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dachte dies schon, als ich mit ihm Mitte der
dreißiger Jahre bekannt wurde, durch meine Teil
nahme an seinen Kursen in Chicago. Was ich
von Joseph Binder lernte, in einer Zeit, da von
meiner eigenen ästhetischen Überzeugung noch
viel zu verwirklichen war, veranlaßte mich, mein
Leben und dessen Richtung zu verändern. Was
mich am meisten beeindruckte, war die Tiefe
der Beobachtung und des Verständnisses, wel
che Professor Binder erreicht hatte.
Nichts in seiner Kunst beruhte auf einem ober
flächlichen Effekt, sondern nur auf der direkten
Kommunikation mit den höchsten Ansprüchen
seiner selbst. Hoffentlich übersehen die mehr
,erd-gebundenen‘ Künstler nicht die Tatsache in
der Kunst Joseph Binders, die ,große Seele' zu
entdecken, der ungestört die Aufgabe obliegt,
Ordnung aufrecht zu erhalten, was andererseits
nichts als Chaos sein würde." (Dale Nichols,
Antigua, Guatemala 1965)
,,Aus den Zeichnungen kommt die Kraft der ver
einfachten Formen und die Idee von Licht. Hier
sind Zwei, es sind Zwei in Einem", sagte Hans
Hofmann über die für die Ausstellung vorberei
teten Monochrome-Pastelle (15. April 1964), und
er versuchte, einen Vergleich mit den Arbeiten
anderer Künstler zu finden. Zuerst dachte er an
Rothko, dann an Tobby.
,,lhre Pastell-Zeichnungen sind archäisch."
(Louis Pregartbauer, Wien 1964)
„Binders Arbeiten in ihrer Kraft und Kontrolle
integrieren sich mit den wissenschaftlichen und
technologischen Errungenschaften der westli
chen Welt. In unseren Diskussionen in Wien in
den dreißiger Jahren hatte Binder immer einen
sehr positiven Standpunkt in dieser Hinsicht.
Die meisten Künstler sind antagonistisch gegen
die westliche Gesellschaft und ihre Zivilisation
eingestellt. Die von Heidegger und Husserl ent
wickelte ,Phänomenologie', wo alle etablierten
Begriffe vom Wort abgestreift werden, bis die
Essenz des Wortes klar zum Ausdruck kommt,
diese Essenz finde ich auch in Binders Kunst
wahrnehmbar, sich von allem bisherigen Wissen
und Kenntnissen zu trennen. Ich sehe keine Ver
bindung mit irgend einer anderen Kunst, die ich
bisher kennen lernte. Ich habe nie etwas Ähn
liches gesehen." (Dr. Rollo May, New York,
2. Mai 1964)
,,Binder ist etwas ganz Spezielles. In deinen
Bildern hast du erreicht, ,Das Nichts' zum Aus
druck zu bringen und ihm Form zu verleihen."
(Ein Freund)
Die Berichte der Tageszeitungen anläßlich der
Ausstellung ,,Binder new york, nonobejctive art"
im österreichischen Museum für angewandte
Kunst, Wien 1972, betonten den ,,designer" und
Raumgestalter Binder:: „ ... diese Ausstellung
hatte Binder noch selbst kurz vor seinem uner
warteten Tod in der Nacht vom 25. zum 26. Juni
1972 konzipiert und im Modell erstellt. In der
räumlichen Gliederung und farbigen Abfolge der
Bilder kann sie als Musterbeispiel optimaler Aus
stellungs-Gestaltung, bei der einfach alles un-