Seite 146
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 16
So notierte man auf der Auktion der Bibliothek der
Kaiserin Maria Louise, die, wie es heißt, im
Aufträge des gewesenen Erzherzogs Franz Sal
vator von Oesterreich von Sotheby am 26. Juli
durchgeführt wurde, folgende Höchstgebote: 75 Pfd.
für die Bibliotheca classica latina sive Collectio
auctorum classicorum latinorum, 68 Pfd. für die Ge
schichte der österreichischen Maler von A. & C.
Kopp und 50 Pfund für die Memoires relatifs a
l’Histoire de France von C, B, Petitot.
Anschließend daran wurden bei Sotheby Ge
mälde ausgeboten, von denen die folgenden nennens
werte Preise (in Pfund) brachten:
9 Porträt des 1. Lord Baltimore von Dan,
Mytens 450
10 Gerard Soest: Porträt des 2. Lord Balti
more 4600
11 Sir G, Kneller: Porträt des 3. Lord
Baltimore 320
15 Porträt, angeblich Königin Elisabeth . . . 160
17 Muri 11 o, Rosenmadonna 120
22 Veronese: Rast auf der Flucht nach
Aegypten 540
25 Zuccarelli: Ital. Landschaft 105
38 T i e p o 1 o : David hält das Schwert . . . 105
41 Albertinelli: Jungfrau mit dem Kind 195
44 Hobbema: Landschaft mit Gehölz . . 1450
55 Pieter de Ho och: Taverne 145
67a De Keyser: Interieur 160
105 Allan de R a m s e y : Porträt der Comtesse
Orkney 105
Am 27. Juli hat bei Sotheby noch eine Ver
steigerung stattgefunden, bei der für eine Bronze
büste der Kaiserin Livia 1250 Pfund erlegt wurden.
C h r i s t i e hielt seine letzte Auktion schon
am 20. Juli ab, doch bot sie wenig des Bemerkens
werten, es sei denn, daß erwähnt werde, daß man
für eine schöne Uhr von Q u a r e in einem Schild-
krotkoffer, die im Juni 1912 im selben Saale zum
lächerlichen Preise von 39 Pfund losgeschlagen
wurde, diesmal 220 Pfund und für einen Chippenda-
Fauteuil, der im Jahre 1909 95 Pfd. kostete, jetzt
280 Pfd. zahlte.
Oesterreichs kirchliche JCunsL
Aus Anlaß des Katholikentages in Wien
ist da eine Reihe von Ausstellungen veranstaltet
worden, die Oesterreichs kirchliche
Kunst von 1680 bis 1880 veranschaulichen.
Am interessantesten ist die Ausstellung, die von
der Genossenschaft der bildenden
Künstler im Künstlerhaus arrangiert wurde.
Durch die Leihgaben, die die staatlichen Sammlun
gen, Stifte und Kirchen und der Privatbesitz zur Ver
fügung stellten, bietet diese Ausstellung einen Ueber-
blick über die religiöse Malerei und Plastik in den
beiden Jahrhunderten. Im Mittelpunkt der Werke
der Barockzeit steht der kostbare, bisher nie in
Wien gezeigte Zyklus monumentaler Gemälde von
Kremser Schmidt aus dem Benediktinerstift
S t. P a u 1 in Kärnten, Große Altarbilder von Maul-
b e r t s c h und eine glänzende Sammlung von
Zeichnungen der Barockmeister aus der
Albertina charakterisieren das 18. Jahrhundert
in seiner unerschöpflichen Produktivität und künst
lerischen Höhe. Der Klassizismus ist mit den besten
religiösen Werken Fügers vertreten. Die religiöse
Malerei des 19. Jahrhunderts ist durch Gemälde und
Zeichnungen der Nazarener Führich, Schef-
f e r und Kupelwieser, mit W a 1 d m ü 11 e r s
großartigstem religiösen Gemälde der Kreuzabnahme
und Werken von Danhauiser, S Leinde und
R a h 1 charakterisiert. Die kirchliche Architektur
des Jahrhunderts ist in Entwürfen und Zeichnungen
der Hauptmeister verfolgbar, während die kirch
liche Architektur des 18. Jahrhunderts in Photos
sichtbar ist.
In ihrer Gesamtheit zeigt diese Ausstellung das
religiöse Schaffen Oesterreichs in einer Darstellung,
wie sie in solchem Umfang noch nicht unternommen
worden ist.
In der Albertina wird die Marienverehrung
in der deutschen Kunst von der Gotik bis herauf zur
Romantik .gezeigt. Der erste Saal umfaßt kostbare
Einblattholzschnitte oberrheinisch-schwäbischer Her
kunft, aber auch steirische und donauländisch-mäh
rische Arbeiten. Im Saale II sehen wir grpße, be
deutsame Könner, wie den sogenannten Meister der
Spielkarten, den Meister E. S., besonders groß in
dem Einsiedelner Blatte, und schließlich Martin
Schongau er, den ersten zunftmäßigen deutschen
Maler und Graphiker, den bedeutsamsten Vorläufer
Alb-recht Dürers, der nicht nur mit seinem herrlichen
,,Marienleben“, sondern auch mit ganz hervorragen
den Einzelblättern vertreten ist. Im nächsten Saale
schließen sich Dürers Zeitgenossen und Schüler mit
bedeutsamen Arbeiten an, so einem schönen Flügel
altarentwurf von Hans Süß v. Kulmb'ach, mit
einem Marienbildnis Holbeins d. Ae., mit einem
großen und figurenreichen Holzschnitte Springin-
k 1 e e s und Arbeiten von B e h a m und Krug.
Hans Bald u n g, genannt Grien, zeigt in einer
Reihe schöner Blätter seine aus der Werkstatt
Dürers hervorgehende Kunst. Hans B u r g k m a i r,
H o 1 b e i n d. J. und besonders Albrecht A 11 d 0 r-
f e r mit seiner „schönen. Maria 1 *, sowie Lukas Cra-
n a c h sind wundervoller Ausklang der gotischen
Kunst, Uebergang zur Renaissance, die wieder von
der Barocke abgelöst wird.
An diesen bedeutsamen Teil der Ausstellung
schließt sich eine Abteilung „Deutsche Stät
ten der Marienverehrung“ an, in der der
Versuch unternommen wurde, in graphischen Blät
tern alle Stätten zu zeigen, Kirchen, Wallfahrtsorte
und Gnadenbilder, die der Marienverehrung im be
sonderen dienen.
Im Hagenbund sind religiöse Plasti
ken eingezogen, die zum Teil aus exklusivem Pri
vatbesitz stammen und bisher noch nie öffentlich
ausgestellt waren. Zum Schönsten gehört wohl die
Holzstatue der Herzogin Katharina von Öster
reich, der Gemahlin des Herzogs Rudolfs IV. des
Stifters, die als Maria mit dem Jesukindlein auf dem
Arm dargestellt ist. Ein effektvolles Gegenstück da
zu ist die stehende Maria mit dem Kinde in reicher
Achsenbewegung und Drehung. (Katalog Nr, 6.) Das
nackte Kind auf dem rechten Arm ist unten in ein