XVIII
Kinderfiguren, teils in Gestalten, die der klassischen Mythologie
entnommen und im Geiste des 18. Jahrhunderts umgeformt sind,
vorherrschen. Man findet in diesem Genre Arbeiten von sehr ver
schiedenem Werte, und staunt oft Leistungen anzutreffen, die wie
zum Beispiel manche Figuren und Gruppen des grossen Zwettler
Tafelaufsatzes zum Besten zählen, was die Porzellanplastik des
18. Jahrhunderts überhaupt hervorgebracht hat. Schäfer- und
Liebesszenen und das ganze Kapitel der galanten Sujets spielen
natürlich auch an der Wiener Fabrik eine bedeutende Rolle und
ihr Charakter wird immer bürgerlicher, je mehr wir uns dem letzten
Viertel des Jahrhunderts nähern. Endlich kommt zwischen 1760 und
1770 auch das bäuerliche Element an die Reihe und wir finden die
schlafenden Schnitterinnen, die verschiedenen Erntegruppen,
Winzerinnen u. s. w. Auch die mannigfachen Soldatenfiguren
stammen zum grossen Teile aus dieser Zeit. Daneben bietet die
italienische Komödie beliebte Stoffe.
Im Jahre 1767 kam der Bildhauer Beyer nach Wien und
mit ihm macht sich ein klassischer Zug in der Porzellanplastik
geltend, der unter seinem Schüler Grassi (1755 —1808) noch
deutlicher hervortritt. 1778 wurde dieser als Modellmeister an der
Fabrik angestellt, 1792 machte er auf Kosten der Fabrik eine
Reise nach Italien. Die Biskuitplastik verdrängt die glasierten
Figuren. Es kommt damit ein etwas trockener, kühler Zug in das
figurale Porzellan. Das Intime, lokal Beeinflusste verschwindet, die
schöne Linie in der Gruppe wie in der Einzelfigur ist das, worauf
diese Kunst den höchsten Wert legt. Die Voraussetzungen und
Beschränkungen, die von dieser Kunstweise untrennbar sind, an
genommen, muss man aber zugeben, dass die Wiener Fabrik
neben der von Wedgwood die grössten Reize zu entfalten weiss.
Berühmt sind die grossen Empiretafelaufsätze aus dieser Periode,
die in ihrer keuschen Formenpracht Werke von unvergänglichem
künstlerischem Werte darstellen. Als letzter unter den hervor
ragenden WienerPorzellanplastikern dieserPeriode ist Elias H iitter,
der Schüler und Nachfolger Grassis, zu nennen. Unter ihm wurde
die grosse Porträtplastik in Porzellan beliebt, ein Genre, das nur in
einer Zeit möglich war, in der die Begriffe vom Wesen und von
der Aufgabe der Kunst in den verschiedenen Kunsttechniken