->8 5 8<-
Die Sachlage war so klar, dass die Staatsregierung sich dem nicht entzog
und schon im Jahre 1867 ein neuer eigener Bau beschlossen wurde. Die Stadt-
erweiterungs - Commission kam dem entgegen und bot den Platz vor der
Stubenthorbrücke zwischen Stadtpark, Ringstrasse und Wien als Baugrund. Der
äusserst günstig gelegene Platz, der beste vielleicht, welcher damals zu haben
war, wurde mit Freude angenommen. Der Bau wurde dem Mitgliede des Cura-
toriums, dem Architekten Heinrich Ferstel, übertragen. Man hatte damals
bereits Erfahrungen gesammelt, und so kam ein Plan zu Stande, welcher sich
durch seine einfache und praktische Anordnung auszeichnet. Darüber ist das
Nähere in der genannten Festschrift enthalten. Alsbald begonnen, war der Bau
bis zum Herbste des Jahres 1871 fertig gestellt.
Mittlerweile hatte aber auch das zweite jener erwähnten Bedürfnisse Be
friedigung erhalten, das Bedürfniss nach einer Kunstgewerbeschule. Man hatte
rasch die Erfahrung machen müssen, dass die Künstler und Zeichner, welche die
österreichische Industrie damals beschäftigte, nicht im Stande waren, dem neuen
Geschmack zu folgen und den Anforderungen zu genügen, welche das Museum
stellte und stellen musste. , Von den Industriellen selber, den Chefs und Eigen-
thümern der grossen Etablissements,- hatten sich wohl einige der ersten — wir
nennen beispielsweise Philipp Haas & Söhne und J. & L. Lobmeyr — ener
gisch den Bestrebungen des Museums angeschlossen, im Ganzen aber hatte
das Museum festere Wurzel im Publicum als im Gewerbe gefasst. Das Museum,
wollte es nach kurzem glänzenden Anlauf nicht scheitern, musste dafür sorgen,
dass das Kunstgewerbe neue, höher ausgebildete, jeder Aufgabe gewachsene
Künstler erhielte, Künstler, welche auch denjenigen Aufgaben gewachsen wären,
die bis dahin gewöhnlich vom Architekten besorgt wurden. Diesen Dienst sollte
die Kunstgewerbeschule leisten.
Am 27. September 1867 veröffentlichte die Wiener Zeitung das von
Seiner Majestät genehmigte Statut der Kunstgewerbeschule (s. die Festschrift,
S. 78) und noch in demselben Herbst wurde sie eröffnet, wie das Museum selbst,
in einem provisorischen Local, welches die Räume der sogenannten Gewehrfabrik
in der Währingerstrasse darboten. Bei den fortwährenden und engen Beziehungen
zwischen Schule und Sammlungen erwies sich die weite Entfernung als ein grosses
Hinderniss, und so wurde der Plan des Neugebäudes für die Sammlungen dahin
abgeändert, um auch die Schule — wiederum nur einstweilen — in sich auf-