Das andere ist ein Damenporträt und gehört dem bekannten
Thiermaler Gaston Guignard. Im allgemeinen kann man
aus der Thatsache, dass ein Künstler viel verkauft, eben
nicht auf die Güte seiner Werke schliessen; sind seine Käufer
aber selbst Künstler, so mag der Laie getrost diesem Beispiele
folgen, denn an einem Maler, dessen Arbeiten von seinen
Collegen gekauft werden, muss schon etwas Apartes sein.
Das Aparte an Jeanniot scheint mir darin zu liegen, dass
er nur Gesehenes darstellt, dass er nur das Wichtigste gibt
und alles Nebensächliche beiseite lässt, und dass er in seinen
farbigen Sachen die Farben in discreter, wohlthuender und
vornehm harmonischerWeise zusammenbringt. Die beiden
letzten dieser Eigenschaften hat er mit Puvis de Chavannes
gemein, und das mag wohl den grossen Decorator bewogen
haben, das erwähnte Porträt zu kaufen. Wie Puvis gibt Jean=
niot in seiner Zeichnung nur eine Synthese, er verzichtet nuf
alles nebensächliche Beiwerk und beschränkt sich auf die
Wiedergabe der bestimmenden Hauptlinien. GG©
© Davon abgesehen, ist freilich ein himmelweiter Unter=
schied zwischen den beiden genannten Künstlern. Puvis
schwebt hoch über dem irdischen Leben in einer idealen
Sphäre, Jeanniot steht fest und sicher auf dem Boden der
Wirklichkeit, und was er anstrebt und sucht, ist diese Wirk=
lichkeit in überzeugender Greifbarkeit darzustellen. ©G©
© Puvis de Chavannes ist ein Seher wie Dante und Mil=
ton, Jeanniot liesse sich eher mit den grossen englischen
Realisten Smollet und Fielding oder aber mit Maupassant
und Courteiine vergleichen.
0 Paris. KARL EUGEN SCHMIDT.
2.26