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fullscreen: Heinrich Freiherr von Ferstel

des Künstlers sich auch diesmal bewährte, zeigt die mächtige Fa<^ade in der Herren 
gasse, das reizvoll farbige Stiegenhaus, die glückliche, hier leider durch die Lage 
nicht begünstigte Idee des Bazars und so vieles Andere. Dass der Bau als Bau roma 
nischen Stils keine Nachfolge fand, dafür lag die Ursache weniger in ihm selber als 
darin, dass zur Zeit, da er vollendet wurde (1860), bereits eine neue Zeit im Anbruch 
war, eine neue Epoche der Wiener Architektur, welche über das Mittelalter völlig hinaus 
ging. Bald sollte Ferstel selber einer der ersten, wenn nicht ihr erster Führer werden. 
Bis dahin aber, ein halbes Decennium und darüber, waren seine künstlerischen 
Neigungen und Ideen noch immer dem Mittelalter zugewandt. In neuen siegreichen 
Concurrenzen erhielt er den Bau der protestantischen Kirche in Brünn und der katholi 
schen Kirche in Schönau bei Teplitz, welche beide im gothischen Stile ausgeführt 
wurden. Selbst um das Schützenhaus in Wien und das Museum in Pest, beide noch 
im Jahre 1861, concurrirte er mit Plänen im gothischen Stil, und in beiden gewann 
er den Preis, ohne jedoch die Ausführung derselben zu sehen. Zum Bau des Schützen 
hauses kam es überhaupt nicht, und in Pest herrschte bereits ein anderer Geschmack. 
Man hatte dem Projecte Ferstels trotzdem den Preis zuerkannt, verlangte aber die 
Umarbeitung im Stil der Renaissance. Unser Künstler lebte noch zu sehr in Mittel- 
alter und Romantik, um sich dazu zu verstehen. Bald sollte es anders werden. 
Mit dem Jahre 1858 fielen mit der Stadterweiterung und einem liberalen Bau 
gesetz alle beengenden Schranken in der Bauthätigkeit der Residenz. Nach kaiser 
licher Entschliessung ein Geschenk ohne Gleichen — wurden die Mauern nieder 
gelegt und der breite Gürtel des Glacis der Verbauung überlassen. Neben hunderten 
von Privatgebäuden standen eine Reihe der grossartigsten Monumentalbauten in Aus 
sicht. Geld und Talente waren vorhanden; es war Alles gegeben zu einer glänzenden 
Entwicklung. Und sie kam, wie wir das alle gesehen und miterlebt haben, und sie 
schlug, nach anfänglich schwachen und zaghaften Schritten, wie sie die ersten Häuser 
am Franz Joseph-Quai und am Kärntnerring zeigen, alsbald künstlerisch einen so 
kühnen, entschlossenen und einheitlichen Gang ein, wie man nach der vorausgegan 
genen Epoche der tastenden Schwankungen und Versuche kaum erwarten durfte. Der 
Stil des neuen Wien ist die Renaissance geworden, die erneuerte italienische Re 
naissance, angewendet auf unsere Verhältnisse und Bedürfnisse. Und diese erneuerte 
Renaissance, der „Wiener Baustil“, ist nicht bloss der Stil Wiens oder Oesterreichs 
geblieben; er hat, von hier ausgehend, binnen einem oder zwei Jahrzehnten einen 
guten Theil der Welt erobert. 
Dem Beginn dieser grossartigen Bewegung gegenüber schien sich unser 
Freund und Meister Anfangs mehr gleichgiltig zu verhalten. Noch mit Bauten
	        
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