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Ion Grigorescu,
Stabhochsprung -
Fluß Traisteni, 1976
und Struktur der veränderten Kommunikationsmittel der live
aufgeführten Kunst. Denn dadurch, daß die Künstler der
Aktionsmalerei und später der Aktionen in dem Raum zwi
schen dem betrachtenden menschlichen Subjekt und dem
konventionellen Kunstobjekt buchstäblich - als Vermittler -
agierten, legten sie den Schnittpunkt offen, an dem die
Subjekte das Objekt kreuzen, den Punkt also, an dem die
artefaktische Eigenschaft des Objekts in einem Event gebo
ren wird, und der Künstler objektproduzierendes Subjekt und
Objekt zugleich ist. Eine solche Kunst zeigt, daß der metony
mische Prozeß den bedeutungstragenden Fähigkeiten der
Metapher (die in gegenständlichen Objekten objektiviert wird)
vorangeht. Denn gerade die Eigenschaft des Künstlers und
des Events als Artefakt hat das Potential, das entfremdete
Hegelsche Subjekt durch den Körper mit seinem Objekt zu
verbinden, indem sie die traditionelle und ausschließliche
Abhängigkeit der bildenden Kunst von den kommunikativen
Mechanismen metaphorischer Objekte hin zu metonymi
schen Aktionen verlagert. Und tatsächlich haben sogar einige
Sprachphilosophen behauptet, der metonymische Prozeß
gehe den bedeutungstragenden Fähigkeiten der Metapher
voran.
Die Künstler der Ostblockstaaten unterhielten unterschiedlich
intensive Kontakte zu anderen Ländern. Abgesehen von den
Albanern waren jedoch vermutlich die Rumänen am stärksten
isoliert. Aktionskunst fand im Rumänien der siebziger Jahre
hauptsächlich im Kontext von »Environment-Installationen
und Photographie statt, weil es für die Künstler so gut wie
unmöglich war, zusammenzukommen und gemeinsam auf
zutreten. Mitte der siebziger Jahre organisierte Ion Grigorescu
im Friedrich-Schiller-Haus in Bukarest mehrere Photo-
Ausstellungen, in denen der Künstler, wie er sagte, zeigen
wollte, daß die Kamera »Werkzeuge nicht anders als Per
sonen behandelt«.'®^ In Hinblick auf seine eigene Arbeit
schreibt Grigorescu, seine »Autophotographien« seien aus
»einigen Happenings« hervorgegangen, die mit seiner eige
nen »Persönlichkeit« in einem Kontext »individuellen Voyeuris-
mus’“ in Verbindung standen.''“
Eine dieser »Autophotographien« gab den Anstoß zu Andrei
Gheorghius Photoreihe mit dem Titel Stabhochsprung - Fluß
Traisteni (1976). Auf den Photographien sieht man Grigorescu
bei der Umsetzung verschiedener Aktionen am Fluß. Er sitzt
182 Ion Grigorescu, »Short presentation of Romanian photography«,
in: Oosteuropese Conceptuele Fotografie, Eindhoven 1977,
S. 8.
183 Ibid.