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als Medium für die Erkenntniss der Natur. Er ist Realist im
besten Sinne, der Ausdruck der Seele in ihrem Spiegel, dem Antlitz,
reizt ihn am meisten, und so pflegt er denn auch weniger das
Studium der griechischen Idealbilder, als das der römischen Por
trätkunst. Sein „Ziethen“ und „Leopold von Dessau“ in Berlin
(1800), sein „Luther“ in Wittenberg (1821) sind bleibende Mark
steine in der Entwicklung der deutschen Kunst. Christian Rauch
aber bezeichnet ihren Höhepunkt für die Plastik unserer Epoche.
Sein Stil ist eine Rückbildung des Schadow’schen Realismus zu mehr
idealistischen Formen, die aber immer warmes Leben athmen; es
ist, wie angedeutet, stilvoller Realismus, der stets und immer das
höchste Ziel der Kunst bleiben wird. Sein „Scharnhorst“ und „Bülow“
in Berlin (1815—1822), sein „Blücher“ in Breslau (1820), sein Goethe,
vor Allem aber das Marmorbild der Königin Louise im Mausoleum
zu Charlottenburg (1814), sind unübertreffliche Werke, um welche
die Deutschen von aller Welt zu beneiden sind. Erst mit dem
Bildnisse der Königin Louise war der formalistische Glassicismus
überwunden und die lang gesuchte Wahrheit erkannt, dass für
unsere moderne Kunst die Antike nicht als Vorbild zu scla-
vischer Nachahmung, sondern nur als Schule gelten kann, in der
vielgestaltigen Natur, und nur in ihr, das Material 2tu künst
lerischer Werthung in charakteristischen Formen zu suchen. Mit
diesem Werke hat Rauch die antike Plastik aus der ängstlichen
Nachahmung der Antike wieder auf nationalen Boden zurück
geführt und den Bann des Missverständnisses gebrochen, der auf
der Plastik der Zeit bis dahin lastete. Unsere moderne Plastik in
ihren besten Schöpfungen ruht auf Rauch, den nach seinem vollen
Werthe zu würdigen, die Gegenwart fast verlernt hat.
Nicht überall ebenso erfreulich, aber immerhin nicht bedeu
tungslos vollzieht sich die künstlerische Reaction auf dem Gebiete
der Architektur. In Wien bemächtigt sich der Akademie auch auf
diesem Gebiete die Vorliebe für die classische Antike. Aber nicht
die römischen Säulenordnungen sind es, die man für’s Erste zum
Muster nimmt, sondern die griechischen, und so puritanisch ist
man gesinnt, dass man nicht den reichen korinthischen, nicht
einmal den weniger reichen, aber schlanken, heiteren jonischen Stil,
sondern den schweren, strengen, ernsten dorischen wählt. Die Füh
rung übernimmt der in Rom gebildete Schweizer Peter von Nobile,
welcher in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts nach Wien