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indischen Seidengebetteppiche (über 30.000 Knoten), persischen Sam
ten nachgefühlt.
Die Wiener Sammlung besitzt den einzigen, erhaltenen und in
Wolle geknüpften indischen Gebetteppich (6710 Knoten). In der
Nische dieses Kultteppichs (Tafel 29) steht am Rand eines blauen
Teiches eine Blütenstaude, der Lebensbaum. In größter Dichte füllen
die Blüten, die teils ziemlich naturalistisch, teils persischen Stilblüten
nachgeformt sind, das Mihrab. Wie Sterne fügen sich die Blumen zu
anmutigen Figuren. Geheimnisvoll blasse Lebensbäume tragen das
Gewölbe, sie wurzeln in säulenbasenartigen Gefäßen und sind vom
Teichwasser gespeist zu denken.
Der Landschaftsteppich. Schon in Persien wurden Lackeinbände mit
landschaftartigem, naturgemäß einseitig — nur in Längsrichtung —
gestelltem Schmuck in Teppichen nachgebildet. Zwei Stücke aus Indien
finden sich in der Wiener Sammlung. Beim bedeutenderen (Tafel 30),
sehr fein in Wolle geknüpften Teppich (7500 Knoten) ist eine Baum
landschaft in drei übereinanderliegende Zonen gegliedert. Allerlei Vö
gel bevölkern sie. Um den mittleren Baum, eine Platane, sind sie in
der uralten Gegenstellung gruppiert (Tafel 31). Die Teiche sind zu
kleinen Scheiben reduziert, wie sie auch in der persischen Buchmalerei
und Keramik anzutreffen sind. Blüten und Blütenkolben, die hier an
Stauden wachsen, sind ein Motiv, das schon der persischen Miniatur-
und Teppichkunst nicht fremd ist (Tafel 7, 8).
Auch in der Wahl der Fondfarben ist bei Moghulteppichen das ost
persische Vorbild nicht zu verkennen, doch ist das Rot meist wär
meren Tons. Ein Sandgelb ist bezeichnend sowie das Arbeiten Ton in
Ton. Beim erwähnten Bildteppich fällt in der Bordüre das hellblaue
Ausflackern des Dunkelblaus der Palmetten in den blaugrünen Fond
auf (Tafel 32).
TÜRKEI
Auch bei dem türkischen Kulturkomplex, sowohl der seldschukischen
wie der osmanischen Periode, ist die Einwirkung des Iranischen nicht
zu verkennen. Für den zweitgenannten Abschnitt — von der Teppich
kunst des ersten ist wenig erhalten — scheint diese Verbindung mehr
über andere Kunstgebiete, vor allem die Keramik, geschehen zu sein,
wenn auch Künstler des Teppichfachs teils gezwungen, teils freiwillig
in das damals politisch stärkere westliche Nachbarland abwanderten.
Teppiche aus einer türkischen H o f m anufaktur
Eine durch wenige Stücke vertretene Gruppe verrät durch die Fein
heit von Zeichnung, Material und Arbeit deutlich ihre Herkunft aus
einer Hofwerkstätte. Im Entwurf erinnern sie an das Medaillon
system. Auf dem rapportmäßig wiederholten, fast tapetenartigen
Feldfondmuster wirken die ansatzlosen, meist auffallend kleinen,
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