großen Löwenmasken plastisch verziert wurde, Henkel und Ausguß
zeigen schlichte Zweckform (Abb. 7).
Die horizontale Gliederung einer Gefäßform durch Auflegen von
farblosen oder farbigen Fäden ist ein beliebtes Ziermittel, eine sonst
plumpe Kuppaform wird lebendiger und reicher (Abb. 8), oder der
kapriziöse durchsetzte Vierpaß wird klarer durch die dreimalige
Wiederholung an der Gefäßwand (Abb. 9). Selbst die „barbarische“
Zierform derber Glasnuppen, wie sie der Norden an den sogenannten
Krautstrünken angebracht hat, wird von Venedig aufgegriffen und zur
Belebung einer trichterförmigen Kuppa verwendet (Abb. 10). Der Fuß
ist bei diesen Pokalen meist schlicht und niedrig, die Last, die er zu
tragen hat, drückt ihn; zur klaren Scheidung ist zwischen Fuß und
Kuppa ein Nodus geschoben, der nie rein kugelig, sondern stets etwas
gequetscht gestaltet, durch Rillen oder andere Musterung belebt ist;
und sowohl unter der Kuppa als auch über dem Fuß ist noch je eine
flache Scheibe eingeschoben, um — im Gegensatz zu den früheren
Pokalen — eine klare Trennung zwischen den einzelnen Gliedern
herbeizuführen.
Als Kaiser Friedrich III. Venedig besuchte, waren Doge und Senat
von Venedig der Meinung, daß ein Glasgefäß aus Murano eines
Kaisers würdig sei — man darf wohl annehmen, daß es sich dabei um
einen Pokal mit bunter Emailmalerei und Vergoldung gehandelt haben
mag —; der Kaiser teilte diese Meinung nicht, ließ das Glas fallen
und wies darauf hin, daß Gold und Silber beständiger seien. Und
doch hat gerade dieses gebrechliche Material den Ruhm Venedigs zwei
Jahrhunderte hindurch in alle Welt getragen; und da war es gerade
jene Art des Glases, bei dem reines, schönes Material und edelste Form
die Hauptrolle spielten.
Ausgehend von dem einfachsten Hausratsbedarf, schaffen die Glas
bläser Venedigs jene Fülle von Gefäßen, bei denen die mannigfaltigen
Abwandlungen der Themen Kuppa und Schaft eine unübersehbare
Menge von Variationen hervorzaubern. Die einfachsten Kuppaformen
sind die Kalotte bis fast zur Halbkugel, der Trichter und der Kegel
stumpf; der Trichter bietet durch Ausweiten des Mundrandes, durch
Auf blasen des unteren Teils zur kugeligen Form eine ganze Reihe von
Möglichkeiten; auch beim Kegelstumpf kann der Mundrand verschie
den stark geweitet werden, oder aber der untere Rand der Kuppa wird
durch ein farbiges zackiges Band betont, oder die Kuppa blüht aus
einer Art Blattkelch auf, der aus gekniffenen und ausgezogenen Zacken
besteht. Der Schaft kann aus einer einfachen, nach unten verjüngten
Röhre bestehen, dann sitzt die Kuppa ohne Zwischenglied auf; die
Röhre wird gedreht, daß sie wie eine gewundene Säule aussieht, dann
rieselt das Licht die Schraubenwindungen entlang; oder der Schaft wird
als langgestreckter hohler Baluster gebildet, bald glatt, bald der Länge
nach gerippt; oder der lange Baluster wird zu wiederholten Malen ab
geschnürt und so zu einer Reihe von kleiner werdenden Kugeln ge
formt. Der Schaft kann eine zusätzliche Verzierung durch ein Paar
Flügelansätze bekommen, die Seepferdchen ähnlich sind und, aus bun-
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