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Volltext: Heinrich Freiherr von Ferstel

berichten englische Journale, und es ist wohl kein Zweifel, dass es sich auch wirklich so 
verhält. Auf diese Weise wurde Ferstel der Architekt für die künftige katholische 
Kathedrale in London, welche den Titel „New Westminster Kathedrale“ führen 
wird, und Sir Tatton der Begründer dieser Kathedrale. 
Der Plan für die neue katholische Kirche in London wurde nach dem Vorbilde 
der Votivkirche entworfen, nur wird die künftige Kathedrale um ein Travde länger 
sein als ihr Wiener Vorbild. Sie wird einen Chorumgang ähnlich dem in der Votiv 
kirche haben, dagegen im Aeusseren das Detail einfacher und massiger gehalten 
sein, um den Bau gegen die bösen klimatischen Einflüsse Londons widerstands 
fähiger zu machen. 
Ferner ist geplant, in dieser Kirche eine Triforiumsanlage durchzuführen, 
wodurch selbstverständlich der Bau einen reicheren und pittoresken Charakter gewinnt. 
Nach den Intentionen des Sir Tatton soll die ganze Kirche mit Glasmalereien ge 
schmückt werden, um der englischen Glasmalerei Gelegenheit zu grösserer Entwick 
lung zu geben. Vorläufig ist aber ausser den Glasgemälden auf eine Polychromie 
des Innern der Kirche keine Rücksicht genommen, wohl aber werden daselbst Chor 
stühle und ein Hauptaltar in Ciborienform aufgestellt werden, und zwar in ähnlicher 
Art wie in der Votivkirche. Nach dem Bauprogramm soll eine selbstständige Sacristei 
gebaut und mit der Kathedrale durch eine Halle in Verbindung gebracht werden. Die 
Engländer wollen den Platz um die Kathedrale mit Gebäuden in der Weise umgeben, 
dass die ganze Oertlichkeit einen einheitlichen und harmonischen Charakter erhält, 
ähnlich wie es bei der Votivkirche in Wien der Fall ist. Dadurch soll auch die Mög 
lichkeit geschaffen werden, bei Verkauf der Baustellen, resp. der Gebäude, einen Theil 
der für den Platz verausgabten Summe hereinzubringen. Wenn man bedenkt, dass 
dem Baukünstler damit eine Aufgabe gestellt wurde, die an Grossartigkeit und Schön 
heit das übertrefifen sollte, was bei der Votivkirche geleistet wurde, so kann man nur 
in den schmerzlichen Ruf ausbrechen: „Armer Ferstel, wie Schade, dass du die Durch 
führung dieses grossartigen Baues nicht erleben konntest!“ Nach dem Tode Ferstels 
wird nunmehr das Atelier Ferstel, welches von dem Architekten Köchlin und dem 
Sohne des Verstorbenen, Baron Max Ferstel, geleitet wird, es übernehmen, den 
Bau der Londoner katholischen Kathedrale nach dem Projecte des dahingeschiedenen 
Künstlers auszuführen, falls die diesbezüglichen Unterhandlungen zu einem günstigen 
Resultate führen sollten. 
Kein Auftrag aber erfüllte Ferstel mit so grosser Begeisterung als der Bau der 
Wiener Universität. Die Bestimmung des Gebäudes, sowie dessen grosse Ausdehnung 
ist ja auch ganz geeignet, jeden Künstler im hohen Grade zu begeistern. Von edlem 
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