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Mike Kelley, Indianana, Photo der Performance (mit Tony Oursler),
1978, L.A.C.E., Los Angeles
Panzerschiffschlacht im amerikanischen Bürgerkrieg aus
ging. Dazu schreibt Martin: »Flankiert von zwei Assistenten,
die mit Trommel und Dose das Donnern und Krachen von Kano
nenkugeln auf Eisen nachahmen, steht Kelley mit gespreiz
ten Beinen hinter einem Eimer. Über den Waden trägt er eine
Art erweiterte Flosenbeine aus Müllsäcken, die mit Schnüren
an seinem Gürtel befestigt sind. Diese merkwürdigen Flosen-
schützer, die ein wenig an Matrosenhosen, eher aber an ein
Flasher-Outfit erinnern, werden während der lautstarken
Ouvertüre an den Schnüren hochgezogen, und zum Vorschein
kommt an einem Bein eine Merrimac und am anderen eine
Monitor aus Pappe. Auf den Fl in weis, daß der Geschützturm
der Monitor in der Schlacht nicht funktionierte und das
Fensterchen mit eisernen Rolläden verschlossen war, folgt ein
Vortrag über räumliche und zeitliche Desorientierung. Mit
Augenbinde und Blindenstock imitiert Kelley den >sich wie wild
drehenden«, völlig ■desorientierten« Geschützturm und versucht,
seine Position zu bestimmen: ‘Monitor ist im Norden, Merri
mac im Süden. Aber zwei Himmelsrichtungen sind noch offen.
Was ist im Osten und was im Westen?«
In Indianana, das am 29. September 1978 im LAGE aufgeführt
wurde, benutzte Kelley das Modell eines spiralförmigen
Forts, das zum Schutz der Siedler im Indiana Territory diente,
sowie Zeichnungen von Bienenwaben dazu, um die Art von
Gemeinschaft und zentraler Kontrolle, die an den Besied
lungsgrenzen häufig zu finden war, zu veranschaulichen. Mit
dem Megaphon erläuterte er, wie sich Indianer und Siedler ver
hielten. Während es in seinen früheren Werken um räumliche,
perspektivische und klangliche Desorientierung gegangen war,
setzte sich Kelley in Indianana mit den komplizierten Struktu
ren sozialer Hierarchie auseinander. Wie die meisten Künst
ler in dieser Ausstellung beschäftigte er sich nur für eine
begrenzte Zeit mit der Performance und nutzte sie als Inspi
rationsquelle für Ideen, die in späteren Werken zum Tragen
kamen.
Für die Mehrzahl der Künstler in dieser Ausstellung stand die
Performance als Quelle kreativer Aktivität am Anfang ihrer Lauf
bahn. Die Performance, die im Objekt Gestalt annahm, be
freite das Denken der Künstler von den Fesseln der Tradition
und ermöglichte ihnen, sich mit so spannungsgeladenen
97 lbid.,S.61,63.