MAK
Künstlers, die zur Reproduktion ideal geeignet waren, eine Fülle 
von Informationen, die den Reproduktionen der Werke fehl 
ten, da die Bilder auf Abbiidungen so wenig über sich verrie 
ten; und es waren eben Reproduktionen, durch die die mei 
sten Menschen Pollock erlebten.«” In einer vernichtenden Kritik 
an vielen auf Performance basierenden Arbeiten der beiden 
Dekaden nach Pollocks Tod behauptete Rose: »Als eine Folge 
der Popularität von Namuths Film und seiner Photographien 
von Pollock, spielte die Person des Künstlers eine größere Roile 
als seine Werke. Dies konnte sich nur fatal auf die Künstler 
generation auswirken, die in den späten sechziger und den 
siebziger Jahren heranwuchs, und die, der Last von Pollocks 
Kunstwerken enthoben, ihre Energien darauf konzentrierte, eine 
Rolle oder ein Selbstbild zu entwerfen, das ebenso unwider 
stehlich war wie Pollocks Medienimage.«^^ Trotz dieser Ein 
schätzung sollte gerade dieses Erbe der »Zerstörung« einen 
außerordentlich vielgestaltigen Einfluß auf bestimmte Perfor 
mancekünstler haben, und zwar sogar auf Künstler der neun 
ziger Jahre, die Rollen und Selbstbilder als bedeutende und 
geeignete Themen untersucht haben. 
Für nachfolgende Generationen war der Schritt aus der Arena 
der Malerei hin zu physischeren, stärker körperorientierten 
Arbeiten logisch. Das Gutai-Phänomen wäre wohl ohne 
Pollocks Durchbruch kaum zustande gekommen; so sind etwa 
Kazuo Shiragas Fußmalereien zweifellos eine direkte Erwei 
terung von Pollocks Technik, auf dem Boden zu arbeiten. In 
ähnlicher Weise verdanken Yves Kleins Anfhropomefrien und 
die noch theatralischeren Experimente der Wiener Aktionisten 
sowohl formal als auch inhaltlich Pollock vieles. Diese Ten 
denz läßt sich auch in den späten sechziger Jahren, bis zu 
den Arbeiten von prozeßorientierten Künstlern wie Richard 
Serra und Barry Le Va, verfolgen. Und schließlich bezeichnet 
eine große Anzahl von Künstlern, die in dem von dieser Aus 
stellung erfaßten Zeitraum arbeiteten, Pollock nach Gage als 
die wichtigste Figur für ihre künstlerische Entwicklung. 
Der Komponist und Künstler John Gage, ein Amerikaner, der 
nicht in erster Linie als bildender Künstler bekannt ist, erwies 
sich als ebenso einflußreich und befreiend für die Künstler der 
Nachkriegszeit wie Pollock. Cages offene, konzeptuell an 
gelegte, performative Aktionen weckten ein Gefühl von Frei 
heit bei zahlreichen Künstlern, zu denen auch Robert Rau 
schenberg, Jasper Johns und der Tänzer Merce Cunningham 
gehörten. Durch seine Werke und seine Lehrtätigkeit erstreckte 
11 Ibid. 
12 Ibid. 
sich Gages Einfluß auf ein breites Spektrum von Künstlern, 
die mit Bewegungen wie Neo-Dada, Happening, Fluxus und 
Arte Povera in Verbindung standen, sowie auf eine ganze Gene 
ration von Künstlern der Neuen Musik, die in den späten sech 
ziger und frühen siebziger Jahren in Erscheinung trat. 
Gage begann seine Laufbahn als Musiker und Komponist in 
den dreißiger Jahren; in den vierziger Jahren regte ihn seine 
Beschäftigung mit östlicher Philosophie dazu an, die Kon 
ventionen traditioneller westlicher Musik radikal zu über 
denken, indem er zunächst Zufallsoperationen und dann die 
Unbestimmtheit in den Kompositions- und Aufführungspro 
zeß integrierte. Durch die Preisgabe von vollkommener Kon 
trolle über die endgültige Ausführung einer Komposition 
betonte Gage den Vorrang der Aufführung beim Zustande 
kommen eines Werkes. Seine Verwendung des »präparierten 
Klaviers« - ein gewöhnliches Piano, das durch verschiedene, 
zwischen die Saiten gesteckte Objekte in ein Perkussions 
instrument mit unterschiedlichen Klangfarben verwandelt 
wurde - beeinflußte das Werk von Künstlern wie Nam June 
Paik, Raphael Montanez Ortiz, und vielen anderen. 
Am Black Mountain Gollege, in der Nähe von Asheville, North 
Garolina, organisierte Gage 1952 ein Ereignis, das als ent 
scheidender Vorläufer der Entwicklung von Happening und Flu 
xus angesehen wird. Diese »konzertierte Aktion«, später als 
Theater Piece No. 1 betitelt, bestand in einer »mehrfach fokus 
sierten« Präsentation, die die simultane Aufführung von 
Klaviermusik durch David Tudor, Tanzimprovisationen von 
Merce Cunningham, die Ausstellung von vier der White Pain- 
tings Robert Rauschenbergs (die an den Dachbalken aufge 
hängt waren), eine Dichterlesung des auf einer Leiter sitzen 
den M. C. Richards, die Projektion von Dias und Filmen, und 
eine Vorlesung von Gage selbst umfaßte. Ohne Proben, 
Manuskripte oder Kostüme stand jedem Performer ein vom 
Zufall festgelegter Zeitrahmen zur Verfügung, in dem er eine 
bestimmte Aktivität ausführen sollte. Da Gage die Persönlichkeit 
der Teilnehmer kannte, hatte er eine Vorstellung von dem, was 
jeder tun würde, aber er gab keine Anweisungen. Außerdem 
fand diese legendäre Performance nicht auf einer Bühne statt, 
sondern inmitten des Publikums, wodurch die hierarchische 
Beziehung zwischen Performern und Zuschauern aufgehoben 
wurde.^ä 
Die Förderung der visuellen Dimension eines akustischen Wer 
kes, die so grundlegend für das Theater Piece No. 1 war, zeigt 
13 Mary Emma Harris, The Arts at Black Mountain College, 
Cambridge 1987, S. 228-29.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.