anstalten, die ganz allein dem Congresse gewidmet ist. Sie wird
vor Allem eine Galerie von Bildnissen sein — eine Fülle von In
dividualitäten wird sich uns in seiner äusseren Erscheinung dar
stellen; dann wird sie zeigen, wie diese Menschen wohnten, in
welchem Schmuck sie sich gefielen, was sie für eine Kunst hatten,
was sie lasen und schrieben. Und so wird sie — wir hoffen es
— das, was sonst nur als die Frucht jahrelanger Mühe aus ver
gilbten Acten und alten Büchern geholt werden kann, in einigen
Stunden behaglichen Anschauens gewähren: ein Mitgefühl ver
gangenen Daseins. Dieses Mitgefühl nannte Ranke einmal den
höchsten und letzten Gewinn, den alle historischen Studien geben
können.
Yon den Schriftstellern der Congresszeit hat einer es ver
sucht, die geistigen Tendenzen, die in der zu Wien damals ver
sammelten Gesellschaft lebten, sich kreuzten und bestritten, in
typische Persönlichkeiten zu fassen. Das war Görres, der in seinem
„Rheinischen Merkur“ zu Anfang 1815 ein Gespräch, „Der Kaiser
und das Reich“, veröffentlichte. Seine eigene Gesinnung — schwung
voll national, grossdeutsch, kaiserlich, conservativ aber nicht re-
actionär — personificirt er in einem „Fürsten“. Dieser leitet das
Gespräch, sucht die Gegensätze zu vermitteln und Alles auf einen
Standpunkt zu erheben, indem er mit weitem Blicke das Interesse
der ganzen Nation und der einzelnen Staaten und Stämme, der
Fürsten und der Völker umfasst Ein preussischer General tritt
ihm entgegen, scharf, schneidend, auf das Schwert des Siegers
gestützt. Dieser will nichts wissen vom historischen Rechte,
Eisen und Blut regiert nach ihm die Welt, und der Waffenfähigste
ist auch der Berechtigste. Ein pr eussischer Staatsrath stimmt ihm
bei und unterstüzt ihn, doch ist er massiger, klüger, streitet mit
Gründen, wo jener nur mit Waffen klirrt. Ein bayrischer Graf,
ein Landvogt von Würtemberg, ein sächsischer Landstand ver
treten den süd- und. mitteldeutschen Particularismus, sie verthei-
digen die Haltung ihrer Fürsten und Länder in den napoleonischen
Kriegen, sie suchen aus der Geschichte die Berechtigung ihrer
Sonderstellung zu beweisen, sie fordern aus Gründen der Vernunft
und der Billigkeit diese Sonderstellung auch für die Zukunft. Der
Fürst aber, der diesen Tendenzen gegenüber das Interesse der
Gesammtheit verficht und darauf verweist, dass die ruhmvollste
Zeit Deutschlands die gewesen sei, wo eine starke Kaisermacht