Zentralblatt für Sammler, Ciebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Herbert ehrlich und 3. Hans Prosl.
2. Jahrgang.
Wien, 15. ITlai 1910.
Hummer 10.
Hlchemistische Eolömünzen.
Don Union Ch. de 111 ai 11 y (Wien).
u den größten Raritäten in der Alünzkunde ge
hören die angeblich aus alchemistischem Golde
geprägten Denkmünzen. In den Tagen, da man
für die Verwandlung non unedlen metallen in
Gold oder Silber mit Heidenschaft schwärmte
und glücklich stattgefundenen „Projektionen"
unzroeifelhafl festen Glauben schenkte, kam
man auf den sicherlich genialen und sinnigen
Gedanken, das wunderbar gelungene ITTeister-
stiiek durch Prägung einer Gedenkmünze aus
dem alchemistischen Golde zu oerewigen. Die
Geschichte der Alchemie berichtet oon oielen
solcher Denkmünzen, und es ist für den Au-
mismatiker sicherlich äufqerst interessant, einige
derselben näher kennen zu lernen, zumal mit
ihrer Entstehung meist kulturell bedeutende
historische Episoden oerquickt sind und diese münzen
außerdem herrliche symbolische Bilder, Umschriften und
Hegenden oon epigraphischem Werte besitzen.
Viele geschichtliche Überlieferungen gelten in der
Geschichte der Hermetik förmlich als triumphierende Denk
steine, mährend andere leichthin als sagenhaft angenommen
werden. So zweifelt man sehr an die Geschichte des
Abtes Eremer hinsichtlich der Prägung der ersten Rose
nobles (1343), die aus dem Golde, welche der berühmte
ITlänch, Denker und Alchemist Raimundus Cullius in
tondon für König Eduard 111. aus 50.000 Pfund „Queck
silber“ fixiert haben soll. Ähnlich oerhält es sich mit
den dänischen Dukaten, die oon 1644 1646 geprägt
wurden und aus dem Golde herrühren sollen, das der
JAünzmeister Easpar Harbach aus unedlen llletallen labo
riert habe. Im Jahre 1647 lielj Ehristian IV. oon Däne
mark gar merkwürdige Dukaten schlagen, die das Kunst
stück Harbachs gleichsam oerewigen sollen. Auf der
Rückseite derselben ist eine Brille mit folgender Hegende
zu sehen: „Vide mira Domi[ni] 1647.“
ln Köhlers, im Jahre 1 744 herausgegebenen „Illünz-
belustigung“ wird einer Denkmünze Erwähnung getan,
die Kaiser ferdinand III. im Jahre 1648 in Prag aus
dem Golde prägen lief], das Johann K. oon Richthausen
bereitet haben soll. Der Alchemist wirkte auch als Direktor
1 Ob diese tatsächlich stattgefunden haben oder das „alche-
mistische Gold“ auf andere Weise uargelegt wurde, kann hier nicht
weiters berücksichtigt werden. Historische Tatsache ist es, dafj
sogenannte „alchemistische münzen“ geprägt wurden.
des niünzmesens der österreichischen Erblande und wurde
aus diesem Anlasse zum „freiherrn oon Ghaos“ erhoben.
Richthausen war im übrigen eine der markantesten Er
scheinungen des alten Wien und ein großer Wohltäter.
Diese Denkmünze (Wert ang. 300 Dukaten) wurde wieder
holt in Kupfer gestochen, und hat auf der Aoersseite die
figur des Sonnengottes mit umstrahltem Haupte, ln der
einen Hand hält er die Hyra, in der anderen die flügel
schuhe, wodurch die Verwandlung des „Quecksilbers“ in
Gold sinnbildlich dargestellt werden soll. Im Jahre 1650
überbrachte der kurpfälzische Oberjägermeisfer Baron
Pfenninger dem Kaiser ferdinand III. eine Tinktur,
womit er Blei in Gold oerwandeln konnte. Aus diesem
alchemistischen Golde wurde eine münze geprägt, welche
die oom Kaiseroerfafjte Hegende erhielt: „Aurea progenies,
plumbo prognata parente.“ („Goldener Aachkomme, ent
sprossen einem bleiernen Vater“). Diese münze befand
sich lange Zeit im Schlosse Ambras bei Innsbruck und
wurde dann nach Wien gebracht, wo nun alle alche
mistischen münzen (im k. k. Hofmuseum) aufbewahrt
werden.
Bekannter sind die Dukaten des Augustinermönches
Wenzel Seiler aus Prag, die aus dem alchemistischen
Golde geschlagen wurden, das Seiler im Jahre 1675 in
Wien oor Kaiser Heopold L. projektiert haben soll. Diese
Dukaten hatten auf der Vorderseite das Brustbild des
Kaisers mit der Umschrift: Leopoldus D. G. R. J. S. A.
G. H. B. B. R.; auf der Rückseite trugen sie die kreis
förmige Inschrift:
„Aus Wenzel Seylers Puloers macht
bin ich non Zinn zu Gold gemacht.“
Jn der mitte stand: 1675. Der Kaiser beschenkte
seine Umgebung mit derlei Dukaten, so dal) dieses numis
matische Kuriosum Verbreitung fand.
Die herrliche Wiener niünzsammlung besitjt ein
graljes ITledaillon oon ooaler form (37X40 cm), das im
Jahre 1677 oon Seiler aus Silber in Gold oermandelt
wurde. Auf der Aoersseite befindet sich der Stammbaum
des Kaiserhauses, oon Pharamund, dem frankenkönig
(im V. Jahrhundert) bis Heopold 1. Die Brustbilder sind
erhaben und sehr nett ausgeführt- Die Rückseite des
niedaillons trägt folgende Hegende: Sacratissimo - Poten-
tissimo et invictissimo - Romanorvm imperatori - Leopoldo 1.
- Arcanorvm natvrae servtatori cvriosmo - Genvinum hoc
verae ac perfectae - Metamorphoseos motallicae - spccitnen