gestern ereignet. Der 
virtuose Stift des Zeichners, den ein klarer 
Geist und ein untrüglicher Beobachtungssinn 
auszeichnen, hat an Ort und Stelle eindring- 
liche Skizzen festgehalten. Sie wurden in 
Europa zu den großen Kompositionen der 
Kartons verdichtet. Der Tapissier, der Wirker 
der Wandteppiche, hat darnach mit Hilfe 
seiner unerhört reichen und reinen „Pall 
an farbigen und an Goldfäden seine t 
Behänge für die Palastwände seiner Auf 
geber als greifbar lebendige „Gemälde 
prunkvollen Rahmungen ausgeführt. 
In jeder Phase der komplizierten Entstel 
des Kunstwerkes haben bedeutende M: 
gewirkt. So eingehend, umfassend und 
kend, wie sie die Geschehnisse schildern, 
kein Kriegsbetichterstatter unserer Tage, 
wenn auch die modernsten Mittel der Tec 
ihm zur Verfügung stehen, ein derar 
Geschehen in ein Bild bannen. Bei d 
Tapisserien erwächst die Anschaulichkeh 
dem hingebungsvollen Studium des De 
aus der konzentrierten Raffung der Ereigi 
mit anderen Worten aus der geistigen D1 
dringung des Vorganges, aus der küi 
rischen Fähigkeit zum tief gestaffelten 
bau, zur überschaubaren, gebauten K01 
sition. 
Man entwarf im 16. Jahrhundert der lel
	        
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