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heutigen Tokyo, das sich immer glanzvoller entwidcelce und schließ 
lich Osaka und die Kaiserstadt Kyoto überflügelte. 
Für diesen neuen Stand nun arbeiteten auch die ITolzschnittmeister, 
und damit waren ihre Themenkreise gegeben. Denn man darf sich 
keineswegs vorstellen, daß die Ukiyoe-Schule realistisch war, realistisch 
in dem Sinn, daß sie nun den Gesamtbereich des Alltagslebens, das 
Häßliche und Triviale miteingeschlossen, dargestellt habe. Daran 
waren die Käufer dieser Blätter nicht interessiert, und dem wider 
sprach auch der sehr entwickelte Sdrönheitssinn der Japaner. Was 
diese neue Sdhicht verlangte, waren Bilder ihrer Lieblingsschauspieler 
in ihren berühmten Rollen — Frauen traten auf dem Theater nicht 
auf, auch weibliche Rollen wurden von Männern dargestellt , es 
waren Bilder der berühmten Kurtisanen, die, gleich Fürstinnen 
gekleidet, im Yoshiwara, dem vornehmen Vergnügungsviertel 
Edos, wohnten und deren Beruf keireswegs als entehrend galt, es 
waren Bilder der preisgekrönten Ringkämpfer. Vom Leben der 
bürgerlichen Schicht selbst waren es wieder nur die ästhetischen 
Seiten, die dargestellt wurden, das Leben der vornehmen Frau, die 
Feste und Gebräuche. Daneben fristeten auch die alten Stoffe der 
Sage und Geschichte, oft in parodierter Form, ihr Leben weiter. Erst 
gegen Ende der ganzen Bewegung, die man ungefähr mit der Mitte 
des 19. Jahrhunderts abgrenzen kann, nimmt die Landschaft, hauipt- 
sächlich als Erinnerungsbild an getane Reisen, einen bedeutenden 
Platz neben den genannten Themen ein, und das Genie eines Hokusai 
umfaßt dann in seinem Riesenwerk tatsächlich alle Seiten des japa 
nischen Lebens in einer fast enzyklopädischen Fülle. 
An der Herstellung der Holzschnitte waren nicht nur die Künstler 
beteiligt. Herausgabe und Vertrieb der Blätter waren Aufgabe der 
Verleger, von denen es viele und sehr geschäftstüchtige gab. Sie 
heimsten auch den Gewinn ein, da die Künstler nur mit einer Ehren 
gabe oder mit einem bescheidenen Pauschalhonorar entlohnt wurden. 
Die Maler, denn als solche fühlten sich die Künstler, und von vielen 
sind uns ja auch Originalbilder, die nicht für den Holzschnitt 
geschaffen wurden, erhalten, lieferten die Vorzeichnungen für die 
Holzschnitte, versehen mit genauen Farbenangaben. Den Schnitt der 
Platten besorgten nicht die Künstler selbst, sondern eigene, vom Ver 
leger beschäftigte Holzschneider, die auf den Einzelblättern meist 
ungenannt bleiben, deren Namen aber in illustrierten Büchern oft 
genannt werden und die sich also doch eines gewissen Ansehens 
erfreuten, was bei ihrem technischen Können auch durchaus gerecht 
fertigt ist. Sie hatten für die Linienzeichnung und für jede 
Farbe je eine Platte zu schneiden, wobei sie so vorgingen, daß sie die 
auf dünnes Papier mit Tusche entworfene Zeichnung mit der rechten 
Seite auf die Platte aus Kirschholz klebten, die nicht wie in Europa 
quer zur Faser geschnitten war, sondern längs dieser. Da das hauch 
dünne Papier die Zeichnung gut durchscheinen ließ, konnten sie da 
nach schneiden, und der Künstler brauchte nicht wie in Europa die 
spiegelbildliche Umkehrung seiner Zeichnung zu berücksichtigen. Von
	        
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