auch Niemand des grossen künstlerischen Eindruckes erwehren können, welchen dieser
Bau auf jeden für künstlerische Schönheit empfänglichen Beschauer ausübt.
Die Bibliothek ist für die Universität eben so wichtig als die Vorlesesäle. Sie
ist das Sammelbecken, aus dem sowohl Schüler als Lehrer ihre geistige Nahrung
schöpfen. Auch wegen der Durchführung dieses Theiles des Baues hat Ferstel ein
gehende Studien gemacht und speciell Deutschland, Frankreich und England besucht,
um die Einrichtungen hervorragender Bibliotheken in diesen Ländern kennen zu lernen.
In seinem Skizzenbuche haben sich auch einige Studienblätter von seinen Reisen vor
gefunden, die speciell auf den Bibliotheksbau Bezug hatten. Wenn ich nicht irre, so
waren es vorzugsweise die grossen Neubauten für die Bibliotheque nationale in Paris
und deren innere Einrichtung, sowie die neue Aufstellung des britischen Museums,
welche dem Künstler als am meisten nachahmenswerth erschienen sind. Die Durch
führung seines Projectes ist auf eigenthümliche Schwierigkeiten gestossen bei jenen
Bibliothekaren, welche sich von den alten Einrichtungen nicht emancipiren konnten.
Ferstel hat darüber viel Zeit verloren, da man sich mit dem Gedanken getragen
hat, vorläufig mit einer Handbibliothek auszureichen und die innere Einrichtung auf
eine spätere Zeit zu vertagen.
Glücklicherweise sind diese Verschleppungsversuche gescheitert, und wenn
nicht alle Anzeichen trügen, so wird noch im Jahre 1884 die Uebersiedlung der
Universitätsbibliothek in die neuen Räume ernsthaft in Angriff genommen werden
können. Allerdings werden die Innenräume der Bibliothek auch einen künst
lerischen Schmuck erhalten müssen, aber die Hauptsache bleibt immer die, dass
die Bibliothek, welche einen grossen Bücherschatz in sich schliesst, so bald als mög
lich und in zweckmässiger Weise aufgestellt und Lehrern und Schülern zugänglich
gemacht werde.
Die Festräume umfassen den grossen Festsaal (die Aula), einen mittleren
Festsaal, einen kleineren Festsaal, die Sitzungs- und Consistorial-Sitzungssäle, die
Universitätsämter und das Arbeitszimmer für den Rector. Die Festsäle liegen alle
an der Ostseite des Gebäudes, dort, wo auch der Haupteingang sich befindet. Ferstel
hoffte, dass wenigstens die Hauptdisposition für die malerische und statuarische Aus
schmückung der Universität im Jahre 1884 festgestellt sein werde. Aber auch im
Jahre 1884 sind wir noch weit entfernt davon, diesen Wunsch erreicht zu sehen. Nicht
einmal das ist erreicht worden, dass das künstlerische Programm für die innere Aus
schmückung in den Hauptumrissen festgestellt wurde. Ferstel selbst hat diese An
gelegenheit mit Laufberger und nach dem Tode Laufbergers mit Prof. Eisen
menger besprochen. Als es sich vor einigen Jahren darum handelte, den Historien-