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gefundene Form, besonders wenn sie Erfolg gebracht hat, ängstlich 
Zu wiederholen. Er ist immer auf der Suche nach neuen Ausdrucks 
möglichkeiten. Sein eigener innerer Reichtum, die quellende Fülle 
seiner Visionen drängen ihn dazu und machen es ihm zugleich 
möglich, alles, was sein offenes und empfängliches Auge aus der 
Wirklichkeit, aber auch aus den verschiedensten Kunstkreisen an 
Eindrücken und Anregungen aufnimmt — und das ist erstaunhch 
viel — so persönlich zu verarbeiten, daß man niemals von Nach 
ahmung oderauchnur Ekklektizismus sprechen kann. Die „Einflüsse“, 
die man festzustellen glaubt, legen sich immer nur wie eine neue 
Nuance, wie eine leise Modulation über seine zutiefst persönliche 
Kunst. Die drei Holzschnitte mit dem Titel „Pflanzenreich“ (Katalog 
Nr. 1, Abb. T. 1), die 1935 entstanden, geben Ausschnitte aus der 
Pflanzenwelt, die so dicht sind, daß die Fläche fast wie mit ver 
schiedenen Mustern gefüllt erscheint. Es ist eine „Dekoration“ von 
zarter und zugleich herber Poesie, in der zwar nicht die Form, 
wohl aber der Geist jener japanischen Malerei fortlebt, die etwa mit 
den Namen Ogata Korin (1658—1716) und Ogata Kenzan (1663 bis 
1743) gekennzeichnet ist. 
Aber die Reihen mit den Titeln „Tor der Dämonen“ (Katalog 
Nr. 14) und „Kegon Sutra“ (Katalog Nr. 2, Abb. T. 2) aus dem 
Jahre 1937 zeigen eine deutliche Abkehr von dieser musterartigen 
Flächenfüllung. Eine monumentale Wirkung wird nun angestrebt 
mit den uralten Mitteln eines solchen Stils: mit kraftvollen Kon 
trasten großer Flächen gegen den Grund, mit klarer Komposition, 
bei der die Symmetrie eine entscheidende Rolle spielt und. sogar 
die Landschaft in ihren Bann zwingt. Schwarz und Weiß hält sich 
noch die Waage, und noch immer ist das ganze Blatt gleich 
mäßig gefüllt. 
In der Serie „Kwanin Sutra“ (Katalog Nr. 3, Abb. T. 4 und T. 5) 
aus dem Jahre 1938 ist zwar die monumentale Wirkung geblieben, 
aber sie ist mit anderen Mitteln erreicht. Die Symmetrie ist auf 
gegeben und das Gleichgewicht zwischen Grund und Motiv hat 
sich verschoben. In dramatischem Kontrast heben sich nun die 
mächtig geballten Figuren als das einzig zu Sehende vom neutralen 
Grund ab. Ihre ausdrucksvollen Silhouetten sprengen fast die Fläche, 
die sie kaum zu fassen vermag. Die Intensität des Ausdrucks über 
schreitet oft die Grenze zur Karikatur. Man kann sich kaum vor 
stellen, daß diese künstlerische Form ohne starken Einfluß des 
europäischen Jugendstils entstanden ist. Jenes Jugendstils, der doch 
selbst eine seiner stärksten Komponenten in der japanischen Kunst 
gefunden hatte und der nun, erstaunhch spät, wieder zurückwirkt 
auf einen japanischen Künstler. Und wie kraftvoll und eigenwillig 
ist das Ergebnis dieses Einflusses, verglichen mit dem matten 
Ekklektizismus, der, aus der gleichen Quelle kommend, eine nicht 
unbedeutende Rolle in der japanischen Kunst des ersten Jahrhundert 
viertels spielte! Damals versuchte man eben, es der zeitgenössischen 
europäischen Kunst gleich zu tun, für Munakata aber bedeutet der
	        
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