46 FÄRBEX DER PERSISCHEN TEPPICHE.
Die Formeln für Farbenbereitung und deren Mischung
sind nicht, wie in Europa, chemisch fixirt und in Fach¬
schriften niedergelegt, sondern sie beruhen auf Anwei¬
sungen und auf Erfahrungen, die mündlich vererbt, vielleicht
durch Jahrtausende sich erhalten haben. "Werden nun bei
Kriegen die Meister, d. i. die Bewahrer der Tradition ge-
tödtet, ihre Werkstätten zerstört, so gehen damit auch ge¬
wisse Industrien, die auf Geschicklichkeit und krfahrung
einzelner Künstler und Meister basirt sind, zurück oder gänz¬
lich verloren.
Auch darf man den üblen Einfluss europäischer Muster
und europäischer Anweisung nicht übersehen. Der persische
Teppichweber, der mit der einen kaum bekannt, die andere
nicht versteht, wird in seinen Traditionen irre und glaubt
nachahmen zu müssen; so verliert er die Sicherheit, die ihn
früher rastlos und unbeirrt nach alten Vorbildern fortschaffen
liess. So erleben wir das merkwürdige Schauspiel, dass,
während in Europa seit der Ausstellung 1873 die orientalische
Art der Teppichmuster und Farbenzusammenstellung vor¬
herrschen. die Asiaten wieder zu ihrem Schaden europäische
Musterung vorziehen.
Gehen wir nun zur Färberei über, so müssen wir vor
Allem constatiren, dass sämmtliche Farben vegetabilischen
L rsprungs sind, mit etwaiger Ausnahme des essigsauern und
schwefelsauern Eisens zur Schwarzfärbung; sie finden sich
zumeist im Lande, theils werden sie von Indien (curcuma,
gummi-lacca, Indigo, Zapanholz), theils von Mexico (Coche¬
nille) eingeführt. Die einzelnen Farben werden in Städten
theils in kleinen Etablissements für die Consumenten, theils
von Nomadenweibern für den localen Gebrauch bereitet. Nicht
also in der Substanz der Farbe, sondern in ihrer Mischung,
I ixirung und ihrer Beständigkeit liegt das Geheimniss.
I eber diese Manipulation besitzen wir in Europa keine
genaue Kenntniss, da N.emand an Ort und Stelle Studien