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und ist der Gesammtwerth der sächsischen Spitzenfabrikate in
letzten Jahren durchschnittlich zu l 2 / 3 Million Thaler jährlichs
anzuschlagen. Auch die böhmische Spitzen-Industrie erfreut sich
heute einer gleichen Bliithe, wie dies die grosse Zahl der auf
der Wiener Welt-Ausstellung exponirten böhmischen Spitzen in
reicher Abwechselung der Musterungen und der Technik bewies.
Was ferner zur Hebung und Pflege der heimathlichen Spitzenmai u-
factur das Genie und die Thatkraft einzelner Fabrikanten zu
leisten vermag, wurde uns einleuchtend, als wir erst vor wenigen
Wochen in den Verkaufslokalen von Stram.ileer et Meuter, Sedel-
meyer, Arnold in Wien jene reichhaltigen Lager der schönsten und
vortrefflichsten Spitzen eingehend in Augenschein zu nehmen
Gelegenheit hatten, die im Aufträge und nach den Mustervor
lagen der ebengedachten kunstsinnigen Industriellen von ausge
zeichnet geübten Spitzenmacherinnen im böhmischen Erzgebirge
in lohnender Konkurrenz mit französischen und belgischen Erzeug
nissen angefertigt wurden. Sicherlich wird die sächsische und
österreichische Spitzen-Industrie noch einer schöneren Zukunft
entgegengehen, wenn in der Folgezeit das gebildete Publikum den
bleibenden Werth, und die Gediegenheit kunstreich aus freier
Hand gearbeiteter Spitzen besser würdigen und anerkennen wird.
Am Schlüsse dieser geschichtlichen Notizen über den Ent
wickelungsgang, den die Spitzenfabrikation vom XVI. bis zum
XIX. Jahrhundert genommen hat, dürfte es hier am Orte sein,
noch einige allgemeinere Andeutungen über die Anlage und Ein-
tlieilung unserer Sammlung folgen zu lassen, deren einzelne
Bestandtheile im folgenden Katalog eine kurze Beschreibung gefun
den haben, üeberschaut man die Sammlungen der meisten, in
neuester Zeit entstandenen Kunst- und Gewerbe-Museen, Industrie-
Schulen etc., so stellte es sich alsbald heraus, dass man nicht
einmal den Versuch gemacht ,hat, die grossartige und reichhal
tige Industrie von Spitzen und Kanten in ihren vielgestaltigen
Arten und Abarten so in einer übersichtlich geordneten Samm
lung dem Studium und der Nachahmung vorzuführen, wie man
dies bereits bei andern industriellen Kunstzweigen mit Erfolg
begonnen hat. Man hat sich nämlich in den meisten Kunst-
und Industrie-Museen darauf beschränkt, eine Anzahl von älteren