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Volltext: Der Gösser Ornat im k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie

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etwas älter ist; doch ging damals die Entwicklung ja nicht so rasch vor 
wärts. Besonders der lehrende Christus* bietet viele Vergleichspunkte 
Auch die Vorderseite der Kasel (Abbildung auf Seite 23) zeigt einen 
großen Kreis mit Bogenstellungen darunter, hier zwölf an der Zahl; vier 
davon sind heute, wie bereits erwähnt, zur Ausbesserung des Pluviales ( Ab 
bildung auf Seite 13) verwendet. 
In den Bogenstellungen finden sich die zwölf Apostel, mit Namen be 
zeichnet, oben Christus am Kreuze zwischen Maria und Johannes; die In 
schrift herum lautet: + IN CRVCE • SVM • P (pro) TE • CESSA • PECARE • 
ROGO • TE ICE • MORTALIS • P (pro) TE • DATV (datur) HO 
STIA • TALIS • ** (Auf dem Kreuze bin ich für Dich. Höre auf zu sündigen, 
ich bitte dich .... Sterblicher, für dich wird gegeben ein solches Opfer). 
Die Darstellung der Kreuzigung ist leider der vielleicht am meisten zer 
störte Teil des ganzen Ornats, was übrigens leicht begreiflich ist, da der 
Geistliche diesen Teil während der Messe besonders häufig zu berühren und 
damit abzunutzen gezwungen war. Der obere Teil des Leibes Christi ist sehr 
abgewetzt, der untere, die Beine, sind aber ganz zerstört; es fehlt hier sogar 
die Grundleinwand und ist durch grüne Seidenausstopfung ersetzt. Bei die 
sem Stopfen ist, wie man auch auf der Abbildung erkennen kann, nicht nur 
der Stamm des Kreuzes sehr stark zusammengezogen, sondern auch der 
ganze Kreis mehr verschoben worden als es bei den andern Teilen des Ornats 
der Fall ist. Man kann auch nicht mit unbedingter Sicherheit sagen, ob die 
Beine Christi nebeneinander gesetzt waren oder eines über das andre; es 
ist aber wahrscheinlicher und entspräche auch mehr der früher angegebenen 
Zeit, daß das eine Bein über das andre gelegt war, so daß man drei Nägel 
anzunehmen hat, nicht vier, wie früher üblich war. 
Übrigens fehlt auch bei den Füßen Mariens ein Teil der Leinwand; das 
Loch ist durch ein sehr roh darübergesetztes grünbesticktes Stück Stoff 
bedeckt" '. Auffällig ist die kühne Form des Kreuzes und die lebhafte und 
ausdrucksvolle Bewegung der Gestalten, in denen die Strenge und Befangen 
heit früherer romanischer Zeit bereits vollkommen überwunden ist. 
Bemerkt sei auch das Rankenwerk in den Zwickeln unterhalb des 
Kreises, womit man die Abbildung der Mitra auf Seite 27 vergleichen mögef. 
Doch haben die Ranken unserer Kasel schon etwas freieren Zug ff. Bemer 
kenswert ist übrigens, daß sich auch bei der eben erwähnten Mitra die auf 
unserem Ornate so häufigen geometrischen Motive mit dem Rankenmotive 
vereinigt finden. Die Säulen sind ebenso wie auf der Rückseite sehr ab- 
* Mitteilungen der k. k. Zentralkommission, 186g, Tafel XXI. 
** Eini S e Buchstaben sind oben eingeschlagen, daher auf der Abbildung nicht zu sehen. — Bock liest: 
ortahs Criste datur hostia talis in cruce sum Christe cessa precare rogi t . . . . Theußl liest: Ecce mortalis 
Christiane, talis hostia datus sum in cruce. Christiane, cessa peccare rogo te. 
*** Das aber jetzt als einziger Teil des Ornats entfernt wurde, um die darunter liegenden Spuren an den 
Rändern des Loches zu sehen. 
f Abbildung nach Bock „Liturgische Gewänder“, II, Tafel XXIII. Vergleiche De Farcy „La broderie“, 
Tafel XI. 
I f Da s gilt auch im Vergleich zur Kasel und Stola aus Mariaberg; siehe des Verfassers „Künstlerische Ent 
wicklung der Weberei und Stickerei“, Tafel 173.
	        
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