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meist auch die Arten der dort fabricirten und in den Handel
gebrachten Spitzen zubenannt. Um dieselbe Zeit blühten in
Belgien, hervorgerufen durch die industrielle Thätigkeit der
Klöppelschulen der verschiedenen Frauenklöster, und besonders
in den Beguinagen der grösseren Städte, Spitzenmanufakturen zu
Brüssel, Mecheln, Gent, Brügge, Courtraj, Ypern, Binche im
Hermegau. Als Stapelplätze für Anfertigung und für den Han
del von werthvollen Spitzen, die trotz der französischen billigem
Concurrenz diesseits der Berge noch viele Bewunderer und Käufer
fanden, galten für Italien seit alter Zeit noch immer Venedig,
Genua, Mailand, ßagusa, Murano etc. Der Haupthandel wurde
besonders lebhaft in Novi um diese Zeit betrieben. Auch in
Spanien hielt sich im XVII. Jahrhundert die Spitzenfabrikatiön
noch immer auf der Höhe, und waren die Leistungen der kunst
geübten Spitzenmacherinnen, namentlich die aus Aragonien und Ca-
talonien, auf dem Weltmärkte unter dem Titel dentelles d’Espagne
sehr gesucht und beliebt.
Zur selben Zeit hatte auch in England, namentlich in den
Grafschaften von Bukingham, Bevor, Devon und Dorsey, eine
heimathliche Industrie festen Fuss gefasst, und, aufgemuntert
durch den grossen Absatz und die theuern Preise, die für aus
ländisches Spitzenwerk fortwährend von der englischen Aristokratie
gezahlt wurden, gelang es den englischen Industriellen, theils neu
erfundene, theils kunstreich imitirte Spitzen unter dem Kamen
dentelles anglaises als gesuchte Modeartikel mit Erfolg auf den
grossen Weltmarkt zu bringen. 1 )
Im Vorhergehenden -ist in kurz gedrängten Zügen der allge
meine Entwickelungsgang angedeutet worden, den die Spitzen
fabrikation von Italien aus über Spanien, Frankreich und Belgien
genommen hat. Schliesslich erübrigt noch die Frage: Wann, wie
und wo siedelte die Spitzenindustrie nach Deutschland und in
1) Vgl. hinsichtlich des Ursprungs und der Entwickelung der englischen
Spitzenfabrikation das vortreffliche Werk der Miss Bury Palliser, History of
lace, London 1865, das auch von der Gräfin Gedeon Clermont-Tonnerre im
Französischen erschien unter dem Titel: Histoire de la Dentelle, Finnin Didot
freres et Als. 56, rue Jacob. Paris 1868.