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Am nächsten Tag erreichen wir die dichten Wäl
der, umgeben von den Rocky Mountains. Die
enorm hohen Nadelbäume erinnern uns an die
heimatlichen Wälder. Mein Freund erzählte uns,
daß die Wälder im nördlichen Teil des Staates
Michigan ebenso dicht waren, so dicht, daß man
von den Sägespänen der umgeschlagenen
Bäume Straßen baute.
Endlich sahen wir den gigantischen „Grand
Canyon“ vor uns. Das Hotel ,,Harvey“, in wel
chem wir wohnten, ihm Stil der „Log Cabins“
gebaut, mit der direkten Aussicht auf den Grand
Canyon. Der Canyon ist dort 14 Meilen breit, und
man kann hinunter zu dem Colorado-Fluß, der
dort 300 Fuß breit ist, auf Mauleseln reiten, von
Cowboys begleitet. Eine Hängebrücke über
quert den Fluß. Dieses gesamte gigantische Ge
biet, 275 Meilen lang mit 17 Canyons, wurde
1919 ,,National Park“.
Das Panorama vom Hotel aus bei Sonnenunter
gang gesehen, ist atemberaubend in seinen
Schattierungen von leuchtendem Rot und tiefem
Blau. Das Plateau auf der Höhe des Hotels sieht
wie von einem Messer gerade geschnitten aus.
Die Führer der Reitexkursionen arbeiten auf den
nahe gelegenen Ranches, die bis zu 5000 Mor
gen groß sind. Ihr Monatsgehalt sind 60 Dol
lars. Sie können Vieh und Grund von dem Ran
cher kaufen. Trotz der Mechanisierung kann der
Cowboy nicht ersetzt werden.
Wir überlegen vorsichtig die Weiterreise durch
die Mojave-Wüste. Wir wollen während der Nacht
reisen, um die Tageshitze zu vermeiden. Die
letzte Stadt, Prescot, überrascht uns durch ihre
Wohlhabenheit und Gepflegtheit, eine Stadt des
Bergbaues, man kann die Gesichter aller Natio
nen sehen ... Wir kommen in der Nacht in Wik-
kenburg an, riesige Palmen und turmhohe Kak
teen. Wir versorgen uns mit Getränken, um nicht
in der Wüste unter Durst leiden zu müssen. Der
Batterie-Anschluß wird überprüft und uns ge
raten, die Fahrt nicht zu unterbrechen, um ein
neues Starten zu vermeiden. Wir setzen mit gro
ßer Geschwindigkeit unsere Reise fort, in star
kem Wind, dessen Heulen im Wagen deutlich
vernehmbar ist. Die Sodawasserflaschen rollten
vorwärts in unser Genick. In der Anspannung
vergessen wir durstig zu sein. Ein geisterhaftes
Gefühl überkommt uns, wir sehen in dem klaren
Mondlicht riesenhafte Wasserflächen. Mit einem
tiefen Atemzug der Erleichterung stellen wir am
frühen Morgen fest, daß wir in San Bernadino,
nahe unserem Ziel, sind. Wir genießen die fried
liche Stille der Morgenstunde, es ist 5.30 Uhr,
als wir in Los Angeles ankommen.
Zur Zeit meiner Lehrkurse unterrichtete auch
der Bildhauer Archipenko an der Chouillard
School of Art. Auffallend waren die Kurse für
Mode- und Kostümzeichnen, welche ich in kei
nem anderen Schulprogramm gesehen habe
und welche offenbar eine lokale Anpassung an
das nahe Hollywood waren.
Wir besuchten Ernest Dryden, welcher für Fritz
Lang die Ausstattung des Filmes „Prisoner of