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Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 2: Hochbau und Architektur, Plastik und Kunstsammlungen

Gewerbliche Lehranstalten. 
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Abb. 312. Technologisches Gewerbemuseum. 
aufgezählt. Es sind Ausnahmen, bei denen eine gottbegnadete Begabung den Schulsack überbot. 
Während das Fabriks- und Verkehrswesen durch die ihm direkt dienenden Lehranstalten über 
wissenschaftlich ausreichend vorgebildete Kräfte verfügte, blieben die Gewerbebetriebe und 
die Handwerksstätten, ohnehin hart bedrängt durch die Fabrikskonkurrenz, ganz ohne jede 
Hilfe von außen. 
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man ziemlich allgemein im mittleren und 
westlichen Europa die dringende Notwendigkeit, dem, was vom Gewerbe und Handwerk 
übrig geblieben war, zu Hilfe zu eilen. Zuerst waren es die gewerblichen Fortbildungsschulen, 
allgemeine und fachliche, die den für das Gewerbe bereits gewonnenen Knaben oder Mädchen 
eine Ergänzung der Volksschullehrfrüchte im Hinblicke auf allgemeine Bildung und eine Er 
gänzung der in der Meisterlehre mühselig und oft in unzureichendem Maße erlangten Routine 
in fachlicher Richtung zu bieten geeignet waren. Dem Zeichnen wurde das Hauptaugenmerk 
zugewendet, mit Recht, denn die Meisterlehre befaßte sich nicht damit. Dann bemerkte man 
auch andere Mängel. So war die Aufstellung von Voranschlägen, die sogenannte Kalkulation, 
eine der Hauptgrundlagen der Geschäftsabschlüsse in einer Fabrik, im Werkstättenbetriebe des 
kleinen Unternehmers, des Handwerkers, fast gänzlich unbekannt. Sie wurde nie erlernt, oder 
ging verloren. Ähnliches kann man von der Buchhaltung sagen, ohne die ein größerer Betrieb 
schon wegen der bestehenden gesetzlichen Forderungen undenkbar ist. Das waren die auffälligsten, 
die empfindlichsten Mängel, die dem rückständigen Gewerbe anhafteten. Man hatte sie, wie gesagt, 
im Anfang der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannt und suchte ihnen durch die gewerb 
lichen Fortbildungsschulen abzuhelfen. Aber diese Maßregeln reichten nicht aus. Jene Gewerbe 
richtungen, welche auf mechanisch-technischer oder chemisch-technischer Grundlage beruhen 
oder durch die Ergebnisse der Naturwissenschaften beeinflußt werden konnten, oder den 
großindustriellen Betrieben als Hilfswerkstätten dienstbar waren, bedurften der ausgiebigen 
Zufuhr wenn auch elementarer technischer Kenntnisse, die im Wege der Fortbildungsschule 
nicht geleistet werden konnte. So entstand mit einer gesteigerten Einbeziehung aller graphischen 
Fächer die Tagesschule für den gewerblichen Nachwuchs unter der Bezeichnung Gewerbe 
schule, Gewerkenschule, oder Handwerkerschule, oder gewerbliche Fachschule. Unter diesen 
trat der Zahl und Bedeutung nach, vielleicht mit einer Überschätzung des natürlichen Bedarfes, 
die kunstgewerbliche Fachschule, welche zur besonderen Pflege eines einzelnen oder einer 
Gruppe von Kunstgewerben bestimmt ist, in den Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit 
und der Fürsorge der Gesellschaft und der Regierung. Nach dezennienlangem und belobtem
	        
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