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die Säulen und das Gebälk. Den Eingang zum Allerheiligsten 
umgaben andere Schutzgöffer (Dvarapala, Kat. 303 b) und Stitter- 
figuren mit ihrem Gefolge fächerschwingender Frauen (Camara- 
oder Cauri-Trägerinnen), die Planetengötter (Navagraha), Lie 
bespaare (Mifhuna, Dampati, Kat. 263) und himmlische Musi 
kanten (Gandharva und Kimnari). Paläste wurden mit ähnlichen 
Figuren geschmückt, jedoch nur von ein paar Göttern als Schüt 
zer des Hauses, besonders Sri-Lakshmi (Göttin des Glücks, Reich 
tums und der Schönheit), Ganesha (Beseitiger aller Schwierig 
keiten), Durga (-= Kotadevi, die Schlohgöttin), Krishna mit sei 
ner Geliebten Radha (das göttliche Liebespaar), Liebespaaren, 
Apsaras und Gandharven, Tänzerinnen und Symbolen des Glücks 
(Schwäne = Hamsa, Wassergefäfje und Blumentöpfe = purna- 
kalasha, Lotusblumen = padma, Blumenranken =, kalpalata, 
Svastikas, Mädchen unter Bäumen = Vrikshaka, Salabhanjika 
usw.) oder der Macht (Löwen = simha, Elefanten = gaja, Kro 
kodile makara und Phantasiewesen wie vyalis). Auch ein 
zelne Bauglieder wurden reich verziert. Die Säulen, erst recht 
eckige Pfeiler oder runde Schäfte in Tontöpte gestellt, entwik- 
kelten sich bald zu komplizierten Gebilden, von vier- zu acht- 
und sechzehneckigen Pfeilern und Rundschäften übergehend, von 
„Kissen"- oder „Glocken"-, dann von Blumentopfkapitälen ge 
krönt, von Perlenketten und Blumenranken umwunden, von Rei 
tergruppen, Liebespaaren, fliegenden Göttern gekrönt, schließ 
lich in Miniaturtürme, in deren Stockwerken Nymphen tanzen, 
oder in von Miniatursäulen, sich bäumenden Löwen und Elefan 
ten, Reitern und mancherlei anderen Reliefs umlagerte Pfeiler 
sich auflösend. Gleichermaßen wurde das Gebälk als Miniatur 
häuser und -kapellen, die Karniese als ebensolche Häuschen tra 
gende Sonnendächer, die Dachgeschosse als Etagentürme von 
solchen Häuschen, Kuppeln, Dachfenstern, alle mit Figuren be 
deckt, ausgestattet. Die islamische Kunst aber überzog Wände, 
Pfeiler, Bögen, Dome teppichartig mit vielfarbigen geometrischen 
Ornamenten und Arabesken, gemalt, in Stuck geschnitten oder 
aus verschiedenfarbigem Gestein zusammengetügt. Erst spät 
übernahm auch sie die Hindu-Freude an saftigen Pflanzentormen 
und bildete Lotussäulen, Lotusdome und blumengefaßte Bögen 
aus. 
Die Bildnerei und Malerei: 
Allein die Baukunst eröftnete so dem Bildhauer und Maler ein 
außerordentlich weites Wirkungsteld. Dazu kamen noch die bron 
zenen Prozessionsbilder, die zahllosen kleinen Hausgötterbilder, 
meist ebenfalls aus Bronze, die Lehmbilder für verschiedene Feste 
(welche danach ins Wasser geworfen werden), tönerne Idole und 
Spielsachen, Terrakottareliets für kleinere Tempel, mit Figuren ge 
schmückte Standartenspitzen, Spiegel, Juwelierarbeiten usw. Die 
Maler ihrerseits hatten nicht nur die Wände der Tempel, Paläste 
und Kurtisanenhäuser mit Fresken aus der Mythologie und den 
Epen zu schmücken, sondern auch Palmblatt-, später Papiermanu- 
skripfe zu illustrieren, Porträts aut Holzbrettchen und Papier und 
größere Gemälde auf Baumwollstoff auszutühren. 
Der Steinbildhauer entwarf meistens seine Figur erst mit dem 
Pinsel auf der Außenseite des Steins, bevor er diesen wegzu 
arbeiten begann. Den Tempeln wurden die Statuen und Reliefs 
nicht angefügt, sondern diese wurden, nachdem der Steinmetz sie 
schon im groben angelegt, direkt aus der Wand herausgearbeitet. 
Daher sind in unseren Museen die leicht transportablen Kultbilder 
(murti) viel häutiger als die unendlich zahlreicheren, aber fast 
unentfernbaren anderen Skulpturen. Bronze, aus acht Metallen 
gemischt, später Messing, wurde im Ä-cire-perdu-Prozeß ge 
gossen. Gemälde wurden in Fresco-secco-Technik direkt aut der 
Wand oder aut einem feinen Kalküberzug über das sehr grobe 
Papier mit Stein- und Pflanzentarben ausgeführt. 
Obwohl mit dem Zeichnen nach der Natur wohlvertraut, arbei 
teten sie jedoch im allgemeinen aus der Erinnerung, idealisierten 
die Figuren und stilisierten sie in der Tanzkunst entnommenen 
Posen und Gesten. Die Lebendigkeit der indischen Figurenkunsl 
beruht einerseits aut einer geradezu taktilen Sensualität, zum an 
deren auf einer sehr ausdrucksstarken Rhythmisierung, einer eben 
so sensitiven Empfindungswiedergabe durch die Haltung von Kör 
per, Kopf, Händen und einer edlen, wenn auch manchmal lang 
weiligen Physiognomie. Derber Realismus, oft ins Groteske ge 
steigert, war durchaus bekannt, wurde aber nur für Volksszenen, 
Dämonen usw. angewandt. Die Landschaft wurde meist nur an 
gedeutet, erst seit dem 17. Jahrhundert unter europäischem Ein 
fluß mehr ausgearbeitet. 
Von der älteren Malerei sind uns nur Fragmente erhalten, zu 
Bagh, Ajanta (Kat. 341—352), Badami, Kancipura, Sittanavasal 
usw., oder aut Metall und in Stein eingraviert; aus dem Mittelalter 
haben wir neben den Fresken von Tanjore, Lepakshi, Kanci usw. 
auch buddhistische und Jaina-Palmblattmanuskriple. Die über 
wältigende Mehrzahl der noch vorhandenen Werke stammt aber 
aus der Zeit vom 15. Jahrhundert an, vor allem aus dem 17. bis 
19. Jahrhundert. Neben historischen Porträts und oft einzigartigen
	        
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