tun. Es hat immer nur das Beifpiel gewirkt und das Diktat.
Man mache fachgemäße Geräte, baue gefunde und behagliche
Käufer, fchuftere fußgemäße Schuhe, fcbneidere bequeme und
bübfche Kleider und führe fonft noch alles Vernünftige als Bei»
fpiel felber durch, und man darf deffen gewiß fein, daß der ein»
geborene Nachahmungstrieb der Menfcben, der uralte und ur»
wüchfige und urewige, rafcb genug das Gebotene aufnehmen wird.
DER BLONDE: So find Sie alfo doch nicht der Meinung, daß
in Deutfchland immer nur der Einzelne, niemals aber die Ge»
famtheit Kultur bat? □
DER BRÜNETTE : Ich bin der Meinung — doch halt, wir fahren
bereits in den Bahnhof ein. — Gelegentlich unterer näcbften ge»
meinfamen Fahrt follen Sie Antwort bekommen. □
DER BLONDE: Wieder Speifewagengedanken? □
DER BRÜNETTE: Sie können auch Speifewageneinfälle fagen,
ich bin nicht prätentiös. □
DER BLONDE: Das meinte ich nicht damit, wenngleich ich Sie
auch nicht juft befcheiden finde. □
DER BRÜNETTE (bat dem Keeper gezahlt und ftebt auf):
Um Gotteswillen nicht, nur das nicht, da bin ich noch lieber
arrogant. □
DER BLONDE: So wird Sie mancher finden. □
DER BRÜNETTE: Gut für ihn und durchaus nicht langweilig. -
FEUCHTE WOHNUNGEN
m feuchte, unvermietbare Wohnungen vermietbar zu machen, genügt
es nicht, die Wandoberflächen mit flfphaltpapier zu bekleben oder
mit fogenannten wafferdicbt machenden flnftrichen zu überftreichen,
denn die Feuchtigkeit bleibt dabei in den Mauern und tritt bald wie»
der zum Vorfchein. Die Wohnungen bleiben feucht und werden auch
ftets als feucht bekannt fein, fo daß niemand hineinzieben will. Denn
mit Recht fleht jeder einfichtige Mieter in erfter Linie darauf, daß die
Wohnung trocken und gefund ift. Man muß alfo nicht dahin ftreben,
das Übel mit unzureichenden Mittelchen auf kurze Zeit zu verdecken,
fondern man muß das Übel radikal befeitigen. Dies kann nur dadurch
gefchehen, daß man die feuchten Wände wirklich austrocknet. Das
befte Trockenmittel ift bekanntlich die Luft. Es können deshalb nur
folche Mittel ernftlich in Frage kommen, bei denen die austrocknende
Wirkung der Luft benützt wird. Man kann aber in den meiften Fällen
nicht warten, bis die Mauern durch die Luft allmählich ausgetrocknet
find, man legt faft immer darauf Wert, daß wenigftens die Wandober»
flächen in fehr kurzer Zeit trocken find. Beides, alfo wirkliche all»
mähliche Austrocknung der Mauern und fofort trockene Wandober»
flächen erreicht man dadurch, daß man die Wände mit den Patent»
Falztafeln »Kosmos« bekleidet und dann verpuff. Durch die Hohlfalzen
wird eine intenfive Luftfpülung der Wände erreicht, ohne indeffen Zug
zu verurfachen. fluch erzielt man durch diefe Luftifolierfchichten Schuf)
gegen Wärme, Kälte, Fäulnis, Schwamm und Schall. Man erhält alfo
wirklich trockene, behagliche, gefunde Wohnungen. Vor allem erhält
man fofort trockene Wandoberflächen. Eine Raumverkleinerung findet
nicht ftatt. Neubauten können viel früher bewohnt werden. In alten
Gebäuten und Neubauten kann die Anbringung faft durch jeden tüch»
tigen Arbeiter bezüglich Maurer erfolgen. Intereffenten belieben ficb
an den alleinigen Fabrikanten flug. Wilhelm Andernach in Beuel am
Rhein zu wenden. Derfelbe ift gern bereit, an unfere Lefer die aus»
fübrlicbe Befchreibung Nr. 106 a und Gebrauchsanweifung, fowie Mufter
und Beweife über langjährige Bewährung zu überfenden. □
ZUR MODERNEN PLHSTIK
n dem Vortrag des Herrn H. OBRIST über »Das Problem der moder»
nen Plaftik« (Hohe Warte, jahrg. IV, Heft 15, Seite 238) findet fich
folgende Äußerung über Klingers Beethoven und feine übrigen farbi»
gen Bildwerke: a
»fluch die Wahl der Materialien geht, wie jeder Kunftfchriftfteller an
Beifpielen zeigen kann, zurück auf die Verwendung farbiger Steine
wie in fpätrömifcher Zeit, gebt zurück auf Klingers ein» oder zwei»
jährigen Aufenthalt in Paris, wo franzöfifcbe Bildhauer, wie Géröme
und Barrias, fcbon in den fiebziger Jahren das Problem der
farbigen Plaftik lange vor Klinger gerade fo ausgefübrt
batten. Die Arbeit gebt alfo zurück auf die Einflüffe, Erinnerungs»
bilder, die Klinger aus diefen Quellen gefcböpft bat.« □
Geftatten Sie mir, dem gegenüber die Tatfachen fprecben zu laffen.
Géromes, foviel ich weiß, frühefte getönte Marmorftatue mit farbigen
Zutaten ift feine »Tanagra« in der Sammlung des Luxembourg. Sie
war zum erftenmal im Salon von 1890 ausgeftetlt. D
Barrias’ erftes polylitbes Werk, die »Nature se devoilant«, erfchien zuerft
im Salon von 1899 und wurde allgemeiner bekannt durch die Welt»
ausftellung von 1900. □
Dagegen fällt Klingers erfter polychromer Verfuch, die Bemalung
zweier Büften von Arthur Volkmann für die Villa Albers in Steglit)
bereits in das Jahr 1884. Volkmann felbft batte fogar fcbon 1881 einen
polychromen Mädcbenkopf in der Berliner Nationalgalerie zur Aus»
ftellung gebracht. □
Von Klingers Arbeiten fallen fodann die bemalten Sockelgeftalten
am Parisurteil in das Jahr 1886. Der farbige Salomekopf entftand
ebenfalls 1886; das polychrome Gipsmodell des Beethoven 1886 — 87.
Daran fcbloß fich unmittelbar die in Rom begonnene (1890) Steinaus»
fübrung der Salome und Kaffandra. Es folgten in ununterbrochener
Reibe die übrigen Arbeiten Klingers in farbigem Stein: Beethoven,
flmpbitrite und die Afenjeffbüfte. □
Die Sache verhält fich alfo gerade umgekehrt, als wie fie Obrift dar»
ftellt. Klingers Kaffandra, die als erfte polylitbe Schöpfung der neueften
Zeit 1896 in dem Parifer Salon des Cbamp de Mars neben feinem
Parisurteil erfchien, erweckte dort durch ihre Neuheit zunäcbft Befrem»
den. Ich konnte daher in meinem Schriftchen »Klinger als Bildhauer«
hierüber folgendes fcbreiben: »Als die Kaffandra zuerft im Parifer
Salon ausgeftellt war, fpotteten einige franzöfifcbe Kunftrichter über die
mineralogifcben Experimete, die .Geologie“ des Herrn Klinger. Wenige
Jahre fpäter bat er die Genugtuung, daß Gérome ihm folgt und in
dem diesjährigen Salon Barrias feine ,Nature se desvoilant“ aus den
koftbarften bunten Steinarten aufbaut«. □
In der Tat ift das Beftreben, die Farbe wieder in die Bildhauerei
einzufübren, in unferer Zeit zuerft von Deutfchland ausgegangen.
Ein Künftler, deffen ausgefprochen deutfcbe Eigenart doch wohl auch
Obrift gelten laffen wird, Robert Diez in Dresden, war der erfte, der
gegen 1880 eine Reibe feiner vorzüglichen Bildnisbüften und Studien»
köpfe mit Gefchmack und kühner Wabrbeitstreue bemalte. Es folgte
fein bolzgefcbnitjtes »Waldgebeimnis«, das als Gefchenk eines Kunft»
freundes im Dresdner Albertinum ftebt. □
Unabhängig von Diez und ohne deffen Arbeiten zu kennen, begann
Klinger wenig fpäter feine Bemalungsverfuche fowie feine Arbeit in
buntem Stein, und zwar angeregt durch die olympifchen Entdeckungen
von Farbreften auf den dort ausgegrabenen Bildwerken. Von diefen
konnte ich ihm noch vor dem Erfcheinen des Vortrags: »Sollen wir
unfere Statuen bemalen?« unmittelbar nach meiner Rückkehr aus
Olympia im Jahre 1881 mündliche Mitteilungen machen. Einen äußeren
flnftoß gab für Klinger endlich die Beftellung eines Kamins aus bun»
tem Marmor für die Villa Albers in Steglit), die ihn den vollen Reiz
farbiger Gefteine kennen lehrte. □
Diefe Tatfachen gegenüber der Behauptung Obrifts feftzuftellen, er»
fcbien mir als eine Forderung der Gerechtigkeit gegen die deutfcbe
Kunft und Klinger im befonderen. Sich mit den übrigen Äußerungen
des Vortrags über unfere Bildhauerei des näheren auseinanderzufetjen,
muß ich anderen überlaffen. georg treu, Dresden
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