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Guerrilla Art Action Group, Museum of Modern Art Action {Nr. 3), 
18. November 1969, New York 
als »lebendem Pinsel« 1959 eine bedeutende - und bislang 
unterschätzte - Rolle spielten. Dieser Gedanke wird durch 
Kleins eindrucksvollen Aufsatz »Le vrai devient realite« unter 
mauert, in dem er seinem Wunsch Ausdruck verleiht, »auf der 
Welt mein Zeichen zu hinterlassen« und die Sputen der Körper 
auf seinen Bildern mit den »Schatten von Hiroshima« zu ver 
binden, die »in der Wüste der atomaren Katastrophe... 
Beweise darstellten, schreckliche unzweifelhafte Beweise, 
und dennoch Beweise der Hoffnung für die (wenn auch imma 
terielle) Permanenz des Fleisches.«^'* Kleins Ehrfurcht galt 
nicht der technischen Macht von »Raketen, Sputniks und 
Missiles«, sondern der »affektiven Atmosphäre des Fleisches 
selbst... {als einer) starken und doch friedlichen Kraft 
der...Sensibilität«. Klein veröffentlichte den Aufsatz in der drit 
ten und letzten Ausgabe der deutschen Publikation ZERO im 
Juli 1961. In der Originalausgabe ließ er die letzte Seite 
seines Artikels verbrennen - durch Feuer entmaterialisieren. 
Für Shiraga, Murakami und Klein besiegt gerade die 
Körperlichkeit des menschlichen Körpers den technischen 
und wissenschaftlichen Determinismus. Die Aktion ist der 
Kern der Performance von ihren frühesten Manifestationen im 
Action painting bis zu Gutai und den Happenings. In Snows 
(Januar 1967) montierte Carolee Schneemann Bilder von in 
Vietnam begangenen Grausamkeiten zusammen mit Farben 
und anderen Darstellungen aus den Medien, um »die genozi- 
den Triebe einer bösartigen, zerstörerischen Technokratie, die 
Amok läuft gegen eine ganzheitliche, vollkommen ländliche 
Kultur, zu konkretisieren und sichtbar zu machen.«^^ In diesem 
Klima schrieb Jon Hendricks sein Manifest »Some Notes-' 
vom 11. Dezember 1967, eine Abrechnung mit dem Kom- 
merzialismus, dem Vietnam-Krieg und den Rassenunruhen; in 
diesem Klima verfaßten Hendricks, Raphael Ortiz, AI Hansen, 
Jean Toche und Ui Picard das »Judson Manifesto«, in dem sie 
erklären, daß »die Aufgabe des Künstlers darin besteht, Kultur 
umzustürzen, da unsere Kultur trivial ist«; in diesem Klima sag 
ten Ortiz und Hendricks die Ausstellung »DIAS USA« in der 
Judson Church ab, um gegen die Ermordung von Dr. Martin 
Luther King Jr. zu protestieren; in diesem Klima legten sich 
Toche und Hendricks als Demonstration gegen die Weigerung 
des Museums, gegen den Krieg in Vietnam Stellung zu bezie 
24 Yves Klein, »Truth Becomes Reality«, in: Yves Klein 1928-1962: 
A Retrospective, Ausstellungskatalog, Houston - New York 1982, 
S. 230-231. 
25 Aus dem Programm für Snows, nachgedruckt in: Carolee 
Schneemann, More Than Meat Joy: Complete Performance 
hen, eine Stunde lang in den Haupteingang des Metropolitan 
Museum of Art; und in diesem Klima bezeichneten sich Toche 
und Hendricks am 4. März 1970 als Guerrilla Art Action Group 
(GAAG), ein Kollektiv, das um den Begriff und die Praxis der 
Gewaltlosigkeit organisiert war und es sich zum Ziel gesetzt 
hatte, »die Gefahr von realer Gewalt, Unterdrückung und 
Verdrängung symbolisch darzustellen« sowie durch Hinter- 
fragung und Provokation »die Leute mit den Krisen unserer 
Zeit zu konfrontieren«. 
Für seinen Teil hatte der politische Aktivist Abbie Hoffman von 
Künstlern genug über Aktionen gelernt, um ein Event auf die 
Beine zu stellen, das am 24. August 1967 die New Yorker 
Börse ins Wanken brachte. Damals warfen er und eine 
Gruppe von etwa 12 Personen (einschließlich Jerry Rubin) von 
der Empore über dem Parkett Dollarscheine auf die Börsen 
makler; eine Aktion, die den Handel für einige Sekunden zum 
Erliegen brachte, als sich die Broker in einem klassischen Bild 
der Gier im Herzen des Kapitalismus auf das Geld stürzten. 
Derartige Medienereignisse fanden ihren Höhepunkt in den 
Störaktionen auf dem Parteitag der Demokraten im August 
1968 und dem anschließenden Prozeß gegen »The Chicago 
Seven«, In dem Maße, wie die politischen »Happenings- von 
den Kunst-Happenings inspiriert waren, brachten sie auch fri 
schen Wind in die Kunstaktionen. Einen deutlichen Beweis für 
diese Wechselbeziehung liefert Terry Fox’ Defoliation Piece 
(1970), das der Künstler selbst zu seiner »ersten politischen 
Arbeit« erklärte: 
Ich wollte die Blumen ganz kalkuliert zerstören. Durch 
Einbrennen eines perfekten Rechtecks genau in der Mitte 
würde es aussehen, als hätte sie jemand absichtlich zer 
stört. Bei den Blumen handelte es sich um chinesischen 
Jasmin, der vor fünf Jahren gepflanzt worden war und in 
zwei Jahren hätte blühen sollen. Gleichzeitig war es auch 
ein Theaterstück, Jeder schaut gerne dem Feuer zu. Es 
knisterte und krachte wunderschön. Aber irgendwann 
begriffen die Leute, was passierte - die Landschaft wurde 
zerstört; Blumen verbrannten. Plötzlich waren alle still. 
Eine Frau weinte zwanzig Minuten lang.* 
Im Herzen des Vororts Berkeley lenkte Defoliation Piece die 
Aufmerksamkeit direkt auf die Politik der »verbrannten Erde«, 
Works & Selected Writings, hrsg. von Bruce McPherson, New 
York 1979, S. 129. 
26 Terry Fox, zitiert in: Carl E. Loeffler und Darlene Tong (Hrsg.), 
Performance Anthology: Source Book of California Performance 
Art, überarbeitete Auflage, San Francisco 19B9, S. 17.
	        
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