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Viele von Cottons Arbeiten setzten sich spielerisch mit aktu
ellen Ereignissen auseinander. Drei Tage, nachdem Neil Arm
strong und seine Kameraden von ihrem ersten erfolgreichen
Flug zum Mond auf die Erde zurückgekehrt waren, inszenierte
er ein Werk mit dem Titel The People’s Prick. In dieser Arbeit
erschien er beim People’s-Park-Aufmarsch in Berkeley in einem
Kostüm, das einen riesigen Penis darstellte. In dieser Verklei
dung - seine bekannteste aus dieser Zeit - fungierte Cotton
als lebendige Verkörperung der Seele des Parks und als Sym
bol der Vitalität des von der Universität überrollten Stadtteils,
in dem der Park sich befand. Er steckte eine Flagge in die Erde,
erklärte den Park zum Reich der 1-Magi-Nation und begrub
schließlich sein Kostüm dort in einer Zeremonie, die das Ende
einer Ära markierte.
Terry Fox kehrte 1969 nach San Francisco zurück, nachdem
er einige Zeit in Paris verbracht und dort im Mai 1968 aktiv an
den Studentenunruhen teilgenommen hatte. Seine Erfahrun
gen spielten in seinen aktivistischen Performances, die einen
Gegenpol zu den poetischen, nachdenklichen und meditati
ven Aspekten seines Werks darstellten, eine wichtige Rolle.
Im Gegensatz zu Cotton fand bei Fox keine dramatische Ent
wicklung von privaten zu öffentlicheren Aktionen statt. Er
begann schon sehr früh in seiner Laufbahn -1968 - mit einer
Reihe von Theaterstücken, die in und um San Francisco auf
geführt wurden. Einmal im Monat bestimmte Fox Zeit und Ort
und lud Leute als Zuschauer und Teilnehmer zu einem Event
ein, der den normalen Verlauf der Dinge an dieser Stelle störte.
In What Do Blind Men Dream? (1969) bat er beispielsweise
eine blinde Frau, ihren Stadtteil zu verlassen und einen Abend
lang an einer von ihm ausgewählten Straßenecke Akkordeon
zu spielen und zu singen. Bevor sie bereit war, ihr vertrautes
Umfeld zu verlassen, mußte Fox sich allerdings ihr Vertrauen
erwerben. Seine außerordentliche Überzeugungskraft spielte
auch eine wesentliche Rolle in dem Werk, mit dem er in der
New Yorker Kunstszene bekannt wurde.
Nach seiner Ankunft in New York im Sommer 1970 lebte er
in der Wohnung seines Freundes Robert Frank, dem Photo
graphen schweizerischer Abstammung, dessen berühmtes
Buch The Americans mit einer Einführung von Jack Kerouac
1959 erschienen war. Die Wohnung war in der Bowery und
inspirierte Fox zu einem Werk, in dem er versuchte, den fei
nen Unterschieden zwischen San Francisco und New York auf
den Grund zu gehen, ln Cellar (1970), einer Performance-Instal
lation, die im Juli in der Reese Palley Galerie präsentiert wurde,
benutzte er den Keller der neueröffneten Galerie als Perfor
mance-Ort und ignorierte die schönen weißen Ausstellungs-