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Tatsumi Hijikata, Tatsumi Hijikata und die japanische
Revolution des Fleisches, 1968
Zero Dimension, Happening, ohne Titel, 1963
Theaterplakat: »Die Beziehung zwischen Mensch und
Objekt Ist voller tragischer Widersprüche. Entweder ver
sucht er vergeblich, sich durch seine Bewegungen vom
Boden abzuheben, um das Objekt zu erreichen, oder er
wird in seinen Bewegungen ganz vom Objekt kontrol
liert.« Um das Jahr 1961 inszenierte Hijikata splitternackt
ein mitternächtliches Happening auf einer Kreuzung im
Ginza-Viertel. Etwa zur gleichen Zeit machte Shuji
Terayama, dessen Stücke das Publikum miteinbezogen,
den Vorschlag, Bühnen auf der Straße einzurichten. Es
war allerdings die Gruppe Hi Red Center, die die
Straßenperformance bewußt als strategische Aus
drucksform einsetzte.
Die Gründung der Gruppe Hi Red Center 1962 durch Jirö
Takamatsu, Genpei Akasegawa und Natsuyuki Naka-
nishi fiel zeitlich in etwa mit dem Ende der »Yomiuri Inde-
pendant«- Ausstellungen zusammen. Die Künstler waren
bereits für eine Reihe von aktionsorientierten Objekten
bekannt: Takamatsus Schnur, die vom Ausstellungsort
ins Freie führte, Nakanishis Assemblage aus Wäsche
klammern und die Verpackungswerke von Akasegawa
(der den Neo-Dadaism Organizers angehört hatte) waren
bereits auf der »Yomiuri Independant«-Ausstellung zu
sehen gewesen. Noch bevor sie sich mit ihren Aktionen
als Gruppe begriffen, führten Akasegawa, Tatsumi Hiji
kata und Takumi Kazekura im August 1962 ein Hap
pening in einem Gemeindesaal in Kunitachi auf, bei dem
sie vor Publikum eine schier endlose Mahlzeit verzehr
ten. Im Oktober desselben Jahres stiegen Nakanishi und
Takamatsu, mit selbstgefertigten Objekten beladen, in
die Yamanote Linie in Tokio und inszenierten Hap
penings im Zug und auf dem Bahnsteig.
Der Name Hi Red Center ist ein englisches Akronym für
die Anfangsschriftzeichen der Namen Takamatsu, Aka
segawa und Nakanishi. Der Gruppe, die großen Wert auf
18 Dieses Happening wurde im Juni 1966 von George Maciunas
und anderen Künstlern auf der Grand Army Plaza (58th und Fifth
Avenue) in New York wiederaufgeführt. Fast zur gleichen Zeit
und unter dem neuen Titel Hotel Event wurde auch ShelterPlan
die Anonymität ihrer Mitglieder legte, gehörten auch
noch andere Künstler an. Ein Happening der Gruppe,
Miniatur-Restaurant, bestand darin, dem Publikum der
letzten »Yomiuri Independant«-Ausstellung 1963 Essen
auf Spielzeugtellerchen zu servieren. Solche Nachstel
lungen von Alltagssituationen wurden als »Agitationen«
bezeichnet. Im Mai des gleichen Jahres zeigten die Shin-
juku Daiichi Galerie und die Naika Galerie in Tokio unter
dem Titel »Mixer Plan« eine gemeinsame Ausstellung
der drei Künstler. Im Januar 1964 mieteten sich Mitglie
der der Gruppe in einem Zimmer im Imperial Hotel ein
und machten lebensgroße Blaupausen von Besuchern;
in Shelter Plan bauten sie ihren eigenen Bunker, und im
Juni präsentierten sie das Happening Grand Panorama,
bei dem sie die Galerie am ersten Tag der Ausstellung
schlossen, um sie am letzten Tag wieder zu öffnen. Im
Oktober warfen sie in Dropping Event Gepäck und
Leintücher vom Dach eines Gebäudes. In Bewegung zur
Förderung der Reinigung des Stadtgebiets (Seid
sauber!) gingen Nakanishi und fünf weitere Mitglieder
während der Olympischen Sommerspiele in Tokio ins
Ginza-Viertel und wischten Gehsteige und Kanaldeckel
mit Lappen ab. Dieses Happening, in dem sie in der
Art der Geisteskranken eine Straßenecke putzten, war
jedoch ihre letzte gemeinsame Aktivität als Gruppe.
(Dieses Event wurde später in New York von Fluxus-
Künstlern wiederholt.)i8
im Hotel Waldorf Astoria in New York wiederaufgeführt.
Bildmaterial dazu erschien in: Thomas Kellein, FLUXUS, London,
1995, S. 61-65.