anschliessenden offenen Stiege in der Mitte. Der Hof war eine volle Neuerung in der
Architektur Wiens, wenn auch nicht in der Kunstgeschichte. Die Arkadenhöfe Italiens
und vor allem diejenigen der genuesischen Paläste haben ohne Zweifel unserem
Meister diesen Gedanken eingegeben, aber diese Höfe unter ihrem glücklichen
Himmel sind alle offen, und Camelien und Granaten und Orangen blühen und duften
in ihnen. Er aber musste den Hof schliessen, der als Ausstellungslocal zu dienen hatte,
und so legte er in Eisengerüst die Glasdecke über den weiten Raum. Die Art, wie es
geschah, ist seine Neuerung, eine kühne Neuerung, denn mit den schlanken granitenen
Monolithsäulen und den weiten offenen Bögen behielt er völlig die Leichtigkeit, Luftig
keit und Eleganz der Genueser Höfe, aber mit der schweren Decke von Glas und Eisen
gab er den Bögen und Säulen eine Last zu tragen, von der sie in Italien frei sind.
Zur Schönheit der Architektur wusste der Meister noch den Reiz der Farbe
hinzuzugesellen, ebensowohl in den fein und warm gestimmten Tönen des glänzenden
Stückmarmors, wie in den decorativen Malereien der Gewölbe. Auch hier hatte ihn
— selbstverständlich — die italienische Renaissance geleitet. Mit sicherem Griffe
nahm er — der Erste, wenigstens in dieser Weise und Ausdehnung — jene Arabesken
oder vielmehr Groteskenmalerei wieder auf, welche nach den antiken Mustern von
der Frührenaissance neu erschaffen und von Rafael und seinen grossen Schülern Gio
vanni da Udine und Giulio Romano mit ewiger Schönheit ausgestattet wurden. Und
hierin (ausser dem ausführenden Maler Isella) kam ihm insbesondere das unvergleich
liche decorative Talent Laufbergers zu statten, unseres und seines gleichfalls allzu
früh zu unersetzlichem Verlust dahingegangenen Freundes. Würdig jener Meister,
entwarf und malte Laufberger die Decoration in unserem vielbewunderten Stiegen
hause, das mit seiner feinen Architektur, mit seinem reizenden Colorit, mit der weihe
vollen Stimmung des Lichtes durch die zart gefärbten Fenster wie ein Juwel sich an
den Ring der Arkaden anlehnt — ein malerisch reizvoller Anblick in jeder Beleuchtung.
Am 4. November 1871 war das österreichische Museum vollendet und der
Schlussstein gelegt. Der Weg, der mit diesem Bau betreten war, wurde von unserem
Meister nicht wieder verlassen. Eine Reihe Privathäuser, die in den siebziger Jahren
entstanden, zeigen, wie sehr Ferstel sich in den Stil der Renaissance eingelebt hatte,
wie frei und schön er sich in ihren Formen und ihrem Geiste bewegte. Alles ausnahmslos
trägt den gleichen Charakter edler, massvoller Vornehmheit. DenTerracottenbau, den er
mit dem österreichischen Museum so glücklich begonnen, führte er weiter in dem Ge
bäude des chemischen Laboratoriums und in der Kunstgewerbeschule. Die Stellung,
welche er als Präsident des Verwaltungsrathes der Wienerberger Ziegelwerke ein
nahm, mochten ihm für diese so rationelle und naturgemässe Bauweise ein besonderes