Die Kunst und Cultur zur Zeit des Wiener
Congresses.
Von Gustos Dr. Eduard Leiscliing.
Die Ausstellung, welche das k. k. österreichische Mu
seum für Kunst und Industrie hiemit eröffnet, legt es
nahe, die Kunst und Cultur im ersten Viertel unseres Jahr-
hundertes einer Betrachtung zu unterziehen.
Den Ausstellungsgedanken zu rechtfertigen, dürfte nicht
vonnöthen sein; soll das Unternehmen doch der Erinnerung an
eine Epoche gelten, innerhalb deren unsere Stadt, wenn auch
nur für einige Monate, der Mittelpunkt von ganz Europa
gewesen ist.
Die Napoleonische Hegemonie war vernichtet, der Corse auf
Elba internirt, die Wiederherstellung der beraubten Staaten sollte
beginnen, den langen, gräuelvollen Kriegen ein dauernder Frieden
folgen. Alles athmete auf; Fürsten und Völker, durch den gemein
samen Kampf gegen einen gemeinsamen Feind aufs innigste
verbunden, vereinigen sich in freudigen Wünschen und Hoffnun
gen für eine neue Ordnung der Dinge; die besten Kräfte werden
rege, nun, da die blutigen Waffen niedergelegt weiden können,
die edelste Friedensmission zu erfüllen. Die Regenten und Staats
männer versammeln sich in Wien, dieses Werk vorzubereiten.
Ernste Arbeit wechselt mit prächtigen Festen. Die Augen der
Welt sind auf Wien gerichtet.
Aber nicht dem Congresse allein gilt die Ausstellung; er
war nur ein flüchtiger, allerdings ein glanzvoller Moment in ent
wicklungsreicher, schaffensfreudiger Zeit. Es soll die ganze Epoche
von 1800 bis 1825 charakterisirt werden, und nicht nur Wien und